Kranich

Kranich

Grauer kranich, Eurasischer kranich

Reich
Stamm
Klasse
Unterklasse
Teilklasse
Überordnung
Ordnung
Familie
Gattung
SPEZIES
Grus grus
Populationsgrösse
490-505 Thou
Lebensdauer
30-40 years
Gewicht
3-6
6.6-13.2
kglbs
kg lbs 
Länge
100-130
39.4-51.2
cminch
cm inch 
Spannweite
180-240
70.9-94.5
cminch
cm inch 

Der Kranich (Grus grus), auch Grauer Kranich oder Eurasischer Kranich, ist ein Vertreter der Familie der Kraniche (Gruidae). In Europa kommt er weitgehend als einzige Kranichart vor; erst ab der Schwarzmeerregion beginnt das Verbreitungsgebiet des Jungfernkranichs. Kraniche bewohnen Sumpf- und Moorlandschaften in weiten Teilen des nördlichen und östlichen Europa, aber auch einige Gebiete im Norden Asiens. Sie nehmen das ganze Jahr über sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung auf. Der Bestand hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen, so dass die Art zurzeit nicht gefährdet ist.

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Die Schönheit der Kraniche, ihre spektakulären Balztänze und ihr gut zu beobachtender Zug haben schon in früher Zeit die Menschen fasziniert. In der griechischen Mythologie war der Kranich Apollon, Demeter und Hermes zugeordnet. Er war ein Symbol der Wachsamkeit und Klugheit und galt als „Vogel des Glücks“. In der Heraldik ist der Kranich das Symbol der Vorsicht und der schlaflosen Wachsamkeit. In der Dichtung steht der Kranich symbolisch für das Erhabene in der Natur.

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Aussehen

Der Kranich wurde – wie alle Vertreter der Gattung Grus – seiner Größe, der langen Beine und des langen Halses wegen traditionell als „Schreitvogel“ eingeordnet. Kennzeichnend sind die schwarz-weiße Kopf- und Halszeichnung und die federlose rote Kopfplatte. Der keilförmige, schlanke Schnabel ist über zehn Zentimeter lang. Das Gefieder hat, abgesehen vom Kopf, eine hellgraue Färbung in vielen Abstufungen. Sehr selten sind fast weiße und sehr dunkle Vögel. Der Schwanz sowie die Hand- und Armschwingen sind schwarz. Die Humeralfedern variieren farblich von Grau bis Schwarz und hängen bei Altvögeln als „Schleppe“ über den Schwanz hinweg. Zur Brutzeit wird der Schulter- und Rückenbereich mit Moorerde hell- bis dunkelbraun gefärbt.

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Als Besonderheit in der Natur verteilen sich die Individuen beim Kranich ohne Zusammenhang mit anderen Merkmalen auf zwei verschiedene Augenfarben, Rot oder Gelb. Die Geschlechter sind äußerlich schwer zu unterscheiden. Männchen sind jedoch durchschnittlich etwas größer als Weibchen. Erstere wiegen fünf bis sieben Kilogramm, letztere fünf bis sechs. Der Kranich erreicht eine Höhe von 110 bis 130 cm. Die Flügelspannweite beträgt etwa 220 bis 245 cm.

Flügge Jungvögel zeigen eine gleichmäßige hellgrau-braune Färbung und haben noch keine Schleppe. Der Kopf ist einfarbig rötlich sandfarben ohne Schwarz-Weiß-Zeichnung, die Augen noch sehr dunkel. Bei einjährigen Jungvögeln bildet sich eine schwache Hell-Dunkel-Zeichnung an Kopf und Hals heraus. Sie haben noch ein geringeres Gewicht als Altvögel. Zweijährige Jungvögel ähneln, abgesehen von einer weniger ausgeprägten Schleppe, den Altvögeln.

Die Mauser des Kleingefieders findet jährlich vom Frühjahr bis in den Herbst statt. Altvögel mausern im Drei- bis Vierjahreszyklus.

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Verteilung

Erdkunde

Die Brutgebiete des Kranichs liegen im Nordosten Europas und im Norden Asiens. Die Flüsse Weser und Aller markieren die westliche, der 51. Breitengrad die südliche Grenze des Verbreitungsgebietes. An den brandenburgischen Seen und der Mecklenburgischen Seenplatte sind Kraniche gut zu beobachten. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben Biotopverluste bewirkt, dass sich die Südgrenze des europäischen und mittelasiatischen Areals um 300 bis 400 km nach Norden verschoben hat. Der Verlust isolierter Brutgebiete ist auf Trockenlegung und Kultivierung von Feuchtgebieten, Eiersammeln und Bejagung sowie auf ökologische Bedingungen (Wassermangel, Trockenheit) zurückzuführen. Eine Wiederbesiedlung ist jedoch unter den heutzutage verbesserten Schutzbedingungen möglich.

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Der Kranich besiedelt ganz Skandinavien und Finnland. In Mitteleuropa ist er in Polen und Tschechien sowie im Norden und Osten Deutschlands zu finden. In Osteuropa ist der Kranich in den baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland, in Belarus und im Norden der Ukraine verbreitet. Vor Jahrzehnten stellten der Süden Georgiens, Armenien, die südliche Ukraine und das Nordostufer des Aralsees noch Brutgebiete dar. Sporadisch brütet der Kranich in England, Frankreich, Italien sowie in den Niederlanden. In Irland wurden im Jahr 2021 erstmals seit drei Jahrhunderten wieder brütende Kraniche beobachtet. Früher war er auch in Rumänien, Jugoslawien, Albanien, Bulgarien sowie in Griechenland verbreitet. Nach wie vor sind das östliche Sibirien und der Ferne Osten dünn besiedelt. In der Türkei und rund um den Himalaya in Bhutan und Tibet sind stabile, eigenständige Populationen zu finden. Die Verbreitung im Nordosten Chinas nimmt jedoch ab. Früher waren Kraniche auch noch im Kashmir und im hohen Norden Indiens verbreitet.

Seine bevorzugten Lebensräume sind Feuchtgebiete der Niederungen wie beispielsweise Nieder- und Hochmoore, Bruchwälder, Seeränder, Feuchtwiesen und Sumpfgebiete. Zur Nahrungssuche finden sich die Tiere auf extensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Kulturen wie Wiesen und Feldern, Feldsäumen, Hecken und Seeufern ein. Für die Rast nutzen sie weite und offene Flächen wie Äcker mit Getreidestoppeln. Als Schlafplätze werden vor allem Gewässer mit niedrigem Wasserstand aufgesucht, die Schutz vor Feinden bieten.

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Kranich Lebensraum-Karte
Kranich Lebensraum-Karte

Gewohnheiten und Lebensstil

Der Aktivitätsbeginn der Art liegt in der Regel in der ersten Dämmerung. Viele Stunden am Tag dienen der Nahrungssuche, wobei die Aktivitätsmaxima am späten Vormittag und frühen Nachmittag liegen. Zwischendurch gibt es Ruhephasen.

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Der Kranich lebt in drei verschiedenen Sozialformen. In der Sommerzeit leben Brutpaare allein in ihren Revieren, während sich Nichtbrüter zu Gruppen zusammenschließen. Den überwiegenden Teil des Jahres verbringen Kraniche in einer Gemeinschaft von Artgenossen unterschiedlichen Alters an Sammel- und Rastplätzen. Im Frühling und Herbst bilden sie Zugschwärme bis zu einigen Tausend Vögeln.

Das innerartliche Verhalten regelt die komplexen Beziehungen zwischen den Individuen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der roten, federlosen Platte am Oberkopf zu, die bei unterschiedlichster Erregung anschwillt. Auch der Tanz außerhalb der Brutperiode hat in bestimmten Situationen diese Funktion. Im Herbst und besonders im Frühjahr kommt es während des Sammelns und Rastens auch zum Tanzen einzelner Vögel oder größerer Gruppen.

Um ihr Revier gegen Eindringlinge zu verteidigen, droht der Kranich dem Gegner zunächst und attackiert ihn dann, falls er sich nicht einschüchtern lässt. Dies ist meist zunächst Aufgabe des Männchens, kann aber auch durch die ganze Familie geschehen.

Gleichrangige Vögel drohen sich, indem sie sich mit angelegtem Gefieder und ausgestreckten Hälsen so gegenüberstehen, dass sich die Schnäbel fast berühren. Nach kurzem Verharren hacken sie vor- oder aufwärts, bis der Unterlegene zurückweicht. Dieser wird laufend und fliegend verfolgt, bis er die Reviergrenze überschritten hat. Bei härteren Konflikten können die Vögel hochspringen und die Beine nach vorne werfen, um den Gegner zu treten. Durch die Ritualisierung weiterer einschüchternder Verhaltensweisen wird die Verletzungsgefahr herabgesetzt und Energie gespart. Steht ein Kranich in einem inneren Konflikt zwischen Angriff und Rückzug, kann es zu Übersprunghandlungen wie dem scheinbaren Putzen oder Picken kommen. In seltenen Fällen knickt einer der Rivalen in den Intertarsalgelenken ein, wobei er sich mit ausgestrecktem Hals auf die Erde legt und die Flügel ausbreitet. Diese Verhaltensweise tritt auch bei brütenden Vögeln im Konflikt zwischen Brutpflege und Fluchtreflex auf.

Eine lokale Kranichpopulation sammelt sich wahrscheinlich jedes Jahr an denselben Sammelplätzen, welche sich in allen Brutgebieten mit hoher Siedlungsdichte befinden. Die Rastplätze bestehen aus den Schlafstellen und dem bis zu 20 km langen Einzugsgebiet mit den Nahrungsflächen. Die Schlafstellen bilden die Grundlage des Sammelplatzes. Zwei Drittel aller Rastplätze weisen daher zwei bis vier Schlafstellen auf, welche teilweise gleichzeitig, häufig aber auch nacheinander angeflogen werden.

An Sammel- und Rastplätzen herrscht ein fester Tagesrhythmus. Nachdem die Kraniche nachts im flachen Wasser geschlafen haben, suchen sie mit der ersten Dämmerung rufend Kontakt und schütteln das Gefieder frei. Etwa bei Sonnenaufgang fliegen sie ab oder ernten in Rastperioden Äsungsflächen wie Stoppelfelder ab. Die Dauer des Abflugs ist normalerweise kürzer als die des abendlichen Einflugs. Neblige Tage oder Gefahren verzögern den Aufbruch. Die Zählungen an Kranichrastplätzen bilden die Basis des Monitorings der Bestandsgröße. Aus den lokalen Zählungen ergeben sich zudem die Verbreitungs- und Zugkarten.

Zwischen dem späten Nachmittag und der einsetzenden Dunkelheit treffen sie an Vorsammel- oder Zwischenlandeplätzen ein, die sich auf Acker- und kurzgrasigen Grünlandflächen im näheren Umkreis der Schlafstellen befinden und einen Teil des Schlafplatzes ausmachen. Die Zahl der Vögel nimmt im Laufe des Nachmittags zu und kann Größen von 100 bis 40.000 Kranichen erreichen. Unter lautem Rufen fliegen oder schreiten diese nach und nach meist erst mit der Dämmerung grüppchenweise zum Schlafplatz.

Das Zusammensein in Gruppen minimiert den für das Sichern nötigen Aufwand und erlaubt weniger erfahrenen Jungvögeln die optimale Ausnutzung der für die Nahrungsaufnahme verfügbaren Zeit.

Ein bis zwei Tage vor dem Beginn des Massenabzugs oder eines Weiterzugs zeigen die Vögel ein unruhiges Verhalten. Sie rufen und tanzen sehr viel, haben einen gestörten Rhythmus beim abendlichen Überflug an den Schlafplätzen und sind nachts in Aufregung. Voraussetzungen für den Zugbeginn stellen Rücken- und Seitenwinde, Nahrungssituation und Temperaturänderungen dar.

Der Kranichzug setzt sich aus Gruppen von Paaren oder kleinen Familien zusammen, die sich an bekannten Überwinterungs- und Rastplätzen zu Tausenden sammeln. Kraniche fliegen in Keilen, ungleichschenkligen Winkeln oder schrägen Reihen, so dass der Luftwiderstand reduziert und der Kontakt innerhalb der Gruppe gesichert wird. Während des Ziehens verständigen sie sich durch Laute, die nachts oder bei ungünstigen Sichtverhältnissen besonders häufig werden. In der Regel wird der Zug in Etappen absolviert, da sich die Vögel den Witterungsbedingungen anpassen und unterwegs unterschiedlich lange Zwischenaufenthalte einlegen.

Während vor wenigen Jahrzehnten die Kraniche erst im März in den Brutgebieten Mitteleuropas eintrafen, kehren sie heutzutage schon im Februar zurück. Seitdem werden auch sowohl ein später Abzug im Herbst als auch echte Überwinterungen sowie Überwinterungsversuche festgestellt. Durch dieses veränderte Zugverhalten können verlorene Gelege eher durch Nachgelege ersetzt werden.

Das Verhalten gegenüber artfremden Tieren ist äußerst variantenreich. Rehe und Rotwild beunruhigen die Vögel in der Regel nicht. Die Fluchtdistanz bei Störungen beträgt 250 m bis 300 m und ist grundsätzlich in unbekannter Umgebung größer.

Während Fressfeinde im Brutrevier eine größere Gefahr darstellen, werden sie meist in der Gruppe wenig beachtet. Manchmal schließt sich eine kleine Gruppe zu einem Scheinangriff oder Tanz gegenüber Säugetieren zusammen. Als besondere Gefahr werden Greifvögel grundsätzlich genauer beobachtet und möglichst verjagt. Brutpaare greifen Füchse und Wildschweine grundsätzlich an und schlagen sie häufig in die Flucht. Gleiches gilt für Nesträuber wie den Kolkraben und andere Rabenvögel, die dennoch Eier rauben, wenn Kraniche auf Grund von Störungen das Nest verlassen.

Bei einem Angriff eines Seeadlers am Schlafplatz oder auf Äsungsflächen fliegt die Gruppe auf oder rückt rasch zu einer burgähnlichen Formation zusammen und gibt gleichzeitig Warnrufe ab. Stößt der Adler hinab, richten die Kraniche ihm die Schnäbel wie Speerspitzen entgegen, häufig werfen sich angegriffene Vögel in der Luft auf den Rücken und schlagen mit den Füßen nach dem Angreifer. Während Seeadler meist nur kranke und schwache Tiere erbeuten, sind Steinadler auch bei gesunden Kranichen sehr erfolgreich.

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Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Kraniche nehmen das ganze Jahr über sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung auf. Die Nahrung besteht aus Kleinsäugern, Reptilien, kleinen Fischen, Fröschen, Schnecken, Würmern, Insekten und deren Larven. Sie beinhaltet auch Mais-, Gersten-, Weizen- und Haferkörner, Sonnenblumenkerne, Erbsen, Bohnen, Erdnüsse, Oliven, Beeren, Eicheln, Gemüse, Kartoffeln, Pflanzenwurzeln, -sprossen und Halme.

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Während der Frühjahrsrast ernährt sich der Kranich überwiegend von Saaten. Um die Energiereserven wieder aufzufüllen, benötigt er für die Nahrungsaufnahme bis zu 300 Gramm täglich über 80 Prozent der Aktivitätsdauer. Im Frühsommer besteht die Nahrung auch aus Insekten und kleinen Wirbeltieren. Haben die Jungvögel das Alter von mehreren Wochen erreicht, bereichern auch größere Tiere wie Mäuse das Angebot. Im Spätsommer und im Herbst beansprucht die Nahrungssuche etwa 40 bis 60 Prozent der Aktivitätsdauer. Nun bilden Ernterückstände und Neusaaten sowie Insekten den Hauptbestandteil der Ernährung. Im Überwinterungsgebiet ernähren sich Kraniche von den Früchten der Stein- und Korkeiche sowie von Sonnenblumenkernen.

Auf Wiesen und Weiden konzentriert sich die Nahrungssuche auf Insekten, Würmer und Nagetiere. Hier laufen Kraniche mit weitgreifenden Schritten große Bereiche ab. Sie lesen auf Gräsern und Kräutern sitzende Insekten gezielt und ruckartig mit dem Schnabel ab und legen Würmer und Larven durch Wühlbewegungen frei. Dazu stechen sie mit fast geschlossenem Schnabel in pflanzenfreie Stellen des Erdreichs. Im Boden öffnen sie den Schnabel leicht und bewegen ihn seitlich. Ist das Erdreich dichter, lockern sie es zuvor durch wiederholtes Einstechen. Auf Saatflächen lesen Kraniche zuerst an der Oberfläche liegende Getreidekörner ab. Durch Wühlen wird zusätzlich weiteres Saatgut freigelegt. Maiskörner werden auch vom Kolben gefressen. Durch das Hochziehen des Kopfes können die Körner hinuntergeschluckt werden. Wirbeltiere werden mit dem Schnabel erdolcht.

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Ernährung Allesfresser

Paarungsgewohnheiten

PAARUNGSVERHALTEN

Der Kranich lebt normalerweise lebenslang monogam, jedoch zeigen neueste Untersuchungen, dass ein Partnerwechsel möglich ist und sogar häufiger vorkommt, als dies bisher bekannt war. Der Kranich pflanzt sich das erste Mal im Alter von drei bis fünf Jahren fort, kann sich jedoch schon im Alter von zwei Jahren auf der Frühjahrsrast an einen Partner binden. Es ist jedoch noch nicht geklärt, ob diese Paare später zusammen Brutreviere besetzen. (In einem einzigen Fall bisher, dem des Paares #6 im Naturschutzgebiet Duvenstedter Brook, Hamburg, konnte gezeigt werden, dass ein jugendliches Paar später ein Revier besetzte.)

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Angestammte Brutpaare nehmen regional etwa zur gleichen Zeit Reviere in Besitz. Das Revier muss eine ausreichende Versorgung mit Nahrung sowie Ruhe und Sicherheit bieten. So nutzen in Deutschland 60 bis 70 Prozent der Vögel bevorzugt Wälder beziehungsweise Waldränder. Stark zunehmend wird die offene Feldflur zur Brut genutzt (20 bis 30 Prozent), außerdem spielen auch noch Seeufer eine Rolle (10 bis 20 Prozent). Bei einem geringeren Nahrungsangebot sind die Reviere größer. Durch Untersuchungen an mit Sendern versehenen Jungvögeln wurde festgestellt, dass Kraniche bis zum Flüggewerden der Jungen ein Revier von teilweise über 135 Hektar nutzen.

Kraniche sind Bodenbrüter. Der Brutplatz bildet das Zentrum des Reviers und befindet sich am Boden in feuchtem, oft sumpfigem Gelände. Bei recht kleinen Brutplätzen ist es den Vögeln meistens nicht möglich, die Nester hinter einer Deckung anzulegen. Das genutzte Gewässer kann kleiner als ein Hektar bis größer als zehn Hektar sein, entscheidend ist jedoch eine Wassertiefe von 30 bis 60 cm Tiefe. Sollte das Waten zum Nest nicht möglich sein, sind Kraniche bereit, ausnahmsweise zu schwimmen oder zu fliegen. Dem brütenden Vogel ist grundsätzlich eine gute Sicht auf die Umgebung wichtig. Bei zu niedrigem Wasserstand oder Trockenheit werden keine Nester gebaut, aber dennoch die Reviere besetzt.

Zum Nestbau werden Schilf, Röhricht, Binsen, Riedgräser und andere Pflanzen im Umkreis von zehn Metern mit dem Schnabel abgerissen. Beide Partner werfen die Nistmaterialien seitwärts oder über den Rücken in Richtung Nest, um sie dann schrittweise an das Nest zu bringen. Das Nest kann einen Durchmesser von über einem Meter haben, die Plattform liegt meist 10 bis 20 cm über der Wasseroberfläche. Da das Nest während der Brutzeit zusammenfällt, wird während des Brütens ständig weitergebaut.

Der „Kranichtanz“ findet das ganze Jahr über statt, ist jedoch als Balzritual im Frühling am intensivsten. Er findet in der frühen Morgendämmerung auf nahe gelegenen, freien Flächen statt. Im Laufe des März nimmt die Häufigkeit und Heftigkeit dieses Verhaltens zu, das dann in der Paarung seinen Höhepunkt findet. Es endet in der Regel mit dem Nestbau und der Eiablage.

Beim Tanzen springen Männchen und Weibchen mit ausgebreiteten Flügeln laufend umher und lassen ihr lautes Trompeten hören. Aber auch Prahlhandlungen, Laufen in Geraden und Kurven, Einknicken der Beine, Springen und das Hochschleudern von Pflanzenteilen sind Bestandteile des Rituals. Durch Aufrichten des Oberkörpers, Abwinkeln der Flügel und gurrende Laute fordert das Weibchen das Männchen schließlich zum Aufspringen und damit zur Paarung auf. Ist der Tretakt vollzogen, springt das Männchen meist über den Kopf des Weibchens vorwärts ab. Nun folgen Duettrufe der Partner und danach normalerweise eine Putzphase. Das Duett ist die ganze Brutzeit und auch später als Zeichen des Zusammenhalts zu hören.

Die ersten Laute der Küken vor dem Schlüpfen, spätestens aber die Öffnung des Eies verändern das Verhalten der Altvögel. Diese sind nun nervöser und halten sich häufiger in der Nähe des Nestes auf.

Ungefähr 24 Stunden nach dem Schlüpfen können die Jungen sicher stehen und gehen. Die Nestflüchter werden nach spätestens 30 Stunden vom Nest weggeführt. Beide Altvögel kümmern sich gleichermaßen um das Füttern und Führen der Jungen. Diese tragen anfangs ein zimtbraunes Daunengefieder. Ihr Schlupfgewicht liegt bei 120 g bis 150 g. Die Altvögel reichen den Küken in den ersten Lebenswochen Insekten, Larven, Würmer und Schnecken mit dem Schnabel, bis diese selbständig nach Futter suchen können.

Der Dottervorrat der geschlüpften Jungvögel reicht für zwei Tage. Dennoch nehmen sie trotz der Zufütterung von kleiner Nahrung und Eischalenresten zunächst ab. Die Jungen werden in den ersten Tagen auf kleine Strecken in der näheren Umgebung geführt. In den ersten zwei Wochen greifen sich im Nest allein gelassene Jungvögel häufig mit Schnabelhieben an, wobei das ältere Küken gelegentlich versucht, das jüngere aus dem Nest zu drängen. Nachdem sich die Aggressionen gelegt haben, hält sich die Familie im Wald oder auf Feldern und Wiesen auf, auch wenn weiterhin im beziehungsweise am Nest übernachtet wird. Sollte der Wasserstand zu stark gesunken sein, wird an einem geeigneten Ort ein Schlafnest errichtet.

In den meisten Fällen findet die Verständigung über ein leises Kontaktgurren statt. Nur bei starken Störungen werden in der Nähe des Nestes laute Rufe verwendet, um die Jungen auch über größere Entfernungen zu warnen. Bei Gefahr werden unterlegene Angreifer mit Schnabelhieben und Flügelschlägen angegriffen und vertrieben. Überlegene Gegner wie Menschen werden durch „Verleiten“ abgelenkt. Dabei stellt sich ein Altvogel krank, indem er sich mit vorgestrecktem Hals und hängenden, abgespreizten Flügeln oft hinkend von der Familie fortbewegt, während der andere die Jungen wegführt und durch einen Warnruf zum Ducken bewegt.Vor allem im September, aber auch ab Anfang August oder Anfang Oktober, schließen sich die Familien den Nichtbrütern an den Sammelplätzen an. Nur wenige Brutpaare, die meist an den dünn besiedelten Randgebieten leben, bleiben bis zum Wegzug in ihren Brutrevieren.

Nach etwa zehn Wochen sind die Jungen flugfähig und fast so groß wie die Altvögel. Beim Herbstzug in das Winterquartier haben die Jungvögel also etwa die Größe der adulten Vögel, sind aber am sandbraunen Kopf und den fehlenden Schmuckfedern, der sogenannten Schleppe, gut zu erkennen. Auch im Flug unterscheiden sich Jung und Alt deutlich. Die ein oder zwei Jungvögel fliegen oft zwischen den Eltern und ihre Rufe sind höher in der Frequenz.

Die Lebenserwartung beträgt in Gefangenschaft bis zu 40 Jahre, sie ist bei wildlebenden Tieren weitaus geringer.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Die Hauptbedrohung für die Kranichpopulationen geht von der Zerstörung und Beschneidung der Lebensräume aus. Der Verlust von Feuchtgebieten geht mit Entwässerungen, Dammbauten, Intensivierung der Landwirtschaft und Verstädterung sowie Flächenbränden und Überschwemmungen einher. Aber auch Störungen in den Brutgebieten und eine direkte Verfolgung sowie elektrische Freileitungen stellen Gefahren dar.

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Die International Crane Foundation (ICF) arbeitet in der Kranichforschung, am Schutz von Feuchtgebieten, an der Erkundung der Vorkommen und dem Schutz, der Vermehrung und der Wiedereinbürgerung aller bedrohten Kranicharten. Die drei Hauptzentren Fortbildung, Fortpflanzung und Management geben vierteljährlich die Informationsbroschüre ICF-Bugle für Mitglieder heraus. Weiterhin veranstaltet die ICF Symposien und Tagungen. Die European Crane Working Group koordiniert den Schutz des Kranichs in Europa, insbesondere in einigen Nationen Arbeitsgruppen. Sie wird durch die Lufthansa, einige Ministerien, NABU und WWF unterstützt. Auf der Tagung European Crane Workshop werden Informationen und Erfahrungen ausgetauscht sowie die Schutzstrategien der Länder angenähert.

Im Rahmen eines internationalen Projekts werden gefangene Jungvögel einem Landescode entsprechend beringt und ergänzend teilweise mit kleinen Funksendern ausgestattet. Damit Kraniche nicht durch Hunde, Schreckschusspistolen, Feuerwerkskörper, Fahrzeuge oder andere Mittel von Landwirten vertrieben werden, finden vorbeugende Ablenkfütterungen verschiedener Varianten statt. Insbesondere das Anbieten von gehäckselten Mais aus laufender Produktion ist erfolgreich.

Der Kranich ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 14 lit. a) BNatSchG eine streng geschützte Art und in Anhang I der Vogelschutzrichtlinie gelistet. Er war Vogel des Jahres 1978. In Deutschland wird er seit 1998 als nicht gefährdet eingestuft. Zum Schutz des Kranichs ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz sowohl das Betreten der Brutgebiete als auch das Aufsuchen der Nahrungs- und Sammelplätze verboten. Ausnahmegenehmigungen für Naturschutzzwecke können von den zuständigen Behörden erteilt werden.

Der Kranich ist in ganz Europa, in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, in China, Indien und dem Iran geschützt. In den Ländern entlang der osteuropäischen und asiatischen Zugwege sind im Umfeld der Habitate des Kranichs allerdings forst- und landwirtschaftliche sowie jagdliche Aktivitäten gestattet. In den Ländern des westeuropäischen Zugwegs gibt es hingegen eindeutige gesetzliche Bestimmungen und unter Schutz gestellte Habitate.

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Populationszahl

Die Bestandszahlen der Tabelle sollten als versuchsweise Schätzung aus dem Jahr 1995 angesehen werden. Nur in Europa und dem Zentrum des europäischen Russlands werden die Daten regulär verlässlich ermittelt und aufgezeichnet. Die Trends sind nur bedingt nachvollziehbar. Die Gesamtpopulation nimmt trotz lokaler Abnahmen wahrscheinlich zu. Dies betrifft vor allem das zentrale und östliche Verbreitungsgebiet. Die Art ist auch in Anhang I der EG Vogelschutz-Richtlinie 79/409/EWG, in Anhang II der Bonner Konvention und in Anhang II der Berner Konvention aufgeführt.

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Die Populationen West- und Osteuropas machen zusammen mehr als 50 Prozent des weltweiten Bestandes aus. Nach Angaben der IUCN sind diese mit mehr als 110.000 Paaren relativ klein und nahmen zwischen 1970 und 1990 deutlich ab. Obwohl die Art grundsätzlich weitgehend zwischen 1990 und 2000 zugenommen hat und in den meisten Verbreitungsgebieten Europas steigende oder stabile Trends aufzeigt, gilt die Population noch nicht als erholt, da sie die Stufe vor dem Schwinden noch nicht erreicht hat. Konsequenterweise wird sie in Europa vorläufig als dezimiert (Depleted) geführt.

Das weltweite Verbreitungsgebiet umfasst nach Angaben der IUCN ungefähr 15.400.000 km². Der Bestand wird im Gegensatz zu obiger Tabelle im Jahr 2009 auf etwa 360.000 bis 370.000 Individuen geschätzt. Daher wird die Art als nicht gefährdet (LC) eingestuft.

In Mecklenburg und Vorpommern ist der Kranich seit 1991 wieder heimisch. 2019 wurden allein auf dem Darß 80.000, auf dem Großen Schwerin 9.000 Kraniche gezählt, so viele wie noch nie. Auf dem herbstlichen Weg von der Ostsee nach Frankreich durchziehen 300.000 Kraniche das Land. Bei dem reichen Nahrungsangebot überwintern seit 2007 immer mehr im Nordosten Deutschlands. 60 % der Kraniche verlassen Europa, in Deutschland und Frankreich bleiben etwa 40 %.

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Lustige Fakten für Kinder

  • Wenn sich Menschen dem Nest eines Kranichs nähern, können beide Elternteile ein Ablenkungsmanöver starten, aber bekannte Prädatoren am Boden (einschließlich Haushunde) werden fast immer sofort physisch angegriffen.
  • Wenn sie Gefahr wittern, erstarren die Küken und nutzen ihren getarnten bräunlichen Flaum, um sich vor ihren wilden Eltern zu schützen.
  • In Irland spielt der Kranich, obwohl er seit über 200 Jahren ausgestorben ist, eine wichtige Rolle in der irischen Kultur und Folklore, so dass die jüngsten Bemühungen, ihn wieder in Irland anzusiedeln, mit großer Begeisterung aufgenommen werden.
  • In den indischen Bundesstaaten Rajasthan und Gujarat wird der Kranich in vielen Volksliedern beschrieben. So singt z.B. eine frisch verheiratete Frau (deren Mann an einen weit entfernten Ort gegangen ist, um Geld zu verdienen) ein Lied an den Kranich, um ihrem Mann eine Nachricht zu überbringen und ihn zu bitten, früher nach Hause zu kommen.

Referenzen

1. Kranich artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Kranich
2. Kranich auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22692146/86219168
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/707169

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