Erdtenrek

Erdtenrek

Erdtanrek, Zwergtanrek, Großohr-tenrek

Reich
Stamm
Unterstamm
Klasse
Ordnung
Familie
Gattung
SPEZIES
Geogale aurita
Gewicht
5-8.5
0.2-0.3
goz
g oz 
Länge
90-105
3.5-4.1
mminch
mm inch 

Der Erdtenrek (Geogale aurita), auch Erdtanrek, Zwergtanrek oder Großohr-Tenrek genannt, ist eine Säugetierart aus der Familie der Tenreks (Tenrecidae). Er kommt im westlichen und südlichen Madagaskar vor und bewohnt trockene Wälder und offene Landschaften. Insgesamt ist er aber eher selten. Die Tiere zählen zu den kleinsten Tenreks überhaupt. Äußerlich ähneln sie den Kleintenreks, ihr auffälligstes Kennzeichen sind die großen, mäuseähnlichen Ohren. Das Fell weist verschiedene hellbraune Farbtöne auf, der Schwanz erreicht in etwa nur die Hälfte der Länge des restlichen Körpers.

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Die Lebensweise ist in einigen Aspekten relativ gut erforscht. Die Tiere sind bodenbewohnend und nachtaktiv. Sie gelten als extrem wechselwarm, die Körpertemperatur gleicht sich der Außentemperatur an, verbunden damit ist eine niedrige Stoffwechselrate. Vor allem in der Trockenzeit tritt eine tägliche Kältestarre (Torpor) auf. Die Nahrung besteht aus Wirbellosen wie Insekten. Die Länge der Tragzeit ist variabel und wird durch den niedrigen Stoffwechsel und die Außentemperatur beeinflusst. Ein Wurf umfasst eins bis fünf Neugeborene, die als Nesthocker zur Welt kommen.

Der Erdtenrek zählt nicht zu den bedrohten Tierarten. Die Beschreibung der Art erfolgte im Jahr 1872. Vor allem im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde sie häufig den Reistenreks zugeordnet, heute steht sie überwiegend in einer eigenen Unterfamilie (Geogalinae). Es sind mehrere subfossile Funde aus Madagaskar bekannt, in Ostafrika wurden auch einige Fossilreste geborgen, die in einer engeren Beziehung zum Erdtenrek stehen und in das Untere Miozän datieren.

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Aussehen

Der Erdtenrek zählt zu den kleinsten Vertretern der Tenreks überhaupt. Er erreicht eine Gesamtlänge von 9,0 bis 10,7 cm, die Kopf-Rumpf-Länge beträgt 6,1 bis 7,6 cm, die Schwanzlänge liegt bei 3,4 bis 4,1 cm. Das Körpergewicht variiert von 5,0 bis 8,5 g. Allgemein ähneln die Tiere im äußerlichen Erscheinungsbild den Kleintenreks (Microgale). Der Körper ist spindelförmig und die Schnauze vorn zugespitzt. Das auffälligste Kennzeichen sind die großen, mäuseähnlichen Ohren, die 15 bis 18 mm lang werden. Sie weisen eine bräunliche Farbe auf und sind beidseitig von einem sehr kurzen und feinen, zumeist grauen Fell bedeckt. Die sehr langen Vibrissen reichen schräg nach hinten bis zum Scheitel, ihre Grundfarbe besteht aus einem Braun. Sie treten an der Schnauze zahlreicher auf als am Unterkiefer. Das Körperfell ist weich, kurz und dicht. Die Farbgebung der Oberseite reicht von hellbraun bis zu hell rötlich braun. Die Unterseite ist zumeist cremig weiß getönt. Teilweise sind an den Seiten orangefarbene Flecken ausgebildet. Der Schwanz ist schuppig und mit feinen Haaren bedeckt. Die Gliedmaßen enden vorn und hinten in jeweils fünf Strahlen, die feingliedrig gebaut sind und kleine Krallen tragen. Der Hinterfuß ist im Verhältnis zur Kopf-Rumpf-Länge relativ klein, seine Länge beträgt nur 11 bis 12 mm. Weibchen verfügen über ein oder zwei Paare an Zitzen in der Brust-, maximal ein Paar in der Bauch- und zwei Paare in der Leistengegend.

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Der Schädel wird 19 bis 20 mm lang und am Hirnschädel 7,5 bis 8,0 mm breit. Er wirkt insgesamt langgestreckt, das Rostrum zieht kurz vor den Backenzähnen auffällig ein und ist schmal, der hintere Schädelbereich wirkt kurz und winklig. In der Seitenansicht verläuft die Stirnlinie gerade und gleichmäßig von vorn nach hinten ansteigend. Der Bereich hinter den Augen zeigt sich schmal und langgestreckt. Wie bei allen Tenreks fehlt ein geschlossener Jochbogen, der vordere Bogenansatz ist aber relativ breit. Am Hinterhaupt sind kräftige Muskelansatzmarken ausgebildet. Das Gebiss besteht aus insgesamt 34 Zähnen, was von den Kleintenreks und den Reiswühlern (Oryzorictes) abweicht. Die Zahnformel lautet:. Der jeweils erste Schneidezahn in der oberen und unteren Zahnreihe überragt den nachfolgenden und den Eckzahn deutlich. Im oberen Gebiss werden der erste und der zweite Schneidezahn durch ein kurzes Diastema getrennt. An den vorderen Zähnen bestehen an den Zahnkronen zusätzliche Höckerchen. Die beiden vorderen oberen Prämolaren (P2 und P3) und der erste untere sind sehr klein, am hinteren unteren ist ein deutlichen Protoconid ausgebildet. Die Molaren weisen ein zalambdodontes Kauflächenmuster auf, das aus drei Haupthöckern (Para-, Proto- und Metaconus; bezogen auf die Oberkiefermolare) in dreieckiger Anordnung besteht. Im Oberkiefer zeigen die ersten beiden Mahlzähne auffallende Verschmälerungen vorn und hinten. Diese zeichnen sich auch beim letzten ab, zusätzlich ist dieser aber noch seitlich gestreckt. Der dritte untere Molar besitzt nur ein kleines Talonid (ein tiefer liegender Vorsprung auf der Zahnoberfläche).

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Verteilung

Erdkunde

Kontinente
Länder
Biogeografische Bereiche

Der Erdtenrek ist endemisch in Madagaskar verbreitet, er kommt dort vor allem im südlichen und westlichen Landesteil vor. Die Anzahl der Fundstellen mit Nachweisen des Erdtenreks ist allerdings begrenzt, Felduntersuchungen seit den 1990er Jahren konnten ihn an etwas mehr als ein Dutzend Plätzen belegen, von denen sich der überwiegende Teil in der Provinz Toliara befindet. Eine bedeutende Fundlokalität im Westen stellt das Waldgebiet von Kirindy bei Morondava dar. Im Südwesten sind Tiere im Nationalpark Zombitse-Vohibasia, im Nationalpark Tsimanampetsotsa südlich von Toliara, im Naturreservat Beza Mahafaly und im Waldgebiet von Mikea beobachtet worden. Das Verbreitungsgebiet wird im Südosten durch die westlichen Ausläufer des Anosyenne-Gebirges begrenzt, im Westen reicht es nordwärts bis zum Fluss Tsiribihina. Die Art wurde im Jahr 2002 auch aus dem Nationalpark Ankarafantsika im Nordwesten von Madagaskar berichtet, doch scheint hier eine Verwechslung mit einem Jungtier des Kurzschwanz-Kleintenreks (Microgale brevicaudata) vorzuliegen. Der gesamte Westen und Süden Madagaskars ist durch ein sehr trockenes Klima teilweise mit jährlichen Niederschlägen von nur 400 bis 500 mm geprägt. Der Erdtenrek bewohnt hier Trockenwälder, Galeriewälder und offene Dornbuschlandschaften beziehungsweise Savannengebiete. Allgemein gilt die Art als selten. Mit am häufigsten ist sie noch aus Beza Mahafaly dokumentiert, wo Galeriewälder bestehend aus Tamarindenbäumen und Hülsenfrüchtlern dominieren.

Erdtenrek Lebensraum-Karte

Klimazonen

Erdtenrek Lebensraum-Karte
Erdtenrek
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Gewohnheiten und Lebensstil

Über die Lebensweise des Erdtenrek liegen nur in Einzelaspekten umfangreichere Daten vor. Er ist strikt nachtaktiv und lebt vorwiegend einzelgängerisch, allerdings wurden des Öfteren auch Männchen und Weibchen nah beieinander beobachtet. Die Ruhephasen verbringen die Tiere in unterirdischen Bauen im sandigen Untergrund, teilweise in der Nähe von toten Baumstämmen.

Fressverhalten und Ernährung

Bei der Nahrungssuche setzen die Tiere ihren guten Geruchssinn und das Gehör ein (der Gesichtssinn ist nur schwach entwickelt). Die großen Ohren bewegen sich bei der Suche nach Beute beständig hin und her. Die Hauptnahrung besteht aus Wirbellosen, häufig Heuschrecken und Termiten.

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Der Erdtenrek gilt als einer der wechselwärmsten Vertreter der Tenreks, die Körpertemperatur gleicht sich zu jeder Jahreszeit der Außentemperatur an. Bei variierenden Umgebungstemperaturen von 18 bis 27 °C beträgt die Körpertemperatur 20,8 bis 33,2 °C. Im oberen Bereich liegt die Körpertemperatur rund 4 °C unter der der Kleintenreks. Es gibt dabei keine Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Tieren, ebenso nicht zwischen trächtigen beziehungsweise milchgebenden Weibchen und solchen außerhalb der Reproduktionsphase, nur einzelne Individuen zeigen manchmal während des Austragens des Nachwuchses geringfügig höhere Körpertemperaturen. Verbunden damit ist eine niedrige Stoffwechselrate, die nur 53 % des Wertes erreicht, der für etwa gleichgroße Säugetiere zu erwarten wäre. Stärkere Schwankungen im Tages- oder Jahresverlauf treten nicht auf. Dies weicht von den Kleintenreks ab, die zumindest bei körperlichem Stress, etwa während der Fortpflanzungsphase einen erhöhten Metabolismus aufweisen. Der extrem niedrige Metabolismus beim Erdtenrek ist möglicherweise auf die termitenbasierende Ernährung und die sehr trockenen Klimaverhältnisse im Westen von Madagaskar zurückzuführen. Bei ungünstigen Umweltbedingungen wie während der Trockenzeit tritt eine tägliche Kältestarre (Torpor) ein.

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Paarungsgewohnheiten

Die Fortpflanzung ist aufgrund von Laboruntersuchungen in den späten 1980er Jahren gut dokumentiert. Sie erfolgt überwiegend vom späten September bis zum März. Charakteristisch beim Geschlechtsakt ist das Halten des geschwollenen Penis des Männchens nach erfolgter Befruchtung in der Vagina des Weibchens, was bis zu 21 Minuten anhalten kann. Die Tragzeit des Erdtenreks währt von 54 bis zu 69 Tagen, was etwa den anderen Tenreks entspricht, aufgrund der geringen Größe der Tiere aber außerordentlich lang ist. Die große Variation der Dauer der Tragzeit wird durch die Außentemperaturen und der damit einhergehenden Schwankung der Körpertemperatur sowie durch den niedrigen Stoffwechsel hervorgerufen. Die bei niedrigen Außentemperaturen einsetzenden Torporphasen bedingen eine jeweilige Unterbrechung der Embryonalentwicklung, was bisher nur von einigen Fledertieren wie der Zwergfledermaus bekannt war. Die Möglichkeit des Austragens von Nachwuchs bei schwankenden Körpertemperaturen und niedriger Stoffwechselrate minimiert zudem wahrscheinlich die Gesamtkosten der Reproduktion. Während der Tragzeit nimmt das Weibchen beträchtlich an Gewicht zu, ausgehend von einem Durchschnittsgewicht von 5,9 g erhöhte sich das Körpergewicht der trächtigen Tiere um rund 4,1 g, was etwa 68 % mehr an Körpermasse entspricht.

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Die Geburt des Nachwuchses findet zwischen November und März statt. Ein Wurf umfasst eins bis fünf Neugeborene, die als Nesthocker nackt sowie mit geschlossenen Augen und Ohren zur Welt kommen. Das durchschnittliche Geburtsgewicht eines Neugeborenen aus einem Wurf mit drei Jungen beträgt 0,83 g, bei einem Wurf fünf Jungen liegt es bei 0,63 g. Demnach sind die Nachkommen in größeren Würfen durchschnittlich leichter als die in kleineren. Die anfängliche Gewichtszunahme variiert von 0,05 bis 0,08 g, der Längenzuwachs schwankt von 0,7 bis 1 mm. Auch hier gibt es eine Abhängigkeit von der Wurfgröße, da Jungen aus kleineren Würfen schneller wachsen als solche aus größeren. Die Augen öffnen sich nach 21 bis 26 Tagen, selten kann dies bis zum 33. Tag andauern. Der Zeitpunkt der Entwöhnung ist nicht eindeutig bestimmbar, da die Jungen schon vorher anfangen, feste Nahrung zu sich zu nehmen. In der Regel werden 24 bis 51 Tage angenommen. Bemerkenswert ist, dass Muttertiere direkt nach der Geburt des Nachwuchses wieder in den Östrus eintreten und befruchtet werden können (Postpartum-Östrus), so dass sie während sie den Nachwuchs noch aufziehen und säugen einen weiteren austragen. Der Vorteil liegt in der höheren Reproduktionsrate und der optimalen Ausnutzung der guten Umweltbedingungen während der Fortpflanzungsphase. Die Lebenserwartung in freier Natur ist nicht bekannt, in menschlicher Obhut wurden Tiere bisher zweieinhalb Jahre alt.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Aufgrund der weiten Verbreitung und der angenommenen großen Population stuft die IUCN den Erdtenrek als „nicht bedroht“ (least concern) ein. Größere Gefährdungen für die lokalen Bestände bestehen in der Rodung der Wälder und Umwandlung der Flächen in landwirtschaftliches Nutzgebiet oder in der Entnahme von Bäumen für die Holzkohlegewinnung. Der Erdtenrek kommt in mehreren Schutzgebieten vor, so im Nationalpark Andohahela, im Nationalpark Zombitse-Vohibasia und im Nationalpark Tsimanampetsotsa. Auch ist sie in einigen privaten Schutzgebieten wie im Waldgebiet von Kirindy nachgewiesen.

Referenzen

1. Erdtenrek artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Erdtenrek
2. Erdtenrek auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/9048/97188944

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