Polarmöwe
Reich
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Klasse
Familie
Gattung
SPEZIES
Larus glaucoides

Die Polarmöwe (Larus glaucoides) ist eine niederarktische, mittelgroße Möwenart aus der Gattung Larus. Sie besiedelt in drei Unterarten die Küsten des südlichen und westlichen Grönlands und des nordöstlichen Kanadas um Baffin Island.

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Die Polarmöwe brütet in Steilfelsen an Fjorden und Sunden. Sie ernährt sich hauptsächlich von Fischen, aber auch von Krebstieren, Weichtieren, Aas und anderem. Im Winter ist sie an eisfreien Küsten und Polynjas zu finden. Die grönländischen Populationen überwintern im Bereich des Nordatlantik und insbesondere auf Island, was der Art den englischen Namen Iceland Gull einbrachte, obwohl sie dort nicht brütet. Aber auch Vögel der amerikanischen Unterart gelangen regelmäßig in den europäischen Raum. Deren Hauptüberwinterungsgebiete erstrecken sich von der Hudson Bay über die Küsten der östlichen Provinzen Kanadas.

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Aussehen

Die Polarmöwe ist mit 52–60 cm Körperlänge und einer Flügelspannweite von 125–145 cm etwas kleiner als eine Silbermöwe und kleiner als die recht ähnliche Eismöwe. Der Körperbau entspricht dem einer typischen Großmöwe; der verhältnismäßig zierliche, runde Kopf erinnert hingegen an den einer Sturmmöwe. Im Flug wirkt die Art elegant mit schlanken Flügeln und relativ langem Handflügel. Im Unterschied zur Eismöwe wirken Kopf und Hals kurz und die Flügel spitzer. Beim sitzenden Vogel ragen die Flügelspitzen recht weit über die Steuerfedern hinaus. Ein typisches, wenn auch nicht zur sicheren Artbestimmung geeignetes Merkmal ist, dass die Flügelspitzen oft nicht gekreuzt, sondern aufeinander gelegt werden.

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Juvenile Polarmöwen sind wie andere Großmöwen überwiegend graubraun gefärbt. Ähnlich jungen Eismöwen sind sie aber insgesamt sehr hell bis hin zu weißlich grau. Die bei anderen juvenilen Großmöwen dunkel gefärbten Schwingen sind weißlich oder mindestens weißlich gesäumt. Das übrige Flügel-, das Rücken- und Schultergefieder zeigen weißliche Federzentren und braungraue Subterminalzeichnungen. Im Unterschied zur Eismöwe ist diese Zeichnung der Oberseite aber weißer und offener. Der Vogel wirkt insgesamt grauer und weniger gelbbraun. Auch ist die Kopfzeichnung kontrastreicher. Eine feine Strichelung verdichtet sich im Bereich des Scheitels und der Ohrdecken, der Nacken zeigt oft eine hellere Färbung. Weißliche „Lider“ fehlen meist. Augen und Schnabel sind dunkel, der Schnabel an der Basis oft etwas aufgehellt. Die Unterschwanzdecken und der Bürzel sind auf weißem Grund bräunlich gebändert. Dem meist fein graubraun gebänderten Schwanz fehlt die Binde. Füße und Beine sind fleischfarben.

Zum ersten Winter hin werden bei manchen Vögeln der Nominatform einige Federn des Mantel- und Schultergefieders vermausert, was aber kaum auffällt. Deutlicher ist dies bei der Unterart L. g. kumlieni, bei der im Jugendkleid der Rücken dunkel geschuppt wirkt, im ersten Winter die Zeichnung aber sehr viel offener ist. Zum Frühjahr hin wirken manche Vögel beider Unterarten durch das abgenutzte Gefieder sehr hell bis hin zu nahezu rein weiß.

Vögel im zweiten Winter ähneln jenen im ersten Winter. Der nun jedoch überwiegend fleischfarbene Schnabel zeigt eine breite, schwarze Subterminalbinde, die Unterseite ist heller und die Zeichnung ist teils etwas unregelmäßiger und heller ausgeprägt. Die Strichelung am Kopf konzentriert sich oft zu einer angedeuteten Maske, aus der das Auge, das sich langsam aufhellt, deutlich hervorsticht. Bei manchen Vögeln deutet sich bereits der graue Rücken des Adultkleids an.

Vögel im dritten Winter ähneln bereits stark adulten Vögeln. Der gelbolive Schnabel zeigt jedoch noch eine schwarze Binde und einige Oberflügeldecken zeigen noch eine bräunliche Musterung.

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Verteilung

Erdkunde

Die Brutverbreitung der Polarmöwe erstreckt sich im Bereich der Niederarktis in zerstreuten Kolonien über das südliche Grönland und Teile des nordöstlichen Kanadas.

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In Grönland ist die Art an der Ostküste nur zerstreut an der Kong Frederik VI Kyst zu finden, häufiger aber von Tasiilaq nordwärts bis zum Fjord Kangerlussuaq. An der Westküste reicht die Verbreitung etwa von der Sermersôq-Insel im Norden des Distrikts Nanortalik nordwärts bis zu den Balgoni-Inseln (Balgoni Øer) in der Melville-Bucht bei etwa 76° N. Ein Brutvorkommen auf Jan Mayen von 1882/83 wurde seither nicht wieder bestätigt.

Im nordöstlichen Kanada beschränken sich die Vorkommen auf Baffin Island und den äußersten Norden der Hudson Bay. Die nördlichsten Kolonien finden sich in der Home Bay auf Baffin Island und auf der vorgelagerten Insel Broughton Island. Ferner kommt die Art am Cumberland Sound und an der Südküste der Insel bis Kinngait vor. Weiter südlich brütet die Art auf Southampton Island und Coats Island sowie am Digges Sound im äußersten Nordwesten der Ungava-Halbinsel.

Die Brutkolonien der Polarmöwe liegen meist in Steilfelsen an Fjorden oder Sunden. Seltener sind Brutplätze, die mehrere Kilometer landeinwärts liegen. An sehr abgelegenen Orten, an denen die Art nicht bejagt wird, werden auch niedrige Inseln oder Felszinnen genutzt.

Soeben flügge Jungvögel halten sich an Stränden oder auf Schären in der Nähe der Brutplätze auf. Im Winterquartier ist die Art an eisfreien Küsten und Polynjas zu finden. Im südlichen Teil des Überwinterungsgebiets sucht sie ähnliche Orte auf wie andere Möwen und vergesellschaftet sich mit diesen an Massenüberwinterungsplätzen – unter anderem an Häfen und Müllkippen. Meistens findet man sie im Bereich der Küste, seltener auch an Binnenseen.

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Polarmöwe Lebensraum-Karte
Polarmöwe Lebensraum-Karte
Polarmöwe
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Gewohnheiten und Lebensstil

Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Wie viele andere Möwen ernährt sich die Polarmöwe opportunistisch und omnivor. Den größten Anteil der Nahrung stellen jedoch Fische wie Lodde und Kerzenfisch, die sich im Sommer in großen Schwärmen kurz unter der Wasseroberfläche aufhalten. In seeschwalbenartiger Manier werden sie stoßtauchend aus dem Wasser gegriffen, wobei die Möwe aber fast nie ganz untertaucht. Oft setzt sie auch kurz auf dem Wasser auf. Häufiger als andere Möwenarten kann man die Polarmöwe im niedrigen Suchflug über der Wasseroberfläche beobachten. Typisch ist, dass die Beute meist im Flug verschlungen wird.

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Ergänzend zum Fisch werden bei Ebbe in der Gezeitenzone lebende Wirbellose wie Entenmuscheln, Miesmuscheln oder Seeringelwürmer gesammelt. Auch Eier und Jungvögel anderer Felsenbrüter wie Dreizehenmöwe oder Dickschnabellumme zählen zur Nahrung – ebenso wie angespülte tote Fische, andere Kadaver und Krähenbeeren.

Auch in den Winterquartieren kann Fisch einen bedeutenden Anteil der Nahrung stellen. Hier ist die Art manchmal auch auf offener See im Gefolge von Fischkuttern zu finden. Seltener als andere Großmöwen findet man sie an Häfen oder an Mülldeponien, eher sammelt sie kleinere Teile von Abfall von der Wasseroberfläche auf. Kleptoparasitismus kommt selten vor.

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Paarungsgewohnheiten

Die Polarmöwe brütet in kleinen Kolonien in küstennahen Steilfelsen, die bereits besetzt werden, wenn die Eisdecke der Fjorde noch geschlossen ist und oft noch Schnee auf den Felsabsätzen und Simsen liegt. In Grönland ist dies zwischen Ende April und Mitte Mai, auf Baffin Island teils erst zwischen Ende Mai und Anfang Juli der Fall. Die Paarbildung findet meist bereits vorher in den Winterquartieren an der eisfreien Küste statt.

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Die Nistplätze in den Steilwänden liegen natürlicherweise meist unter 100 m über dem Meeresspiegel. Wo die Art vom Menschen bejagt wird, werden aber höher liegende Plätze zwischen 100 und 300 m, seltener auch in bis zu 800 m Höhe gewählt. Plätze, die von Bodenfeinden wie dem Polarfuchs erreicht werden können, werden meist schnell aufgegeben. In Mischkolonien liegen die Nester immer höher als die der Dreizehenmöwen, meist aber unter denen der Eismöwe, die mit einigem Abstand zu den anderen Klippenbrütern die höchstgelegenen Plätze besetzt.

Oft sind die Brutplätze und deren nähere Umgebung von auffällig orangegelben, xerophilen Flechtenarten (Gattung Caloplaca und verwandte Arten wie die Zierliche Gelbflechte) bewachsen und daher weithin sichtbar, meist aber nicht in dem Maße wie bei der Eismöwe.

Die Nester können auf schmalen Felsbändern, Simsen und Nischen stehen. Im Unterschied zu größeren Möwenarten braucht die Polarmöwe mit mindestens 0,2 m² nur wenig Raum. In bewachsenen, felsdurchsetzten Steilhängen bildet sie oft artreine Subkolonien.

Das Nest ist ein manchmal recht unförmiger Haufen aus Pflanzenmaterialien wie Gräsern, Zweigen der Krähenbeere, krautigen Pflanzen, Torf- und anderen Moosen. Die Nistmulde wird manchmal dürftig mit feinen Halmen und Federn ausgekleidet.

Die Eiablage erfolgt in Grönland zwischen Mitte Mai und Mitte Juni, bei Kinngait im Verlauf des Juni. Das Gelege besteht fast immer aus zwei oder drei Eiern, die auf hellbraunem bis steingrauem Grund mäßig stark dunkelbraun gefleckt und etwa 69 × 48 mm groß sind. Sie werden etwa 24–26 Tage bebrütet.

Die Jungen schlüpfen im westlichen Grönland etwa ab Mitte Juni und fliegen zwischen dem 20. Juli und dem 10. August aus. Nach dem Ausfliegen halten sich die Jungen an Schären oder Stränden in der Nähe der Brutkolonie auf und werden noch einige Zeit von den Eltern begleitet.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Zuverlässige Daten zum Gesamtbestand fehlen. Die groben Schätzungen schwanken zwischen 10.000–100.000 Brutpaaren und 190.000–400.000 adulten Vögeln. Dabei entfallen nach ersterer Schätzung mehr als 80.000 Paare auf den grönländischen, etwa 10.000 auf den kanadischen Bestand. Über Trends ist nichts bekannt. Die Art wird von der IUCN als Least Concern (nicht gefährdet) eingestuft.

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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Art kommerziell wegen ihrer Federn bejagt. Vor allem in Grönland wird sie auch heute noch von Inuit geschossen, um Fleisch und Federn zu verwerten. Nach Ringfunden in Westgrönland fielen 23 % der diesjährigen Jungvögel Jägern zum Opfer, bei 94 % aller Ringfunde handelte es sich um Abschüsse. Weitere Gefährdungen sind Umweltgifte in den Brutgebieten und Ölverschmutzungen in den Winterquartieren.

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Referenzen

1. Polarmöwe artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Polarm%C3%B6we
2. Polarmöwe auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22729877/155595584
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/403359

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