Blutspecht
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SPEZIES
Dendrocopos syriacus

Der Blutspecht (Dendrocopos syriacus) gehört zur Unterfamilie der Echten Spechte (Picinae). Er ist sehr nahe mit dem Großen Buntspecht (Dendrocopos major) verwandt, mit dem er gelegentlich auch sympatrisch vorkommt und hybridisiert. Ursprünglich nur im Nahen und in den westlichsten Randbereichen des Mittleren Ostens verbreitet, dehnte die Art gegen Ende des 19. Jahrhunderts ihr Brutareal über den Balkan bis ins östliche und nordöstliche Mitteleuropa aus. Während die Nord- und Westausbreitung weitgehend zum Stillstand gekommen ist, hält die Arealausweitung in Richtung Osten unvermindert an.

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Vom sehr ähnlichen Buntspecht unterscheidet er sich durch die mehr rosaroten Farbtöne im Steißbereich und durch das Fehlen des geschlossenen Zügelbandes zum Nacken hin.

Der Blutspecht ist unter den europäischen Spechten der ausgeprägteste Kulturfolger. Er besiedelt bevorzugt siedlungsnahe Regionen, häufig Gärten, Parks, Obstgärten und Plantagen, Friedhöfe oder andere vom Menschen umgestaltete Landschaften. Er ernährt sich zu fast gleichen Teilen von Früchten, Nüssen und Kernen sowie von Wirbellosen, vornehmlich von Insekten. Er gehört zu den Spechten mit dem größten vegetarischen Nahrungsanteil. Er ist weitgehend Standvogel.

Obwohl einige Färbungsvarianten beschrieben wurden, werden keine Unterarten anerkannt. Die Art gilt zurzeit als nicht gefährdet.

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Aussehen

Der überwiegend schwarz-weiß kontrastierende Gesamteindruck des Blutspechts ist typisch für die Gattung der Buntspechte. Er ist dem bekanntesten Vertreter dieser Gattung, dem Buntspecht (Dendrocopos major), sehr ähnlich. Bei beiden Geschlechtern des Blutspechtes sind in die mattschwarze Oberseite große weiße Schulterflächen eingelassen. Brust, Bauch und Flanken sind schmutzig weiß-gelblich, die Flanken sind undeutlich dunkel längsgestrichelt. Die schwarzen Handschwingen sind deutlich weiß gebändert, wobei das oberste weiße Flügelband meist mit den Schulterflecken verbunden ist. Der Stützschwanz ist schwarz, die äußeren Schwanzfedern weisen eine weiße, individuell variierende Bänderung auf. Wangen und seitliche Halsteile sind weiß mit leichtem gelblichen Anflug; begrenzt werden diese hellen Gefiederteile des Kopfes durch ein deutliches schwarzes Zügelband und einen schwarzen Bartstreif, sowie scheitelwärts durch eine schwarze Kopfplatte, die sich beim Weibchen über den Nacken zum schwarzen Rückengefieder fortsetzt, beim Männchen jedoch durch ein deutliches, ziegelrotes Nackenabzeichen unterbrochen ist. Das Zügelband hat keine Verbindung zum schwarzen Nackengefieder. Die Stirn ist bei beiden Geschlechtern weiß, oft rein weiß, zuweilen jedoch auch leicht gelblich. Die Augen sind schwarz, der Schnabel ist hellgrau. Der Steiß und die Unterschwanzdecken sind rosarot.

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Weibchen unterscheiden sich von den Männchen durch das Fehlen der roten Nackenfärbung und durch einen etwas matteren Färbungston. In Gewicht und Größe sind die beiden Geschlechter identisch.Das Jugendgefieder ist matter und struppiger, die einzelnen Gefiederpartien sind farblich weniger scharf voneinander abgegrenzt. Beide Geschlechter tragen im Jugendkleid eine rote Kopfplatte, während der Nackenabschnitt auch beim Männchen schwarz ist. Vor allem die Flanken sind recht deutlich längsgestrichelt, häufig sind bei jungen männlichen Blutspechten zerstreute rote Sprenkel auf der Brust erkennbar.

Mit etwa 23 Zentimetern Körperlänge zählt der Blutspecht zu den mittelgroßen Spechten. Er ist ebenso groß wie ein Buntspecht. Die Spannweite misst zwischen 34 und 39 Zentimeter. Im Mittel wiegen adulte Blutspechte um die 80 Gramm.

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Verteilung

Erdkunde

Die Verbreitung der Art beschränkt sich auf ein vergleichsweise kleines zentral- und westpaläarktisches Gebiet, das vom Südosten des Irans, Teilen des Iraks, Syriens, Libanons und Israels über die Türkei nordwärts bis ins nordöstliche Mitteleuropa reicht. Ein vom geschlossenen Brutgebiet weitgehend isoliertes Vorkommen im Südosten des Irans, nahe der Grenze zu Pakistan, berührt die orientalische Faunenregion. Zum ursprünglichen Verbreitungsgebiet dürften auch die Brutgebiete in den Kaukasusstaaten zählen. Außer auf Thassos, Samothrake und Limnos scheint die Art auf keiner anderen Mittelmeerinsel zu brüten.

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In Europa sind weite Teile der Balkanhalbinsel, Ungarns und der Slowakei sowie die östliche Hälfte Sloweniens, Ostösterreich, Ost- und Zentraltschechien, Süd- und Mittelpolen sowie einige südliche Gebiete von Belarus von dieser Art besiedelt. Auch in weiten Teilen der Ukraine und in Moldawien ist dieser Specht Brutvogel. Ob Brutvorkommen auf der Krim bestehen, ist bislang nicht bestätigt.

In Deutschland gab es einige Brutzeitbeobachtungen, so 1982 bei Köthen, ein Brutnachweis wurde noch nicht erbracht. Die nächstgelegenen Brutplätze in Tschechien liegen jedoch weniger als 50 Kilometer vom deutschen Staatsgebiet entfernt.Am 28. Januar 2016 meldete der Bayrische Rundfunk, dass in Kronach ein Blutspecht in einem Privatgarten beobachtet worden sei.

Der Blutspecht bewohnt in seinen Herkunftsregionen schüttere, montane Eichenwälder und lockere Bachufergehölze aus Pappeln, Weiden, Orientalischen Platanen und Nussbäumen. Er meidet sowohl offene Wacholder- und Kiefernwälder als auch geschlossene Laub- und Nadelwälder. Schon in seinem Ursprungsgebiet kam und kommt er in Kulturlandschaften wie Obstgärten, Parks, Friedhöfen oder Weingärten vor. Diese Disposition, vom Menschen gestaltete Räume zu besiedeln, ermöglichte es der Art offenbar, in eine von anderen Spechten noch nicht vollständig genutzte Nische vorzudringen. In seinen Expansionsgebieten besiedelt der Blutspecht fast ausschließlich von Menschen geformte Landschaftsstrukturen wie Obstgärten, Parkanlagen, Friedhöfe, Siedlungsränder, kleine Baumgruppen und Alleen. Seine Reviere erstrecken sich oft über einige Gärten, zwischen denen für ihn unnutzbares Gebiet liegen kann. Sehr häufig besucht er Obstplantagen oder brütet in ihnen. Bevorzugt werden solche mit Steinobst wie Aprikosen, Kirschen oder Pflaumen, häufig ist er auch in Maulbeer-, Walnuss- oder Mandelbäumen zu sehen. Von allen Spechten Europas ist er der am stärksten ausgeprägte Kulturfolger.

In Europa kommt der Blutspecht hauptsächlich in niederen Höhenlagen bis zu 400 Metern vor. Vereinzelt wurden Bruten aus höheren Lagen gemeldet, so aus der Slowakei und aus Bulgarien (800 Meter über NHN, beziehungsweise 1.000 Meter über NHN). In seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet im Iran bestehen Brutvorkommen über 2.000 Meter, doch reichen dauernde Besiedelung und Bewirtschaftung in dieser Region ebenfalls in diese Höhen. In vielen tiefgelegenen Sekundärhabitaten kommt der Blutspecht sympatrisch mit dem Buntspecht vor.

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Blutspecht Lebensraum-Karte
Blutspecht Lebensraum-Karte
Blutspecht
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Gewohnheiten und Lebensstil

Wie alle Spechte ist der Blutspecht tagaktiv; die Aktivitätsspanne reicht saisonal wenig schwankend von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Innerhalb dieser Spanne liegen die Aktivitätsgipfel am frühen Vormittag und am späteren Nachmittag. Um die Mittagszeit legt die Art eine ausgedehnte Ruhe- und Putzphase ein, während der, zumindest gelegentlich, auch die Schlafhöhle aufgesucht werden kann. Schlechtwetter kann die Aktivitätszeit verkürzen. Zum Schlafen suchen Blutspechte Höhlen auf, beim Ruhen während der Mittagsstunden klammern sie sich an einen vertikalen Stamm, wobei der Kopf leicht eingezogen und das Gefieder gesträubt ist. Beim Schlafen ist der Kopf unter den rechten Flügel gesteckt.Vor allem während der Mittagsstunden putzen und pflegen Blutspechte ausgiebig ihr Gefieder; dabei werden die einzelnen Federn des Großgefieders zur Spitze hin beknabbert und mehrmals durch den Schnabel gezogen; beim Kratzen wird der Kopf an den sich rhythmisch bewegenden Fuß herangeführt und so gedreht, dass die gewünschte Stelle erreicht wird. Dadurch nicht erreichbare Stellen können auch an einer Unterlage gerieben werden. Beim Baden wird das Gefieder weitgehend durchnässt und anschließend mit leicht hängenden Flügeln getrocknet; auch Sonnenbaden mit weit gesträubtem Gefieder wurde mehrmals beschrieben.

Lebensstil
Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Der Blutspecht nimmt etwa zu gleichen Teilen vegetabile und animalische Kost zu sich, wobei sich die Anteile jahreszeitlich etwas verschieben können. Damit unterscheidet sich die Nahrungszusammensetzung dieser Art von allen anderen europäischen Spechtarten, die zwar ebenfalls pflanzliche Kost verzehren, jedoch nicht in diesem Ausmaß und nicht relativ gleichmäßig über das gesamte Jahr verteilt. Lediglich beim Buntspecht können Vegetabilien saisonal einen ähnlich hohen Anteil erreichen. Auch die Jungen des Blutspechtes werden zu einem relativ hohen Anteil mit pflanzlicher Kost versorgt. Der Blutspecht bevorzugt reifes Steinobst wie Kirschen, Aprikosen, Pfirsiche und Pflaumen; aber auch Äpfel, Birnen, viele Beerenarten, die Früchte des Maulbeerbaumes sowie Weintrauben, Feigen und Oliven werden häufig verzehrt. Im Herbst und Winter können Haselnüsse, Walnüsse sowie Pistazien, Mandeln und Pinienkerne zur Hauptnahrung werden.Bei größeren Steinfrüchten nutzt der Blutspecht nicht nur das Fruchtfleisch, sondern auch den im Stein enthaltenen Samen. Auch Sonnenblumensamen und Kürbiskerne zählen zu den vegetarischen Nahrungsbestandteilen dieser Art. Ebenso werden vor allem im Frühjahr Baumsäfte, insbesondere die von Ahornarten, Kiefern und Pinien, aufgenommen.

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Der animalische Nahrungsanteil unterscheidet sich nicht wesentlich von dem des Buntspechtes. Dabei überwiegen an der Oberfläche lebende Insektenarten und deren Entwicklungsstadien deutlich jene, die im morschen Holz oder unter der Baumrinde vorkommen. Käfer, zum Beispiel Maikäfer, Schmetterlinge und Schmetterlingsraupen, Motten, Ameisen, Grillen, Wespen und Fliegen bilden den überwiegenden Anteil der animalischen Kost. Tausendfüßer, Spinnen, verschiedene Pflanzenläuse, Würmer und Schnecken gehören ebenfalls zum Nahrungsspektrum der Art.

Der Blutspecht ähnelt im Nahrungserwerb dem Buntspecht, doch sind seine Verhaltensweisen in einigen Aspekten weniger entwickelt als die seines nahen Verwandten. Blutspechte scheinen keine echten Schmieden zu verwenden, auch das Ringeln safttreibender Bäume ist bisher nicht beobachtet worden, obwohl Säfte, die aus Rindenverletzungen oder durch Ringelaktivitäten anderer Spechte austreten, ausgebeutet werden.

Der Blutspecht sucht seine Nahrung sowohl am Boden als auch in allen Stamm- und Astregionen bis in den Wipfelbereich hoher Bäume. Niedrigere Stammbereiche und starke Äste werden jedoch bevorzugt. Die tierischen Nahrungsanteile werden vor allem durch Absammeln der Beutetiere auf Stamm- und Astoberflächen sowie durch systematisches Stochern gewonnen; das Hacken ist wenig tiefgreifend; meist werden dadurch nur Rindenteile entfernt oder die äußerste Splintschicht bis zu wenig mehr als einem Zentimeter bearbeitet. Bei der Nahrungssuche im Stamm und Astbereich hüpft der Blutspecht beidbeinig stammauf und stammab. Relativ häufig erbeuten Blutspechte durch kurze Ausfallflüge auch Fluginsekten. Zwischen den Nahrungsrevieren kann die Art während des täglichen Nahrungserwerbs beträchtliche Flugdistanzen zurücklegen. Die Früchte- und Nussnahrung wird sowohl direkt von den fruchttragenden Bäumen und Sträuchern als auch auf dem Boden gesammelt. Um Nüsse oder Steinobstkerne zu öffnen, benutzt der Blutspecht Spalten in grobborkigen Bäumen oder Ritzen in Gemäuern, in denen er die Nahrungsobjekte festklemmt. Ein Anpassen solcher Schmieden auf die Größe des zu fixierenden Objekts wurde bislang nicht festgestellt.Gelegentlich wurden Blutspechte beim Anlegen von Nahrungsdepots beobachtet; ob dieses Verhalten bei Nahrungsüberschuss regelmäßig praktiziert wird, ist jedoch noch unklar.

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Paarungsgewohnheiten

Blutspechte werden am Ende des ersten Lebensjahres geschlechtsreif; sie führen eine monogame Brutsaisonehe. Die Paarbindung wird nach der Brutzeit lockerer, Brutpaare verbleiben aber häufig auch gemeinsam im Winterrevier. Die Wiederverpaarung letztjähriger Brutpartner scheint häufig zu sein. Die Balz beginnt mit lauten Rufreihen, Verfolgungsflügen und Höhlenzeigen Anfang März und erreicht in den letzten Märztagen und Anfang April ihren Höhepunkt. Mit Beginn des Höhlenbaus ist die Paarbildung abgeschlossen.

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Die Eiablage kann bereits Mitte März beginnen, in den iranischen Verbreitungsgebieten sogar noch etwas früher. Der Brutgipfel liegt jedoch in der Mitte des Aprils, Spätbruten reichen bis Ende Mai oder Anfang Juni. Nur nach frühem Gelegeverlust oder durch massive Störung am Nistplatz erfolgte Brutaufgabe kommt es zu einem Zweitgelege. Das Gelege besteht aus 3 bis 7, in der Regel 4 bis 5 glänzend reinweißen, elliptischen Eiern mit einer durchschnittlichen Größe von 25 × 20 Millimetern. Sie sind somit geringfügig kleiner als die des Großen Buntspechtes, von denen sie sonst nicht unterscheidbar sind.

Der Legeabstand beträgt einen Tag, fest wird erst das vollständige Gelege bebrütet. Beide Partner brüten, das Männchen allerdings etwas häufiger und immer während der Nacht. Nach nur durchschnittlich 10 Tagen schlüpfen die Küken, die nach 24 Tagen die Nisthöhle verlassen. Beide Eltern füttern und hudern während der gesamten Nestlingszeit. Nach dem Ausfliegen werden die Jungvögel schnell von der Bruthöhle weggelockt, jedoch noch mindestens 14 Tage von beiden Eltern gefüttert und betreut.

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POPULATION

Populationszahl

Über die Bestandssituation der Art in den Verbreitungsgebieten im Nahen und Mittleren Osten sind keine genauen Angaben bekannt. Das im 20. Jahrhundert besiedelte Areal in Europa nimmt mittlerweile etwa 50 Prozent des Gesamtbrutgebietes der Art ein. Der Gesamtbestand in Europa wird auf mehr als 530.000 Brutpaare geschätzt. Die europäische Bestandstendenz scheint leicht negativ zu sein, wofür vor allem Rückgänge in den Schlüsselverbreitungsgebieten in Rumänien und vor allem in der Türkei sowie die insgesamt verlangsamte, beziehungsweise zum Stillstand gekommene Ausbreitungswelle verantwortlich sind. In den meisten europäischen Staaten sind die Bestände jedoch stabil oder nehmen noch leicht zu. Im Nordosten und Osten (Polen, Weißrussland und Ukraine) sind noch starke Zuwachsraten zu verzeichnen. In Deutschland und der Schweiz brütet der Blutspecht nicht, in Ost- und Südostösterreich wird der Brutbestand auf etwa 3.000 Paare geschätzt. Insgesamt wird die Bestandssituation der Art als gesichert und stabil angesehen.

Referenzen

1. Blutspecht artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Blutspecht
2. Blutspecht auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22681127/87321554
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/705655

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