Falsche gavial
Der Sunda-Gavial oder Falsche Gavial (Tomistoma schlegelii) ist die südostasiatische der beiden rezenten Arten der Gaviale (Gavialidae). Er stellt zudem die einzige rezente Art der Gattung Tomistoma.
Der Sunda-Gavial erreicht eine Länge von bis zu fünf Metern. Die Schnauze ist langgezogen und besitzt sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer zahlreiche schmale und spitze Zähne. Sein weitgehend hell- bis dunkelbrauner Körper ist durch dunklere Bänder und Flecken gezeichnet, die sowohl bei den Jungtieren als auch bei den Ausgewachsenen sehr deutlich erkennbar sind.
Sunda-Gaviale leben ausschließlich im Süßwasser in Seen, Flüssen und Sümpfen. Brackwasservorkommen sind nicht bekannt. Der Verbreitungsraum umfasst den Süden der Malaiischen Halbinsel sowie die Inseln Borneo, Sumatra und möglicherweise auch noch den äußersten Westen von Java. Subfossile Funde in Guangdong (Kwatung) in China lassen vermuten, dass sein Verbreitungsgebiet noch zu Beginn der Ming-Dynastie (1368) auch das südliche China umfasste.
Der Sunda-Gavial ist heute vom Aussterben bedroht. Die „Tomistoma Task Force“ der „IUCN/SSC Crocodile Specialist Group“ schätzt die Zahl der noch in Freiheit lebenden Sunda-Gaviale auf maximal 2.500 Tiere. Der Grund für die Bedrohung sind die Zerstörung der natürlichen Lebensräume durch Holzeinschlag und das Trockenlegen der Torfmoore, Fischfang und Wilderei.
Der Sunda-Gavial ist ein Solitär und kann zu jeder Tages- und Nachtzeit aktiv sein. Er verbringt die meiste Zeit untergetaucht in Schlammlöchern oder flachen Suhlen, wobei nur seine Augen und Nasenlöcher zu sehen sind. Das Eintauchen wird zwar nicht oft beobachtet, dient aber wahrscheinlich der Wärmeregulierung. Manchmal bewohnen sie auch Behausungen. Die Größe ihres Lebensraums und ihr Revierverhalten in freier Wildbahn sind nicht bekannt. In Gefangenschaft können viele Männchen und Weibchen in einem Gehege untergebracht werden, ohne dass es zu offensichtlichen Aggressionen kommt. Über Kommunikation zwischen Sunda-Gavialen in freier Wildbahn wurde nicht berichtet. Aus der Beobachtung des Paarungsverhaltens geht man davon aus, dass sie sich durch Sehen, Tasten und Riechen verständigen. Die meisten Krokodile verwenden eine Reihe von Rufen zur Kommunikation, aber diese wurden bei Sunda-Gavialen nicht beobachtet, und jegliches Paarungsverhalten wurde als stumm angesehen.
Sunda-Gaviale sind opportunistische Fleischfresser und schnappen sich manchmal Affen (wie krabbenfressende Makaken) von Flussufern, wobei sie ihr Opfer ertränken oder gegen ein Flussufer schlagen. Sie fressen auch Wildschweine, Mäusehirsche, Otter, Fische, Vögel, Schildkröten, Hunde, Schlangen, Warane, terrestrische und aquatische Wirbellose.
Sunda-Gaviale leben zurückgezogen und scheu vorwiegend in Torfmoorwäldern und bewohnen dort Flüsse, Seen und Teiche.
Dort ernähren sie sich vorwiegend von Fischen, aber auch kleinere Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere (z. B. Affen) gehören zum Nahrungsspektrum. Dort, wo sich Lebensraum bzw. Jagdreviere von Sunda-Gavialen und Menschen überschneiden, können ihnen auch Menschen zum Opfer fallen. So griff im Jahr 2008 in Zentral-Kalimantan ein vier Meter langes Weibchen einen Fischer an und fraß ihn. Dies war der erste verifizierte tödliche Angriff eines Sunda-Gavials auf einen Menschen. Bis Juni 2014 gab es mindestens drei weitere verifizierte tödliche Angriffe auf Menschen. Bedeutend gefährlicher ist jedoch das in der gleichen Region vorkommende Leistenkrokodil mit weit mehr als 100 Todesopfern von 2007 bis 2014.
Die Weibchen des Sunda-Gavials bauen zur Eiablage Hügelnester aus Pflanzenmaterial vorwiegend am Fuß von Urwaldbäumen. Die Brutdauer ist mit der anderer Krokodilarten vergleichbar und beträgt um die 90 Tage bei einer Bruttemperatur von ca. 31 Grad Celsius. Sunda-Gaviale legen die größten Eier aller Krokodile.
Die Zerstörung des Lebensraums durch den Bau von Staudämmen, die Abholzung von Wäldern und die Kanalisierung war die Hauptursache für den Rückgang dieser Art. Darüber hinaus hat die intensive Jagd in der Mitte des 20. Jahrhunderts in einigen Regionen, insbesondere in Sumatra, diese Art ebenfalls stark beeinträchtigt. Weitere Bedrohungen gehen von den Fischereipraktiken aus, bei denen sich Sunda-Gaviale in Netzen verfangen oder durch die zum Töten von Fischen verwendeten Gifte vergiftet werden können. Außerdem konkurrieren sie mit den lokalen Fischern um dieselbe Nahrungsquelle.
Laut der Roten Liste der IUCN liegt die Gesamtgröße des Sunda-Gavials bei etwa 2.500-10.000 geschlechtsreifen Individuen. Derzeit wird diese Art als Gefährdet (VU) eingestuft und ihr Bestand ist heute abnehmend.