Riesenkalmar
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Architeuthis dux

Der Riesenkalmar (Architeuthis dux; oftmals irrtümlich als Riesenkrake bezeichnet) ist weltweit verbreitet. Wie alle Kalmare besitzt der Riesenkalmar zehn Arme, um die Mundöffnung gruppiert, wovon zwei zu Tentakeln umgebildet sind. Aus diesem Grund werden Riesenkalmare den Zehnarmigen Tintenfischen bzw. Decabrachia zugeordnet. Die genaue Stellung innerhalb des Systems ist unklar.

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Besonders häufig werden die Tiere an den Küsten Norwegens, Großbritanniens, Neufundlands, bei Japan, vor Australien und Neuseeland sowie vor Südafrika gefangen. Wahrscheinlich leben sie in einer Tiefe von über 300 Metern, nach anderen Angaben 500 bis 1000 Meter. Aus diesem Grund sind auch erst seit dem Beginn der Tiefseefischerei mit Schleppnetzen häufigere Fänge der Tiere bekannt geworden. Teilweise wurden auch Überreste in Mägen von Pottwalen gefunden.

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Aussehen

Der Riesenkalmar ist auf der Oberseite dunkelpurpurn bis rotbraun gefärbt, wobei die Arme auf der Ober- und Unterseite heller sind als an den Seiten. Wie viele Tintenfische vermag er durch in der Haut liegende Chromatophoren aktiv seine Farbe zu ändern, indem diese sich ausbreiten oder zusammenziehen. Obwohl der Kalmar über Leuchtvermögen (Biolumineszenz) verfügt, fehlen die, Photophoren genannten, abgesetzten Leuchtorgane, die verwandte Gruppen wie die Histioteuthidae tragen.

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Der Körper des Riesenkalmars besteht, wie typisch für die gesamte Verwandtschaft, aus dem Kopf von beinahe bis zu einem Meter Länge und dem Rumpfabschnitt mit einem Flossenpaar nahe dem Körperende. Am Kopf sitzen die Arme an. Der Rumpf des Kalmars ist eng kegelförmig im Umriss, der Mantel endet bei ausgewachsenen Exemplaren in einem kurzen, schwanzartigen Vorsprung. Nahe dem Ende sitzt seitlich je eine schwach muskulöse, lappenartige Flosse an; die Flossen sind beim Riesenkalmar im Vergleich zu anderen Kalmaren verhältnismäßig klein und von eiförmigem Umriss. Im Inneren des Rumpfes sitzt eine, Gladius genannte, durchsichtige Stützstruktur, eine Umbildung des verkalkten Schulps anderer Kopffüßer. Der Riesenkalmar besitzt einen Tintenbeutel. Die ausgestoßene Tinte bleibt zu einem zusammenhängenden Gebilde verbunden, sie bildet nicht, wie bei anderen Tintenfischen, eine Wolke. Es wird angenommen, dass sie als Täuschkörper einen angreifenden Prädator verwirren und ablenken soll.

Das Tier kann Wasser in die Mantelhöhle des Rumpfes einsaugen und dieses in einem konzentrierten Wasserstrahl durch einen sehr beweglichen Trichter ausstoßen. Es erreicht dadurch hohe Schwimmgeschwindigkeit und Manövrierfähigkeit. Der zylindrische Kopf des Kalmars trägt an den Seiten je ein Auge, das mit einem Durchmesser von bis zu 25 Zentimetern zu den größten Augen im Tierreich überhaupt zählt. Die Augen haben eine dunkle Iris und eine Linse, aber keine Hornhaut. Die Mundöffnung inmitten der Fangarme besitzt einen chitinisierten, sehr harten Schnabel, der in der Form an einen Papageienschnabel erinnert. Der Schnabel ist das einzige Hartteil, das im Inneren des Magens von Fressfeinden wie dem Pottwal erhalten bleibt. Viele Informationen über die Verbreitung der Art liegen nur über die Analyse solcher Schnäbel im Mageninhalt, die anhand ihrer Form bis zur Art bestimmbar sind, vor.

Wie typisch für alle Kalmare besitzt die Art zehn Arme, davon acht relativ kurze und zwei extrem lange, die bei der Gruppe auch als Tentakel bezeichnet werden. Die normalen Fangarme erreichen eine Länge von bis zu drei Metern bei einem basalen Umfang von 50 Zentimeter. Die beiden bauchseitigen Arme der Männchen sind zu Begattungswerkzeugen umgebildet, sie werden Hectocotylus genannt. Die normalen Fangarme tragen zwei Reihen von Saugnäpfen, die zur Spitze hin kleiner werden und distal in rechteckige Haftkissen übergehen. Hauptsächliches Werkzeug zum Beutefang sind die Tentakel, die ausgestreckt länger als zehn Meter, bei einem basalen Umfang von etwa 25 Zentimeter, sein können. Sie sind körpernah glatt, weiter außen sitzen abwechselnd Saugnäpfe und Haftkissen in zwei Reihen an. Das äußere (distale) Ende der Tentakel ist zu einer schwachen Keule verbreitert. Diese besitzt auf der Unterseite (Manus oder Hand) vier Reihen von gezähnten Saugnäpfen, von denen die inneren Reihen deutlich breiter sind als die äußeren. Die größten Saugnäpfe können einen Durchmesser von etwa 5,2 Zentimetern erreichen. Die muskulösen Saugnäpfe sind kurz gestielt und außen durch einen Ring aus Chitin versteift. Es existieren Berichte über Narben und Abdrücke von Saugnäpfen auf der Haut von Pottwalen, die angeblich zwanzig Zentimeter Durchmesser erreichen sollen; diese sind nicht wissenschaftlich dokumentiert und unglaubhaft.

In Fachbüchern finden sich vielfach falsche Angaben zur Größe. Ein Problem bei der Messung von Längen bei Riesenkalmaren ist die enorme Dehnfähigkeit der Arme, weshalb in der Regel die nur wenig veränderliche Mantellänge als Kriterium zur Betrachtung der tatsächlichen Größe herangezogen wird. Hier sei etwa das im Jahre 1887 in Lyall Bay (Wellington) am Strand angespülte Exemplar genannt. Es hatte eine Gesamtlänge von 18,3 Metern, während die Mantellänge nur 1,8 Meter betrug, was bei einem Exemplar mit natürlich langen Tentakeln einer Gesamtlänge von etwa 10,7 Meter entspricht. Die größte belegte Mantellänge beträgt 2,25 Meter, wobei Riesenkalmare in Ausnahmefällen eine Standardlänge von 5 Metern erreichen, Kopf und Fangarme eingeschlossen. Der größte Teil der Gesamtlänge wird durch die beiden langen dünnen Tentakel bestimmt. Tatsächlich konnte nie ein Riesenkalmar nachgewiesen werden, der mit ungedehnten Tentakeln eine Länge von zwölf Metern überschritt.

Riesenkalmare werden drei bis fünf Jahre alt und scheinen damit zu den langlebigsten Vertretern der Kopffüßer zu gehören. Das bedeutet dennoch, dass sie ihre enorme Größe in sehr kurzer Zeit erreichen.

Allgemein gelten Riesenkalmare als die größten Kopffüßer. Allerdings erreicht der weitaus weniger bekannte und kompakter gebaute Koloss-Kalmar, der allerdings zur Familie der Gallertkalmare gehört, noch deutlich größere Ausmaße mit Mantellängen von bis zu 4 Metern.

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Video

Riesenkalmar Lebensraum-Karte

Gewohnheiten und Lebensstil

Riesenkalmare orientieren sich wahrscheinlich vorrangig anhand ihres gut entwickelten Sehvermögens. Ihre Augen zählen zu den größten im gesamten Tierreich. Lediglich die Augen des Koloss-Kalmars werden noch größer. Die riesigen Augen deuten auch auf den Lebensraum dieser Spezies hin – Meerestiefen, in die nur noch eine äußerst geringe Menge Licht vordringt. Über das Jagdverhalten der Tiere ist wenig bekannt. Untersuchungen des Magens brachten vor allem Reste von Kalmaren (auch der eigenen Art) und Fischen (zum Beispiel Hoki) zum Vorschein. Bisher wurde vermutet, dass der Riesenkalmar eher ein Lauerjäger als ein ausdauernd jagendes Tier sei. Die ersten Aufnahmen eines lebenden Tieres ließen jedoch Zweifel an dieser These aufkommen. Die Theorie, dass auch Pottwale auf seinem Speiseplan stehen, ist abwegig. Wahrscheinlicher ist, dass der Pottwal der einzige wirkliche Fressfeind großer ausgewachsener Riesenkalmare ist, wie Saugnapfnarben auf dem Körper von Walen und Reste von Riesenkalmaren in Pottwalmägen zeigen. Pottwale ernähren sich hauptsächlich von diversen Kalmar-Arten und unternehmen während der Jagd sehr lange und tiefe Tauchgänge. Mit Tauchtiefen von über 1000 Meter (gelegentlich bis 3000 Meter) können sie Kalmare erbeuten, die nur in der Tiefsee vorkommen und sonst von keinem anderen Säugetier erreicht werden können. Gigantische Saugnapfnarben auf der Walhaut förderten auch die Legende von ggf. über 60 Meter großen Kalmaren. Wie man aber inzwischen weiß, wachsen die Narben mit der Walhaut mit – d. h. eine tiefe Narbe, die ein Pottwal einst als Jungtier erhielt, dehnt sich mit dem Wachstum des Tieres mit aus. Sie erreicht beim erwachsenen Tier eine Größe, die das Wachstum des Wales, aber nicht die Größe des Tintenfischs widerspiegelt, der die Narbe einst verursacht hat. Kleinere Exemplare von Riesenkalmaren werden aber auch von verschiedenen Fischen und Haien gefressen, sehr kleine Exemplare an der Oberfläche sogar von Hochseevögeln wie Albatrossen. Mittelgroße Exemplare fallen auch großen Grauhaien oder neben Pottwalen auch anderen größeren Zahnwalen zum Opfer, die in der Tiefsee nach Kopffüßern jagen.

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Durch den Austausch des Natriumkations des Meerwassers gegen Ammonium in ihrem Muskelgewebe erhalten die Riesenkalmare wie auch einige andere Kalmare den notwendigen statischen Auftrieb, um im Salzwasser zu schweben. Die Ammoniumchloridlösung macht sich durch starken Geruch bemerkbar, den die Tiere verströmen. Das zähe Fleisch der Riesenkalmare ist aus diesem Grunde für den Menschen ungenießbar.

Noch weniger als über die Ernährung ist über die Paarung und die Entwicklung der Tiere bekannt. Offenbar implantiert das Männchen während der Paarung Spermatophoren unter die Haut der Partnerin. Man fand mehrere weibliche Tiere mit implantierten Spermatophoren; wie diese jedoch die Eier letztlich befruchten, ist bisher unbekannt. Spermabefunde belegen, dass Riesenkalmare offenbar keine Vorauswahl nach dem Geschlecht treffen; auch bei männlichen Tieren wurden von anderen Männchen implantierte Spermatophoren entdeckt. Das Paarungsverhalten belegt, dass die Paarung auch mit nicht fruchtbaren Partnern einen evolutionären Vorteil darstellen kann; eine Reproduktionsstrategie, die die Besamung männlicher Tiere einschließt, ist offenbar erfolgversprechender, als die aufwändige Suche nach einem weiblichen Kalmar. Ein im Februar 2020 vor Kyoto in einem Schleppnetz gefangenes Weibchen, das mit 1,6 Metern Mantellänge und 116 kg Gewicht noch nicht ganz ausgewachsen war, trug verteilt über den Körper insgesamt 66 Samenpakete, die alle vom selben Männchen stammten.

Im Ozeaneum Stralsund ist ein präpariertes Exemplar ausgestellt, das von neuseeländischen Fischern gefangen wurde. Das mit 49 Kilogramm Gewicht und über sechs Meter Länge (von Mantel- bis Tentakelspitze) unterdurchschnittlich große Tier weist am hinteren Ende des Mantels eine Besonderheit auf: Dort wurden implantierte Spermatophoren gefunden, deren Herkunft gegenwärtig nicht geklärt ist.

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Fressverhalten und Ernährung

POPULATION

Referenzen

1. Riesenkalmar artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Riesenkalmar
2. Riesenkalmar auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/163265/991505

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