Das Wüstenwarzenschwein (Phacochoerus aethiopicus) ist eine Säugetierart aus der Familie der Echten Schweine (Suidae). Es ist eng mit dem (Eigentlichen) Warzenschwein verwandt und wird manchmal in der gleichen Art geführt.
Wüstenwarzenschweine sind wie die Eigentlichen Warzenschweine durch den bizarr wirkenden Kopf charakterisiert. Sie haben wie diese sechs paarig angeordnete Warzen am Kopf, die vor allem bei den Männchen ausgeprägt sind. Die oberen Eckzähne sind stark verlängert und gebogen; diese Hauer werden bis zu 60 Zentimeter lang, die unteren Eckzähne sind kleiner, aber schärfer. Von den Eigentlichen Warzenschweinen unterscheiden sie sich in Details des Baus des Schädels und der Zähne, auch ist ihr Körper etwas kleiner. Über die Lebensweise der Wüstenwarzenschweine ist kaum etwas bekannt; vermutlich stimmt sie mit der der Eigentlichen Warzenschweine überein.
Es gab zwei Populationen in getrennten Verbreitungsgebieten: eine im südlichen und eine im östlichen Afrika.
Die südliche Unterart (Phacochoerus aethiopicus aethiopicus) ist ausgestorben. Sie war auf Südafrika beschränkt und kam nur in der Kapprovinz und in der Provinz Freistaat vor. Durch intensive Bejagung wurden die Bestände im 18. und 19. Jahrhundert stark dezimiert, durch den Ausbruch der Rinderpest sind die verbliebenen Tiere um das Jahr 1900 dahingerafft worden.
Die nördliche Unterart (Phacochoerus aethiopicus delamerei) ist im südöstlichen Äthiopien, dem nordöstlichen Kenia und in Somalia beheimatet. Diese Unterart wird von der IUCN als nicht gefährdet geführt (least concern).
Wüstenwarzenschweine sind gedrungen gebaute Tiere, wobei die Männchen größer sind als die Weibchen. Sie haben einen eher abgeflachten Kopf mit ausgeprägten paarigen Ausstülpungen im Gesicht ("Warzen") und großen gebogenen Eckzähnen, die als Stoßzähne hervorstehen. Sie sind bei den Männchen größer als bei den Weibchen. Ihr Körper ist spärlich mit borstigen Haaren bedeckt und ein dichterer Bereich von Haaren verläuft entlang der Wirbelsäule und bildet einen Kamm. Der Schwanz ist lang und dünn und wird von einem kleinen Pinsel aus grobem Haar gekrönt. Wüstenwarzenschweine sind im Allgemeinen mittel- bis dunkelbraun gefärbt, aber der Kamm ist manchmal weißlich.
Wüstenwarzenschweine sind in Nordostafrika beheimatet. Ihr derzeitiges Verbreitungsgebiet erstreckt sich vom südöstlichen Äthiopien über das westliche Somalia bis nach Ost- und Zentralkenia. Wüstenwarzenschweine bewohnen offene, trockene Landschaften, darunter dünne Wälder mit vereinzelten Bäumen, xerophytisches Buschland und sandige Ebenen, aber keine Hochlandgebiete. Sie benötigen regelmäßigen Zugang zu Wasserlöchern und können daher in der Nähe von Dörfern und an Orten vorkommen, an denen in ansonsten trockenen Gebieten Wasser an die Oberfläche dringt.
Wüstenwarzenschweine sind tagaktive Tiere, die in sozialen Gruppen leben, die "Sondierer" genannt werden. Diese Gruppen bestehen zumeist aus Weibchen und ihrem Nachwuchs; Männchen leben eher zurückgezogen oder bilden Junggesellengruppen. Ein Warzenschwein bewohnt einen Lebensraum von etwa 10 Quadratkilometern (3,9 sq mi), der sich normalerweise um ein Wasserloch dreht. Diese Warzenschweine graben eine Reihe von Behausungen oder übernehmen Löcher, die von anderen Tieren gegraben wurden, und ziehen von einer zur anderen. Wenn sich die Reviere von zwei verschiedenen Gruppen überschneiden, kann es vorkommen, dass beide Gruppen dieselbe Behausung zu unterschiedlichen Zeiten nutzen. Die Gruppen interagieren nicht in großem Umfang. Wüstenwarzenschweine haben spezielle Warngrunzer, die den Rest der Gruppe auf Gefahren aufmerksam machen. Sie können zunächst erstarren, verlassen sich dann aber auf ihre Geschwindigkeit, um zu entkommen. Sie können kurze Strecken mit 55 km/h (34 mph) zurücklegen, wenn sie sich in eine ihrer Behausungen flüchten. Die Jungtiere stürzen sich mit dem Kopf voran in die Höhle, aber die älteren Tiere kehren die Richtung um und ziehen sich zurück, damit sie sich mit ihren Stoßzähnen verteidigen können.
Wüstenwarzenschweine sind hauptsächlich Pflanzenfresser (Blattfresser), aber auch Aasfresser. Sie ernähren sich von Gräsern, Blattpflanzen, Blumen und Früchten. Sie graben Rhizome, essbare Knollen und Zwiebeln mit ihren Rüsseln und Stoßzähnen aus und fressen Insekten, wenn die Nahrung knapp ist, und sogar Aas. Wüstenwarzenschweine fressen manchmal Dung, auch ihren eigenen, und reißen Rinde von Bäumen ab.
Wüstenwarzenschweine haben ein polygynes (promiskuitives) Paarungssystem und sowohl Männchen als auch Weibchen haben während der Brutzeit mehrere Partner. Diese Tiere brüten am Ende der Regenzeit zwischen März und Mai. Die Trächtigkeit dauert etwa 170 Tage und ein Wurf von normalerweise 2 oder 3 Ferkeln wird in einer der Behausungen geboren. Die Jungtiere kommen im Alter von etwa 3 Wochen für kurze Zeit aus der Behausung heraus und folgen ihrer Mutter, wenn sie größer werden. Sie werden mit 3 oder mehr Monaten entwöhnt, bleiben aber noch einige Monate lang von ihrer Mutter abhängig. Die Männchen spielen in der Regel keine große Rolle bei der Aufzucht, da sie die Gruppe nach der Brutzeit verlassen. Die Weibchen bieten ihren Ferkeln sowohl Nahrung als auch Schutz, indem sie ihnen beibringen, wie man Prädatoren vermeidet und wie man auf Nahrungssuche geht. Wüstenwarzenschweine werden im Alter von einem bis eineinhalb Jahren fortpflanzungsfähig.
Wüstenwarzenschweine sind durch den Verlust ihres Lebensraums durch Degradierung und Fragmentierung sowie durch die Jagd bedroht. Die größeren Stoßzähne werden in Somalia als Souvenirs gehandelt und manchmal exportiert. Diese Tiere konkurrieren auch an den Wasserlöchern und beim Weidegang mit dem Hausvieh. Wüstenwarzenschweine leiden auch unter klimatischen Bedingungen wie Dürren, starken Regenfällen, niedrigen Temperaturen, Krankheiten und Prädatoren.
Nach Angaben der IUCN ist das Wüstenwarzenschwein in seinem gesamten Verbreitungsgebiet lokal häufig und weit verbreitet, aber es liegt keine Gesamtpopulationsschätzung vor. Derzeit wird diese Art auf der Roten Liste der IUCN als nicht gefährdet (LC) eingestuft, aber ihr Bestand ist heute abnehmend.
Aufgrund ihres Futtersuchverhaltens und des Verzehrs großer Mengen an Gras, Blättern und Blumen können Wüstenwarzenschweine die Pflanzengemeinschaften in ihrem Verbreitungsgebiet beeinflussen. Sie sind auch Beute für lokale Prädatoren wie Löwen, Leoparden, Geparden und Streifenhyänen.
