Der Aplomadofalke (Falco femoralis) ist ein mittelgroßer Vertreter der Gattung der Falken. Die vor allem in Mittel- und Südamerika verbreitete Art wurde erstmals im Jahr 1822 durch den niederländischen Zoologen Coenraad Jacob Temminck beschrieben. Der Begriff aplomado stammt aus dem Spanischen und bezeichnet die bleigraue Farbe eines Teils des Gefieders des Aplomadofalken, die zur Unterscheidung von anderen Arten herangezogen werden kann.
Aplomadofalken erreichen ausgewachsen eine Größe von etwa 35 bis 45 cm, bei einer Flügelspannweite von 78 bis 102 cm, womit sie etwas größer als verwandte Arten wie der Merlin oder der Buntfalke sind, die ein ähnliches geographisches Verbreitungsgebiet besitzen. Weibliche Vertreter der Art sind tendenziell etwas größer als ihre männlichen Artgenossen. Das Gefieder adulter Exemplare ist am Rücken und am Kopf grau gefärbt, ein charakteristisches Band in derselben Farbe zieht sich quer über die Brust, die ansonsten im oberen Bereich weiß gefärbt ist. Weitere weiße Bänder verlaufen von den Augen zum Hinterkopf. Der Bauch der Tiere ist hingegen Zimtfarben. Die langen Schwanzfedern der Vögel sind etwas dunkler als am Rücken und gehen eher ins bräunliche über. Füße, Augenränder und Wachshaut besitzen eine auffällige gelbe Färbung, der kräftige Schnabel ist stahlgrau gefärbt.
Der Aplomadofalke bewohnt vorzugsweise Savannen und spärlich bewaldetes Grasland oder Sümpfe bis hin zu Halbwüsten mit semiaridem Klima, wobei er bis in Höhen von etwa 4600 Metern gesichtet wurde. Das Verbreitungsgebiet erstreckte sich ursprünglich über weite Teile Süd- und Mittelamerikas, heute ist die Art jedoch aus vielen Regionen verschwunden. In Mexiko kommt der Aplomadofalke beispielsweise nur noch entlang der Küste des Golfs von Mexiko über die Yucatán-Halbinsel und im nördlichen Teil der Chihuahua-Wüste vor. Zwischen 1994 und 2002 galten die Vögel hier auch offiziell als „gefährdet“, besitzen seitdem jedoch nur noch den Status eines „Subject to Special Protection“, der in Mexiko für Arten vergeben wird, die in der Zukunft potenziell gefährdet sein könnten. Seit den 1990er-Jahren gibt es außerdem wieder zunehmend Berichte über Sichtungen im amerikanischen Bundesstaat New Mexico, wo die Art etwa seit den 1930er-Jahren selten geworden war. In den Vereinigten Staaten gibt es aktive Versuche, den Aplomadofalken wieder anzusiedeln. Die IUCN stuft die Art derzeit trotz eines allgemein negativen Populationstrends als nicht gefährdet (Status least concern) ein. Potenzielle Fressfeinde des Aplomadofalken sind unter anderem Virginia-Uhus, Weißhalsraben, Kojoten und Rotluchse. Menschengemachte Bedrohungen für die Art sind vor allem Habitatverlust und der Einsatz von Pestiziden, historisch stellten auch das Sammeln von Eiern und direkte Bejagung eine Bedrohung dar.
Aplomadofalken sind Raubvögel, die vor allem kleinere Vögel und Insekten jagen. Die Jagd startet typischerweise von einem Ansitz und wird anschließend in geringer Flughöhe und mit hoher Geschwindigkeit in grader Fluglinie auf das Ziel zu fortgesetzt. Die Beute wird entweder im Flug geschlagen oder zu Boden gezwungen, wo die Verfolgung teilweise zu Fuß fortgesetzt wird, falls sich das Beutetier in dichtere Vegetation zurückzieht. Von kooperativen Jagden, bei denen sich Paare gegenseitig unterstützen, wird regelmäßig berichtet. Des Weiteren sind Aplomadofalken auch für opportunistisches Verhalten bekannt und stehlen häufig die Beute anderer Vögel. Von brasilianischen Aplomadofalken ist bekannt, dass sie teilweise Mähnenwölfen auf deren Streifzügen folgen und von den Wölfen aufgescheuchte Vögel erbeuten.
Die Tiere können ein Alter von mehr als sechs Jahren erreichen. Überdies handelt es sich im gesamten Verbreitungsgebiet um Zugvögel, die während der Migration große Strecken zurücklegen können.
Während der Brutzeit legen weibliche Aplomadofalken zwei bis drei Eier. Die Vögel errichten jedoch kein eigenes Nest, sondern übernehmen stattdessen von Raben oder anderen Raubvögeln (u. a. Rotschwanzbussard, Wüstenbussard und Weißschwanzaar) angelegte Nestbauten. Diese bestehen typischerweise aus Stöcken und anderem holzigen Pflanzenmaterial und können sich beispielsweise auf Torrey-Palmlilien, Honig-Mesquite oder auch auf Freileitungsmasten befinden.
Der Ruf des Aplomadofalken wird als laut vorgetragenes keeh-keeh-keeh gefolgt von einem einzelnen scharfen kiih beschrieben.
Aplomadofalken sind Fleischfresser; sie ernähren sich hauptsächlich von Insekten und Vögeln, aber auch von kleinen Säugetieren und Eidechsen.
Aplomadofalken sind monogam und bilden starke Paarbindungen. Sie brüten normalerweise zwischen März und Mai. Vor der Eiablage balzen die Paare, wobei die Vögel von Sitzstange zu Sitzstange fliegen und dann gemeinsam aufsteigen. Aplomadofalken bauen keine eigenen Nester, sondern nutzen verlassene Nester anderer Raubvögel, die in der Regel in Bäumen oder hohen Sträuchern angelegt werden. Das Weibchen legt in der Regel 2 bis 3 Eier, die von beiden Elternteilen 1 Monat lang bebrütet werden. Die Küken schlüpfen nackt, mit geschlossenen Augen und weißem Flaum. Sie werden von beiden Erwachsenen gefüttert und verlassen das Nest in der Regel etwa 4 bis 5 Wochen nach dem Schlüpfen.
Aplomadofalken sind durch den Verlust ihres Lebensraums bedroht und es wird angenommen, dass vor allem die Zerstörung des Lebensraums zum (Beinahe-)Verschwinden der Art aus den USA geführt hat.
Nach Angaben von What Bird beträgt die Gesamtpopulation des Aplomadofalken 500.000 Individuen. Nach Angaben von All About Birds beläuft sich die weltweite Brutpopulation dieser Art auf 200.000 Individuen. Derzeit werden Aplomadofalken auf der Roten Liste der IUCN als nicht gefährdet (LC) eingestuft, aber ihre Zahl ist heute abnehmend.