Palmendieb

Palmendieb

Kokosnussräuber, Coconut crab

Reich
Ordnung
Gattung
SPEZIES
Birgus latro

Der Palmendieb (Birgus latro), auch Kokosnussräuber, im angelsächsischen Sprachraum Coconut crab genannt, ist ein zur Ordnung der Zehnfußkrebse (Decapoda) gehörendes Krebstier (Crustacea) aus der Familie der Landeinsiedlerkrebse (Coenobitidae). Dieser Familie werden zwei Gattungen zugeordnet: die Gattung Coenobita, zu der etwa 15 Arten gehören, und die Gattung Birgus, deren einziger Vertreter der Palmendieb ist. Der Palmendieb, der unter anderem in der Lage ist, eine Kokosnuss zu öffnen, ist das größte an Land lebende Krebstier der Erde.

Herkunft der Tiernamen

Der Name „Palmendieb“ mag wie die englische Bezeichnung Coconut crab darauf verweisen, dass das Tier auf Palmen zu klettern und dort Kokosnüsse zu ernten vermag, die es dann am Boden öffnet, um deren Inhalt zu verzehren. Die ursprüngliche wissenschaftliche Bezeichnung Cancer latro (latro ist lateinisch für Räuber), die auf Carl von Linné zurückgeht, führte dann offenbar in der deutschen Übersetzung zum -dieb. Georg Eberhard Rumpf, ein niederländischer Botaniker und Naturforscher auf der Molukken-Insel Ambon in Niederländisch-Indien (heute Indonesien), machte durch sein Werk D’Amboinische Rariteitkamer (Erstausgabe in den Niederlanden 1705, illustriert von Maria Sibylla Merian) den Palmendieb erstmals in Europa bekannt.

Aussehen

Ausgewachsen erreichen Palmendiebe eine Körperlänge von bis zu 40 Zentimeter und ein Gewicht bis 4 Kilogramm. Die Spannweite der Beine kann bis zu einem Meter betragen. Der Palmendieb ist damit der größte landlebende Vertreter der Arthropoden. Lediglich im Wasser, wo der Körper durch den Auftrieb getragen wird, können Zehnfußkrebse noch größer werden, beispielsweise männliche Exemplare der Japanischen Riesenkrabbe (Macrocheira kaempferi).

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Palmendiebe haben halb eingesenkt getragene, rote Komplexaugen auf kurzen Augenstielen. Ihre Körperfarbe variiert von Insel zu Insel zwischen blau-violett und rot-orange. Die männlichen Tiere sind in der Regel größer als die weiblichen.

Wie für Zehnfußkrebse typisch ist der Körper in einen vorderen Abschnitt (Cephalothorax), an dem sich die zehn Beine befinden, und einen hinteren, das Abdomen oder Pleon, unterteilt. Am Ende des vordersten Beinpaares befinden sich verschieden große und in ihrer Funktion spezialisierte Scheren, deren linke stets die größere ist: Birgus ist also, wie z. B. auch Linkshändige Einsiedlerkrebse, „monostroph linksscherig“: Die größere linke soll „mehr als doppelt so groß wie die andere“ sein. Mit den unterschiedlich einsetzbaren Scheren ist der Palmendieb in der Lage, Kokosnüsse zu öffnen (durch ein gezieltes Ansetzen einer der Scheren an den drei Keimlöchern am oberen Ende der Nuss) und Gegenstände mit einem Gewicht von bis zu 28 Kilogramm hochzuheben. Die Kneifkraft der Scheren korreliert mit dem Körpergewicht. Basierend auf Messungen der Kneifkraft unterschiedlich schwerer Palmendiebe wird für 4 kg schwere Exemplare eine Kneifkraft von 3300 N angenommen; das übertrifft die Beißkraft der meisten terrestrischen Raubtiere.

Die Beine werden vom Palmendieb vor allem zur Fortbewegung eingesetzt. Aufgrund der Scheren und Beine sind Palmendiebe unter anderem in der Lage, senkrecht an rauen Baumstämmen hinaufzuklettern. Das letzte Beinpaar ist sehr klein und wird vom Palmendieb nur zur Reinigung der Luftatmungsorgane verwendet.

Obwohl der Palmendieb zu den Landeinsiedlerkrebsen gehört, nutzen nur Jung- und heranwachsende Tiere Schneckenhäuser, um ihren weichen Unterleib zu schützen. Heranwachsende Tiere nutzen gelegentlich auch zerbrochene Kokosnussschalen, wenn sie keine Schneckenhäuser in geeigneter Größe finden. Ausgewachsene Tiere haben andere Schutzstrategien entwickelt: Zum einen krümmen Palmendiebe ihren Hinterleib schützend unter den Vorderleib, wie es bei Echten Krabben noch stärker ausgeprägt ist. Ihr wichtigster Schutz ist jedoch, dass sie im Laufe ihrer Entwicklung vom Jungtier zum ausgewachsenen Palmendieb Chitin und Kalk in die Hinterleibsdecke einlagern. Diese verhärtet sich im Laufe der Zeit und bildet so einen schützenden Panzer, der gleichzeitig auch den Wasserverlust an Land reduziert. In regelmäßigen Abständen stoßen die Palmendiebe diesen Schutzpanzer jedoch ab. Während der dreißig Tage, die es dauert, bis sich nach solch einer Häutung ein neuer schützender Panzer ausbildet, leben die Palmendiebe sehr versteckt.

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Verteilung

Erdkunde

Birgus latro kommt auf ozeanischen Inseln und auf den kleineren kontinentalen Inseln im westlichen Pazifik und im östlichen Indischen Ozean vor.

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Auf der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean lebt die größte dokumentierte Population der Palmendiebe. Große Populationen befinden sich auch auf den Cookinseln. Sie sind dort insbesondere auf Pukapuka, Suwarrow, Mangaia, Takutea, Mauke und Atiu verbreitet. Auch auf Niue gibt es eine Population. Palmendiebe leben außerdem auf den Inseln des Caroline-Atolls, das zu Kiribati gehört, sowie den kleineren Inseln von Palmerston. Populationen gibt es auch auf den Seychellen, insbesondere auf Aldabra, Îles Glorieuses, Astove-Insel, Assumption Island und Cosmoledo. Auf den zentralen Inseln der Seychellen sind die Palmendiebe dagegen ausgestorben. Sie kommen außerdem auf einigen Inseln der Andamanen und Nikobaren im Golf von Bengalen vor. Ebenso gibt es eine Population auf den Inseln des Bikini-Atolls. Bei den dort lebenden Tieren wurde 1972 eine radioaktive Verstrahlung infolge der Atombombenversuche der 1940er und 1950er Jahre festgestellt. Da Palmendiebe als adulte Tiere nicht schwimmen können, muss die Kolonisation dieser Inseln im Larvenstadium erfolgt sein. Einige Wissenschaftler sind jedoch überzeugt, dass die Entfernungen zwischen den Inseln zu groß sind, als dass diese während des nur 28 Tage andauernden Larvenstadiums überbrückt werden könnten. Sie meinen, dass juvenile Palmendiebe diese über natürliche Flöße erreichten.

Palmendiebe fehlen dagegen in Indonesien (Ausnahme Bunaken und Togianinseln bei Sulawesi) oder auf dem Festland von Neuguinea, obwohl diese Inseln einen geeigneten Lebensraum bieten und durch eine Verdriftung von Larven oder Jungtieren gleichfalls besiedelt sein könnten. Man geht daher davon aus, dass Palmendiebe nach jeder erfolgreichen Ansiedlung von den Inselbewohnern als Nahrungsquelle genutzt wurden, so dass sich hier keine Populationen erhalten konnten.

Der Palmendieb bewohnt Felsspalten und Sandlöcher entlang der Küstenlinie. Die Vorlieben schwanken von Insel zu Insel und sind abhängig vom vorhandenen Lebensraum. So bewohnt er auf den philippinischen Olango-Inseln Höhlen im Korallenriff, während er auf den Guam-Inseln (Ozeanien) selbst Höhlen in den porösen Kalkstein gräbt. Auf den Inseln, auf denen er keine natürlichen Unterschlupfe findet, gräbt er sich seine Sandlöcher auf Sand- oder ähnlichen losen Böden selber.

Tagsüber hält sich der Palmendieb meist in seiner Höhle auf, um sich vor Austrocknung und Feinden zu schützen. Den Eingang seiner Höhle verschließt er mit einer seiner Scheren und schafft somit in seiner Höhle das feuchte Mikroklima, das für seinen Atmungsapparat notwendig ist. In Regionen, in denen viele Palmendiebe leben, kommen einige auch am Tag aus ihren Bauten. Die meisten Palmendiebe kann man allerdings in der Nacht dabei beobachten, wie sie den Strand auf der Suche nach Futter entlangwandern.

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Palmendieb Lebensraum-Karte

Biom

Palmendieb Lebensraum-Karte
Palmendieb
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Gewohnheiten und Lebensstil

Saisonales Verhalten

Fressverhalten und Ernährung

Die Hauptnahrungsquelle der Tiere sind die Früchte der Pflanzen seines Habitats, vor allem der Feigenbäume (Ficus), der Arengapalmen (Arenga) und der Schraubenbäume (Pandanus). Sie fressen aber auch Aas und lebende Kleintiere, wie beispielsweise frisch geschlüpfte Meeresschildkröten und die rotgefärbten Weihnachtsinsel-Krabben auf ihrem Weg zur Küste. Außerdem ist bekannt, dass Palmendiebe manchmal unvorsichtige Vögel wie z. B. Rotfußtölpel erbeuten. Daneben ernähren sie sich von abgestreiften Häuten anderer Krustentiere, die viel Calcium enthalten, was wiederum für das Wachstum des eigenen Panzers wichtig ist. Palmendiebe untereinander sind futterneidisch. Die meisten schleppen ihre Beute in ihre Höhlen, um dort in Ruhe fressen zu können.

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Lange Zeit wurde bezweifelt, dass Palmendiebe tatsächlich in der Lage sind, Kokosnüsse zu öffnen. Bei Experimenten verhungerten manche Exemplare selbst dann, wenn sie von Kokosnüssen umgeben waren. 1980 konnte der deutsche Biologe Holger Rumpf, der das Verhalten von Palmendieben erforschte, bei wildlebenden Exemplaren erstmals beschreiben, wie sie Nüsse der Kokospalme (Cocos nucifera) öffnen. Wenn die Kokosnuss noch von Fasern bedeckt ist, nutzen Palmendiebe die großen Scheren ihres vorderen Beinpaares, um die Fasern in Streifen zu entfernen. Sie beginnen dabei immer an der Seite, an der sich die drei Keimlöcher befinden. Sobald die harte Schale freigelegt ist, schlagen sie mit den Scheren auf die Keimlöcher ein, bis die Kokosnuss an dieser Stelle aufbricht. Mit den kleinen Scheren der mittleren Beinpaare holen sie dann das weiße Kokosfleisch heraus.

Palmendiebe erklimmen mitunter sogar Palmen, um sich an den Kokosnüssen gütlich zu tun. Falsch jedoch ist, dass Palmendiebe dabei die Kokosnüsse planvoll an den Fruchtstielen abzwicken, um sie dann am Boden zu verzehren. Nach den Untersuchungen von Holger Rumpf reicht ihre Intelligenz für eine „geplante Ernte“ nicht aus. Es kann jedoch vereinzelt vorkommen, dass Kokosnüsse unbeabsichtigt vom Baum fallen, während der Palmendieb sich an ihnen zu schaffen macht.

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Ernährung Aasfresser

Paarungsgewohnheiten

Die Paarungszeit der Palmendiebe ist zwischen Mai und September. Hauptpaarungszeit sind dabei die Monate Juli und August. Palmendiebe paaren sich mehrfach in dieser Zeit. Die Paarung findet an Land statt und beginnt mit einer Auseinandersetzung zwischen Männchen und Weibchen, in deren Verlauf das Männchen das Weibchen auf den Rücken dreht und sich dann mit ihm paart. Die Paarung dauert etwa 15 Minuten. Kurz darauf legt das Weibchen die befruchteten Eier, die sie an ihren Unterkörper anklebt, um sie für einige Monate mit sich herumzutragen. Kurz vor dem Schlupf der Larven sucht das Weibchen den Strand bei Hochwasser auf und lässt die Eier ins Meerwasser fallen.

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Die Larven schwimmen als Plankton für 28 Tage im Meerwasser. Die größte Zahl fällt in dieser Zeit Fressfeinden zum Opfer. Die überlebenden Larven verbleiben die nächsten 28 Tage überwiegend im Meeresboden, sie nutzen in dieser Zeit leere Schneckenhäuser als Schutz. Danach verlassen sie das Meer als Lebensraum und verlieren auch ihre Fähigkeit, unter Wasser zu atmen. Wie im Abschnitt Körperbau beschrieben, nutzen heranwachsende Palmendiebe Schneckenhäuser und gegebenenfalls zerbrochene Kokosnüsse als Schutz des Unterleibs, bevor sie einen eigenen Schutzpanzer entwickeln. Nach vier bis acht Jahren ist ein Palmendieb geschlechtsreif. Für Krebstiere ist dies eine ungewöhnlich lange Entwicklungszeit.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Nach den RAHA-Kriterien liegen keine ausreichenden Daten vor, um entscheiden zu können, ob der Palmendieb als bedrohte Tierart einzuordnen ist. Er wird daher in der Rote Liste gefährdeter Arten der IUCN oder Weltnaturschutzorganisation als eine Art ausgewiesen, für die nur unzureichendes Datenmaterial („data deficient“) vorhanden ist. Die letzte Einordnung stammt aus dem Jahr 1994 und ist mit der heute nicht mehr existenten Kategorie selten („Rare“) angegeben. Einige Berichte weisen darauf hin, dass der Bestand auf einigen Inseln noch recht hoch ist. Einer der größten Bestände befindet sich auf Caroline Island. Wahrscheinlich schwankt die Bestandsdichte signifikant von Insel zu Insel.

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Junge Palmendiebe sind bedroht durch eingeführte Neozoen wie Ratten, Schweine oder Ameisen wie die Gelbe Spinnerameise (Anoplolepis gracilipes, Yellow Crazy Ant). Ausgewachsene Palmendiebe haben keine natürlichen Feinde – wenn man vom Menschen absieht. Palmendiebe haben eine schlechte Sehfähigkeit und nehmen die Annäherung von potenziellen Feinden durch Bodenerschütterungen wahr.

Insgesamt haben vor allem die zunehmenden Bevölkerungszahlen auf den Inseln einen negativen Einfluss auf die Population der Palmendiebe. Da ihr Fleisch sehr schmackhaft ist und auf vielen Inseln als Delikatesse bzw. Aphrodisiakum gilt, ist der Bestand durch intensive Bejagung bedroht. Außerdem haben wachsender Tourismus und die Bebauung der Küstenlinien den Lebensraum des Palmendiebes beeinträchtigt bzw. zerstört. Deshalb wurde der Palmendieb inzwischen in einigen Gebieten unter Schutz gestellt. So ist beispielsweise eine Mindestgröße vorgegeben, die Palmendiebe erreicht haben müssen, bevor sie gefangen werden dürfen.

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Referenzen

1. Palmendieb artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Palmendieb
2. Palmendieb auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/2811/126813586

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