Hoatzin

Hoatzin

Schopfhuhn, Zigeunerhuhn, Stinkvogel

Reich
Stamm
Klasse
Familie
Gattung
SPEZIES
Opisthocomus hoazin
Populationsgrösse
Unknown
Lebensdauer
15-30 years
Gewicht
700-900
24.7-31.7
goz
g oz 
Länge
61-66
24-26
cminch
cm inch 

Der Hoatzin (Opisthocomus hoazin), auch Schopfhuhn, Zigeunerhuhn oder Stinkvogel genannt, ist eine Vogelart, die im nördlichen Südamerika lebt. Weil seine Verwandtschaft völlig ungeklärt ist, wird er meistens einer eigenen Familie und Ordnung zugeordnet. Von allen anderen Vögeln unterscheidet sich der Hoatzin durch sein an Wiederkäuer erinnerndes Verdauungssystem und die krallenbewehrten Flügel der Jungvögel.

Aussehen

Gestaltlich hat der Hoatzin entfernt Ähnlichkeit mit den Hokkohühnern, worauf auch sein lokaler Name guacharaca de Agua („Wasser-Chakalaka“) hindeutet. Er ist mit einer Länge von 62 bis 70 cm und einem Gewicht von 700 bis 900 g ein recht großer und schwerer Vogel, der durch einen kleinen Kopf, einen langen Hals und einen langen Schwanz gekennzeichnet ist. Die Oberseite ist bronzefarben, eine cremefarbene Streifung zieht sich über Nacken und Vorderrücken. Kehle und Brust sind beige, zur Schwanzbasis hin geht die Farbe der Unterseite allmählich in kastanienbraun über. Die Flügeldecken sind braun mit weißem Saum und weißen Streifen. Auch der Schwanz ist dunkelbraun; eine cremefarbene Endbinde ist meistens vorhanden, kann aber durch Abnutzung der Schwanzfedern im Alter verloren gehen.

Mehr anzeigen

Im Gesicht ist das rote Auge beidseits von nackten, blauen Hautpartien umgeben. Auffällig ist eine 4 bis 8 cm lange Haube, die meistens aufgerichtet ist. Diese Haube ist bei Männchen geringfügig größer als bei Weibchen, was der einzige äußerlich sichtbare Unterschied zwischen den Geschlechtern ist. Im Feld ist dieser minimale Geschlechtsdimorphismus zur Bestimmung allerdings nicht nutzbar.

Der Schnabel ist schwarz, kräftig und kurz und erinnert an einen Hühnerschnabel. Auch die Beine sind schwarz. Obwohl diese kräftig und voll entwickelt sind, benutzen die Vögel sie kaum zur Fortbewegung. Meistens kriechen und schieben sie sich auf eine unbeholfen wirkende Weise, die für Vögel sehr ungewöhnlich ist, durch das Geäst vorwärts. Der Fuß ist wie bei Hühnervögeln anisodaktyl: Eine Zehe ist nach hinten, drei sind nach vorn gerichtet. Zwar können die Füße einen Ast umfassen und den Vogel tragen, meistens aber liegen Hoatzins im Geäst, so dass das Gewicht auf der Brust liegt. Hier bildet sich mit der Zeit eine Hornschwiele.

Da die Flugmuskulatur stark reduziert ist, können Hoatzins nur eingeschränkt fliegen. Bevorzugt wird ein Gleiten, das manchmal durch kräftige Flügelschläge begleitet ist. Auf diese Weise können maximal Strecken von 350 m zurückgelegt werden, meistens sind die Strecken jedoch sehr viel kürzer. In der Regel besitzen nur die Jungvögel Krallen an den Flügeln, manchmal bleiben diese aber auch bei adulten Vögeln bestehen (siehe Fortpflanzung).

Die größte anatomische Auffälligkeit ist der enorm vergrößerte Vorderdarm. Die Verdauung des Hoatzins findet nicht im Magen statt, sondern im Kropf und in der unteren Speiseröhre. Dieser Bereich ist so voluminös, dass er den Magen um ein Fünfzigfaches an Größe übertrifft. Ein voller Vorderdarm kann 25 % des Gewichts eines Hoatzins ausmachen. Die Verdauung im Vorderdarm ist ein unter Vögeln einmaliges Merkmal, das an die Wiederkäuer unter den Säugetieren erinnert. Die Vergrößerung des Vorderdarms geht mit einem stark reduzierten Brustbein, der Verlagerung des Schwerpunkts nach vorne und der Verkümmerung der Flugmuskulatur einher.

Der Name Stinkvogel bezieht sich auf den Geruch, der dem Vogel nachgesagt wird. In Guyana ist der Hoatzin als Stinking Pheasant bekannt. Der Geruch soll an frischen Kuhdung erinnern und entsteht vermutlich durch die Verdauungsprozesse. Allerdings riechen die Vögel in anderen Regionen Südamerikas – beispielsweise in Venezuela – nicht besonders streng. Vermutlich hängt der Eigengeruch der Hoatzins von der Art der verdauten Nahrung ab.

Die Kontaktrufe der Hoatzins sind Grunzlaute, die drei- bis zehnmal wiederholt werden. Daneben gibt es ein gutturales, an Tauben erinnerndes rruuh. Wenn das Revier gegen Eindringlinge gleicher oder anderer Art verteidigt wird, gibt ein Hoatzin Zischlaute von sich.

Weniger anzeigen

Video

Verteilung

Erdkunde

Der Hoatzin lebt in den tropischen Regenwäldern des nördlichen Teils von Südamerika. Besiedelt werden die Becken der Flüsse Amazonas und Orinoco sowie der zum Atlantik fließenden Ströme Guayanas. Vorkommen gibt es im Osten Kolumbiens, in Venezuela, den drei Guayana-Staaten, in Nord- und Zentral-Brasilien, im äußersten Osten Perus und Ecuadors sowie im Nordosten Boliviens.

Mehr anzeigen

Das Habitat der Hoatzins ist der Tieflandregenwald in Höhen bis maximal 500 m über dem Meeresspiegel. Sie kommen ausschließlich entlang von Fluss- und Seeufern vor, und auch hier haben sie bestimmte Vorlieben, die einen Einfluss auf die Häufigkeit haben: Im Binnenland bevorzugen sie das Vorhandensein der Aronstabgewächse Montrichardia und Caladium, in küstennahen Regionen das von Avicennia.

Weniger anzeigen
Hoatzin Lebensraum-Karte

Klimazonen

Hoatzin Lebensraum-Karte
Hoatzin
Public Domain Dedication (CC0)

Gewohnheiten und Lebensstil

Hoatzins sind in den frühen Morgenstunden und in den Abendstunden aktiv. Den Rest der Zeit verbringen sie ruhend. Oft nehmen sie in den Baumwipfeln Sonnen- oder Regenbäder, zu denen sie die Flügel ausbreiten.

Mehr anzeigen

Außerhalb der Brutzeit sind Hoatzins sehr gesellig und leben in großen Gruppen von bis zu 100 Individuen. Während der Brutzeit lösen sich diese Gruppen auf, und kleinere Gruppen bilden winzige Reviere (siehe Fortpflanzung).

Weniger anzeigen
Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Hoatzins ernähren sich ausschließlich pflanzlich. Fünfzig Nahrungspflanzen sind bekannt, darunter die oben bereits erwähnten Montrichardia, Caladium und Avicennia. Die Nahrung besteht zu 82 % aus grünen Blättern, zu 10 % aus Blüten und 8 % aus Früchten. Es handelt sich um eine nährstoffarme und oft toxische Nahrung.

Mehr anzeigen

Die Verdauung findet im Vorderdarm statt. Dieser ist mit kräftigen Muskeln ausgestattet, die Außenwände sind zum Teil verhornt. Mit Hilfe seiner Bakterienflora verdaut der Hoatzin die Nahrung in besonderer Effizienz. Die Bakterien sorgen hier auch für den Abbau der in den Nahrungspflanzen enthaltenen Gifte. Die Verdauungszeit beträgt insgesamt 24 bis 48 Stunden, was erheblich länger als bei jedem anderen Vogel und eher mit einem Schaf vergleichbar ist.

Weniger anzeigen

Paarungsgewohnheiten

PAARUNGSVERHALTEN

Zur Brutzeit, die in die regenreichsten Monate fällt, lösen sich die großen Verbände der Hoatzins auf. Nun finden sich kleinere Gruppen von zwei bis acht Vögeln zusammen. Hierbei handelt es sich um das eigentliche Brutpaar, das von seinem Nachwuchs aus vorherigen Bruten unterstützt werden kann (Bruthilfe). In 45 % der Fälle hat ein Paar keine Helfer, in den anderen Fällen beteiligen sich die subadulten Helfer an Revierverteidigung, Nestbau, Brut und Fütterung. Bruten, bei denen solche Helfer zur Verfügung stehen, sind in signifikantem Maße erfolgreicher als andere Bruten. 90 % der einjährigen Vögel bleiben im Folgejahr bei den Eltern, um die Brut zu begleiten. Aber auch ältere Vögel sind manchmal noch zugegen, so zum Beispiel noch 20 % der Vierjährigen und 10 % der Fünfjährigen. Besonders lange bleiben männliche Junge, während Weibchen nie über das dritte Lebensjahr hinaus in der Gegenwart der Eltern bleiben.

Mehr anzeigen

Die Reviere sind sehr klein. Sie erstrecken sich im Schnitt 40 m entlang eines Flussufers und werden bis 75 m landeinwärts verteidigt. Die Verteidigung übernehmen vor allem die Männchen. Bei Kämpfen an den Reviergrenzen springen diese mit ausgebreiteten Flügeln aufeinander zu, hacken aufeinander ein und fallen kämpfend in das Geäst zurück.

Das Nest wird immer über dem Wasser errichtet, so dass die Jungvögel direkt vom Nest ins Wasser springen können. Es befindet sich 2 bis 5 m über der Oberfläche und besteht aus Zweigen, die lose aufeinander geschichtet werden. Die Breite des Nests beträgt 30 bis 45 cm. Das Gelege besteht aus zwei bis vier Eiern. Diese sind weiß mit rotbraunen Flecken und haben eine durchschnittliche Größe von 4,7 × 3,3 cm. Sie werden etwa 30 Tage lang bebrütet. Die Jungen sind beim Schlüpfen blind und fast nackt. Schon nach einem Tag öffnen sich die Augen, und nach zehn Tagen sind die Jungen mit einem dichten dunkelbraunen Daunenkleid bedeckt. Die nährstoffarme Nahrung bedingt ein äußerst langsames Wachstum. So entwickeln sich die Schwungfedern erst im Alter von 25 Tagen.

Im Falle einer akuten Gefahr können die Jungen bereits am dritten Lebenstag das Nest verlassen. In der Regel liegt dieser Zeitpunkt später. Wenn es keinen gefahrenbedingten Anlass zum Verlassen des Nests gibt, verlässt das Junge sein Nest spätestens nach zwei bis drei Wochen. Manchmal helfen die Elternvögel mit einem Schubs nach.

Das Verlassen erfolgt immer durch einen Sprung ins Wasser. Die Jungen sind schwimm- und tauchfähig. Anschließend erklettern sie wieder den Baum ihrer Eltern, wobei ihnen die Krallen an den Flügeln behilflich sind. Diese Krallen sind die Enden des zweiten und dritten Fingers und ragen als kleine gerundete Haken aus den Flügeln heraus. Die Jungvögel kehren jedoch nicht ins Nest zurück, sondern werden an verschiedenen Stellen des Geästs weiter betreut. Der Sprung ins Wasser kann jederzeit wiederholt werden und dient als Flucht vor Feinden.

In den ersten zwei Monaten ihres Lebens werden junge Hoatzins von den Eltern und deren Helfern gefüttert. Hierzu stecken sie bettelnd ihren Schnabel in den Rachen der Altvögel. Diese würgen dann einen vorverdauten, grünlichen Nahrungsbrei aus. Nach fünfzig bis siebzig Tagen beginnen Hoatzins, eigenständig Nahrung zu sich zu nehmen. Etwa gleichzeitig erlangen sie auch ihre (eingeschränkte) Flugfähigkeit. Die Flügelkrallen werden zwischen dem 70. und 100. Tag des Lebens abgeworfen. In seltenen Fällen bleiben sie auch bei adulten Vögeln bestehen, erfüllen bei diesen aber keine Funktion mehr.

Nur durchschnittlich 27 % der Bruten sind erfolgreich. Trotz des Fluchtmechanismus‘, bei dem ein Junges vom Baum ins Wasser springt, gelingt es zahlreichen Feinden, junge Hoatzins zu erbeuten. Die wichtigsten Feinde unter den Säugetieren sind Kapuzineraffen, Tayras, Opossums, Grisons, Krabbenwaschbären und Ozelots. Bei den Vögeln gehören Waldfalken, Zweifarbensperber, Schwarzbussarde, Sperberweihen und Prachthaubenadler zu den Hoatzin-Jägern.

Bisher wurde eine Höchstlebensdauer von acht Jahren festgestellt. Es gibt jedoch noch ungenügende Untersuchungen, eine potenziell höhere Lebensdauer wird für sehr wahrscheinlich gehalten.

Weniger anzeigen

POPULATION

Populationsgefährdung

Hoatzins sind in einem großen Teil ihres Verbreitungsgebiets noch relativ häufig und gelten nicht als gefährdet. Allerdings leiden diese Vögel unter dem Verlust ihres Lebensraums und in einigen Regionen verschwinden ihre bevorzugten Lebensräume, Mangroven und Flusswälder, schnell. In Brasilien sammeln indigene Völker manchmal ihre Eier als Nahrung, und die erwachsenen Vögel werden gelegentlich gejagt.

Populationszahl

Die Rote Liste der IUCN und andere Quellen geben keine Auskunft über die Größe der Hoatzin-Population. Derzeit wird diese Art auf der Roten Liste der IUCN als nicht gefährdet (LC) eingestuft, aber ihr Bestand ist heute abnehmend.

Lustige Fakten für Kinder

  • Der Hoatzin ist das einzige Mitglied seiner Gattung Opisthocomus; das Wort 'opisthocomus' stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet 'hinten lange Haare tragen', was sich auf den großen Kamm des Vogels bezieht.
  • Im Jahr 2015 wiesen genetische Untersuchungen darauf hin, dass der Hoatzin das letzte überlebende Mitglied einer Vogellinie ist, die sich vor 64 Millionen Jahren, kurz nach dem Aussterbeereignis, das die nicht-avischen Dinosaurier auslöschte, in eine eigene Richtung entwickelt hat.
  • Hoatzins haben ein ungewöhnliches Verdauungssystem mit einem vergrößerten Kropf, der zur Fermentierung von pflanzlichen Stoffen dient, genau wie bei Rindern. Diese auffälligen Vögel werden aufgrund ihres üblen Geruchs, der durch die Gärung der Nahrung in ihrem Verdauungssystem verursacht wird, manchmal auch "Stinkvögel" genannt.
  • Um das Gleichgewicht auf den Ästen zu halten, benutzt der Hoatzin eine lederartige Beule an der Unterseite seines Kropfes.
  • Hoatzins nehmen gerne ein Sonnenbad; sie hocken oft mit ausgebreiteten Flügeln und aufgestellten Rückenfedern in den Bäumen, um sich in der Sonne zu wärmen.
  • Die Hoatzin-Küken haben ein merkwürdiges Merkmal: Sie haben zwei Krallen an jedem Flügel. Unmittelbar nach dem Schlüpfen können sie diese Krallen und ihre übergroßen Füße nutzen, um auf den Ästen herumzuklettern, ohne ins Wasser zu fallen. Wenn Prädatoren wie der Schwarzbussard eine Kolonie von Hoatzins angreifen, fliegen die erwachsenen Vögel lautstark umher und versuchen, die Aufmerksamkeit des Prädators abzulenken, während die Küken sich vom Nest entfernen und im Dickicht verstecken. Wenn sie jedoch entdeckt werden, lassen sie sich ins Wasser fallen und schwimmen unter die Oberfläche, um zu entkommen. Später klettern sie dann mit ihren Krallenflügeln zurück in die Sicherheit des Nestes.
  • Der Hoatzin ist der Nationalvogel von Guyana.

Referenzen

1. Hoatzin artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Hoatzin
2. Hoatzin auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22684428/93028795
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/704728

Mehr faszinierende Tiere zum Kennenlernen