Israelischer Scheibenzüngler

Israelischer Scheibenzüngler

Israelische scheibenzüngler, Schwarzbäuchiger scheibenzüngler, Hula-scheibenzüngler, Hula-frosch

Reich
Stamm
Klasse
Ordnung
Familie
Gattung
SPEZIES
Latonia nigriventer

Der Israelische Scheibenzüngler (Latonia nigriventer, Syn.: Discoglossus nigriventer), auch Schwarzbäuchiger Scheibenzüngler, Hula-Scheibenzüngler oder Hula-Frosch genannt, ist ein nur punktuell im Norden Israels vorkommender Froschlurch aus der Familie Alytidae. Im Englischen hat sich die Bezeichnung „Hula painted frog“ (Gemalter Hula-Frosch) durchgesetzt. Die Art war 1940 entdeckt und 1943 wissenschaftlich beschrieben worden. Nach 1955 gelangen keine Funde mehr, und aufgrund starker Lebensraumveränderungen ging man davon aus, dass die Art ausgestorben wäre. Im November 2011 wurde sie jedoch überraschend wiederentdeckt und wird seitdem intensiv wissenschaftlich untersucht und dokumentiert.

Aussehen

Der Israelische Scheibenzüngler ist ein kräftiger, innerhalb seiner Familie auffallend großer Froschlurch. Alte Exemplare können Kopf-Rumpf-Längen von über zwölf Zentimetern erreichen (Weibchen max. 128,4 mm, Männchen 121,4 mm), womöglich auch mehr. Der Kopf ist nach vorne abgeflacht und hat eine längere, mäßig zugespitzte, oberständige Schnauze, wobei die Nasenlöcher näher an der Schnauzenspitze als an den Augen liegen. Die etwas nach oben gerichteten Augen weisen quer-ovale bis herzförmige Pupillen auf. Die Vorderbeine sind kräftig und etwas länger als beispielsweise beim Gemalten Scheibenzüngler, die Hinterbeine sind eher kurz und gedrungen. Zwischen den Zehen der Hinterfüße sind Schwimmhäute ausgeprägt, vorne jedoch nicht. Die Färbung und Zeichnung der Oberseite wird von einem unregelmäßigen, marmorierten Fleckenmuster verschiedener Braun- und Rottöne bestimmt. Manche Exemplare deuten dabei auf der hinteren Rückenmitte einen helleren Längsstreifen an. Die dunkle bis schwärzliche Unterseite, auf die sich auch der wissenschaftliche Artname (nigriventer = schwarzbäuchig) bezieht, ist mit vielen weißen Punkten getüpfelt – ein markantes artspezifisches Merkmal. Dieses Fleckenmuster ist zudem individuell einzigartig und kann somit geeignet sein, um einzelne Exemplare wiederzuerkennen. Eine tiefe Querfalte am Hals kommt innerhalb der Alytidae nur bei dieser Art vor. Die Männchen entwickeln zur Paarungszeit Brunstschwielen an den Fingern; außerdem sind dann keratinisierte Partikel in der Hals- bzw. Brustregion zu bemerken. Verhornte Ränder der Schwimmhäute weisen manchmal auch weibliche Tiere auf. Ansonsten unterscheiden sich die Geschlechter äußerlich wohl kaum.

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Die oberseits einheitlich braun gefärbten Kaulquappen werden maximal 26 mm lang und weisen eine stumpfe Schwanzspitze auf. Ihre Atemöffnung liegt mittig auf der Bauchseite – typisch für Vertreter der Familie Alytidae. Auch besitzen sie ungewöhnlicherweise doppelte Keratinzahnreihen. Frisch metamorphosierte Jungtiere sind zwischen 6 und 9 mm groß und damit in Relation zu Adulten sehr klein.

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Verteilung

Erdkunde

Kontinente
Länder
Biogeografische Bereiche

Latonia nigriventer kommt lediglich in einem wenige Quadratkilometer großen Areal im Norden Israels vor. Die Chula-Ebene (auch: Hula- oder Hule-Ebene) ist ein von Berg- und Hügelketten eingefasster Talabschnitt im nördlichen Jordangraben mit ehemals weiträumigen Feuchtgebieten. Infolge umfangreicher Trockenlegungsmaßnahmen zur Gewinnung landwirtschaftlicher Nutzflächen und zur Bekämpfung von Malaria insbesondere in den 1950er Jahren verblieben nur noch stark veränderte Reste der Sumpfbiotope um den dortigen Chulasee. In diesem Bereich hat die Art ihr endemisches Verbreitungsgebiet auf 65 m über Meereshöhe, wo Kanäle, Gräben, Stillgewässer und deren Umfeld bewohnt werden. Zunächst war nur ein einzelner Teich als Fundort bekannt gewesen. Inzwischen konnten aber in weiteren Gewässern Artnachweise geführt werden, oft allerdings nur mithilfe von „Umwelt-DNA“-Analysen von Wasserproben. Mit klassischen feldherpetologischen Nachweismethoden erweisen sich Hula-Frösche dagegen weiterhin als schwierig zu erfassen. Neben dem Chula-Naturreservat sind vereinzelte Fundpunkte auch etwas außerhalb der Schutzgebietsgrenzen lokalisiert, so etwa in einem Graben beim Dorf Yesod HaMa’ala, einen Kilometer südöstlich des Reservates.

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Der Froschlurch besiedelt sowohl aquatische als auch umliegende terrestrische Habitate innerhalb der Chulasümpfe. Individuen wurden in Falllaubstreu auf torfigen Böden gefunden, in dichtem Brombeerdickicht, in Röhrichten und zwischen Feigenbäumen, ferner unter trocknenden Grasbüscheln sowie in Kleinsäugerbauten und ufernahen Grablöchern der Süßwasserkrabbe Potamon potamios. Eine zentrale Rolle spielen im Habitatspektrum von Latonia nigriventer aber ausdauernd wasserführende Gewässer. Dabei deutet sich inzwischen an, dass eine hohe Phosphatbelastung im Gewässer der Anwesenheit der Art abträglich ist, ebenso wie offenbar das Auftreten von Blutweiderich ihre Nachweiswahrscheinlichkeit verringert. Dagegen scheint das Vorhandensein von Schilfrohr sowie der Heusenkraut-Art Ludwigia stolonifera eher positiv mit einem Vorkommen dieser Frösche korreliert zu sein.

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Israelischer Scheibenzüngler Lebensraum-Karte
Israelischer Scheibenzüngler Lebensraum-Karte

Gewohnheiten und Lebensstil

Soweit bisher bekannt, ist der Israelische Scheibenzüngler wohl mehr oder weniger ganzjährig aktiv und dabei vor allem nachts unterwegs. Als Laichzeit wird aufgrund indirekter Indizien (u. a. Funde von Weibchen im Gewässer) ein langer Zeitraum zwischen Mitte Februar und Mitte September angenommen; Jungtiere wurden zwischen November und März gefunden. Man geht von einer relativ hohen individuellen Lebenserwartung aus. Wie bei allen Amphibien werden als Nahrung lebende Wirbellose erbeutet und im Ganzen geschluckt; Kannibalismus soll (bei Terrarienhaltung) auch schon mal beobachtet worden sein. Beide Geschlechter sind zu Lautäußerungen fähig. Das gilt zumindest für sogenannte Befreiungsrufe – die aber so ähnlich klingen wie die nur von Männchen geäußerten Paarungsrufe. Für das menschliche Gehör sind die recht leisen Rufe in natürlicher Umgebung nur schwer wahrnehmbar. Der Amplexus bei der Paarung geschieht in der Leistengegend des Weibchens; es werden wahrscheinlich mehrere Gelege von Laichportionen an Steine, Wasserpflanzen oder den Gewässergrund geheftet. Die unscheinbaren Kaulquappen dürften eine mehrmonatige Zeitspanne aquatisch verbringen, bevor die Metamorphose erfolgt.

Lebensstil

POPULATION

Populationszahl

1996 stufte die IUCN diese Art als "in der Wildnis ausgestorben" ein und war damit die erste Amphibie, die von der IUCN diese Bezeichnung erhielt. Israel führte die Art weiterhin als gefährdet auf, in der Hoffnung, dass auf den Golanhöhen oder im Südlibanon noch eine Reliktpopulation zu finden sein könnte. Nach der Wiederentdeckung der Art im Jahr 2011 stuft die IUCN den Frosch nun als stark gefährdet ein, da sein bekannter Lebensraum weniger als 2 km2 groß ist.

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Im Jahr 2000 behauptete ein Wissenschaftler der libanesischen Naturschutzorganisation A Rocha, er habe im Aammiq-Feuchtgebiet südlich des Beqaa-Tals im Libanon eine Froschart gesehen, bei der es sich um Latonia nigriventer handeln könnte. Zwei französisch-libanesisch-britische Expeditionen in den Jahren 2004 und 2005 brachten keine Bestätigung für die weitere Existenz dieser Art. Im August 2010 machte sich eine von der Amphibien-Spezialistengruppe der International Union for Conservation of Nature organisierte Suche auf die Suche nach verschiedenen Froscharten, die in der Wildnis als ausgestorben galten, darunter auch der Israelische Scheibenzüngler.

Eine 2013 in Nature Communications veröffentlichte Studie enthüllte, dass der Ranger Yoram Malka 2011 während einer Routinepatrouille im Hula-Naturreservat den Frosch fand, den er sofort für den Israelischen Scheibenzüngler hielt, da er behauptete, schon seit vielen Jahren nach ihm Ausschau zu halten. Wissenschaftler bestätigten, dass es sich um eine dieser seltenen Arten handelte. Ein Ökologe der israelischen Natur- und Parkbehörde machte die Wiederbewässerung des Gebiets für die Sichtung des Frosches verantwortlich. Am 29. November wurde ein zweites Exemplar in demselben Gebiet gefunden. Der zweite Israelische Scheibenzüngler, ein Weibchen, wurde im sumpfigen Unkraut in zwanzig Zentimetern Tiefe gefunden. Er wog 13 Gramm, die Hälfte des Gewichts seines männlichen Gegenstücks. Seit der Entdeckung des ersten Exemplars wurden mindestens zehn weitere Exemplare gefunden, alle in demselben Gebiet.

Im Jahr 2016 entdeckte ein Team unter der Leitung von Professor Sarig Gafni von der School of Marine Sciences des Ruppin Academic Center Populationen von insgesamt mehreren hundert Individuen, indem es nachts im Wasser statt im Sumpfschlamm suchte und Populationen in 17 der 52 untersuchten Wasserlöcher im Hula-Tal fand.

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Referenzen

1. Israelischer Scheibenzüngler artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Israelischer_Scheibenz%C3%BCngler
2. Israelischer Scheibenzüngler auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/6715/13339841

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