Schwarzstirnducker
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Cephalophus nigrifons

Der Schwarzstirnducker (Cephalophus nigrifrons) ist eine Art der Ducker aus dem zentralen Afrika. Er bewohnt den Großteil des Kongobeckens und kommt im Osten bis zu den Virunga-Vulkanen vor, wo er auch in sehr großen Höhen anzutreffen ist. Charakteristisch sind die rote Fellfärbung und die dunkle Gesichtszeichnung. Die Art bewohnt sumpfige bis feuchte Wälder und lebt einzelgängerisch. Die Nahrung besteht überwiegend aus Früchten und Blättern, nur in den Hochlagen verzehren die Tiere häufiger auch Gräser, Moose und Flechten. Innerhalb der Ducker wird der Schwarzstirnducker zur Gruppe der ostafrikanischen Rotducker gestellt, genetischen Untersuchungen zufolge ist er mit dem Rotflankenducker näher verwandt. Die Erstbeschreibung der Art erfolgte 1871. Der Bestand wird momentan als nicht gefährdet eingestuft.

Aussehen

Der Schwarzstirnducker ist ein mittelgroßer Vertreter der Ducker, etwa vergleichbar zu anderen Rotduckern, aber mit verhältnismäßig langen Beinen ausgestattet. Seine Kopf-Rumpf-Länge beträgt 85 bis 107 cm, der Schwanz wird nur 10 bis 16 cm lang. Die Schulterhöhe liegt bei 53,5 bis 57,8 cm, während das Gewicht von 13 bis 16 kg variiert. Ein ausgesprochener Geschlechtsdimorphismus ist nicht ausgeprägt, weibliche Tiere wiegen durchschnittlich 14,0 kg, männliche 13,8 kg. Die Grundfarbe des dichten Fells umfasst ein tiefes, glänzendes Kastanien- oder Fuchsbraun, wobei Einzelhaare eine braune Basis und eine rötliche Spitze haben. Die Körperseiten hellen etwas auf, manchmal sind die Schultern etwas dunkler. Ein schwarzer Mittelstreifen auf dem Rücken ist nicht ausgebildet, dafür tritt auf der Brust ein dunkler Fleck oder Streifen auf. Der Schwanz ist von gleicher Farbe wie der Rumpf, hat aber teilweise eine weißliche Unterseite. Er endet in einem schwarzen Haarbüschel durchsetzt mit weißlichen Haaren. Die Gliedmaßen sind dunkler und werden zu den Hufen hin nahezu schwarz. Bei den Populationen im westlichen Verbreitungsgebiet zeichnet sich die schwarze Kolorierung nur an den Vorder- und Hinterfüßen ab, bei denen im östlichen umfasst sie häufig dagegen die gesamten Beine. Auffallend sind die langen und dünnen Hufe, die Hinterfußlänge schwankt von 28,1 bis 31,0 cm. Allgemein erscheint der Kopf ebenfalls rötlichbraun. Namengebend ist die schwarze bis dunkelrote Zeichnung, die sich von der Nase bis zur Stirn zieht und sich hinter den Augen verbreitert; teilweise wird sie seitlich von je einem rotbraunen Streifen flankiert. Das Kinn hebt sich weiterhin durch eine helle rötliche Färbung ab. Die Ohren sind ebenfalls schwärzlich, haben aber einen weißen Fleck auf der Innenseite. Ihre Länge variiert von 8,6 bis 9,5 cm. Zwischen den Ohren wächst ein langes, dunkel gefärbtes Haarbüschel. Die Hörner bestehen nur aus kurzen Spießen, die schräg nach hinten verlaufen. Sie werden bei Männchen 6,5 bis 9,5 cm (mit einer Rekordlänge von 11,5 cm) und bei Weibchen 1,3 bis 5,2 cm lang.

Verteilung

Erdkunde

Das Verbreitungsgebiet des Schwarzstirnduckers umfasst das Kongobecken in Zentralafrika. Er kommt im Norden vom Nigerdelta im südöstlichen Nigeria, wo die Duckerart erst im Jahr 2002 nachgewiesen wurde, und dem südlichen Kamerun etwa südlich des Sanaga quer durch das gesamte Becken bis nach Angola im Süden und zu den Virunga-Vulkanen zwischen Uganda und Ruanda im Osten vor. Der Lebensraum besteht in den Tiefländern aus sumpfigen Wäldern und Marschgebieten beziehungsweise Uferwäldern. Die Art dehnt dadurch ihr Vorkommen regelmäßig in der Regenzeit aus, wenn trockene Waldbereiche geflutet werden. Im Okapi-Wildtierreservat des Ituri forest im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo ist der Schwarzstirnducker in Wäldern, die von Gilbertiodendron im Süden und Westen des Schutzgebiets dominiert werden, anzutreffen. Ebenso tritt er in gemischten Wäldern mit Cynometra- und Julbernardia-Pflanzengemeinschaften im Zentrum und Norden auf. Die Populationsdichte ist in beiden Bereichen etwa gleichmäßig verteilt und variiert zwischen 1,1 und 3,0 Tieren je Quadratkilometer (durchschnittlich 1,3 im ersten und 2,0 im letzten Landschaftstyp). In den Gebirgen im östlichen Verbreitungsgebiet steigt der Schwarzstirnducker auf bis zu 3700 m Höhe über den Meeresspiegel auf. Insgesamt bevorzugen die Tiere hier häufig Wälder mit offenem Unterstand aber reichhaltigem Bewuchs an krautigen Pflanzen, eine Anpassung an sehr feuchten Untergrund besteht in den Hochgebirgslagen aber nicht. Im Vulkan-Nationalpark der Virunga-Vulkane reicht die Populationsdichte von etwa 4,7 Individuen je Quadratkilometer in den tiefer gelegenen, mit Bambus bewachsenen Regionen unter 3000 Höhenmetern bis hin zu 11,0 bis 21,6 Tieren je Quadratkilometer in den verschiedenen Wald- und Wiesenlandschaften zwischen 3200 und 3500 Höhenmetern, während sie in den noch höheren Lagen der alpinen Stufe der Tropengebiete wieder auf 7,1 Individuen auf einer vergleichbar großen Fläche zurückgeht. Im Bwindi Impenetrable National Park im südwestlichen Uganda zählt der Schwarzstirnducker zu den am häufigsten beobachteten Huftieren, hier hält er sich bevorzugt in durchschnittlich 2150 m Höhe auf.

Schwarzstirnducker Lebensraum-Karte
Schwarzstirnducker Lebensraum-Karte
Schwarzstirnducker
Public Domain Dedication (CC0)

Gewohnheiten und Lebensstil

Der Schwarzstirnducker ist tagaktiv und einzelgängerisch, gelegentliche Sichtungen von Paaren gehen auf Mutter-Jungtier-Gruppen oder Begegnungen von Männchen und Weibchen zurück, letztere könnten aber auch auf stabile Paarbildungen hinweisen. Häufig begibt sich der Schwarzstirnducker am Tage zum Fressen in die Sümpfe und kehrt in der Nacht in die dichten Wälder zurück. Mit seinen langen Hufen ist er gut an das feuchte bis sumpfige Habitat angepasst, zudem gilt er als guter Schwimmer und überquert so Flüsse und andere Wasserflächen. Die Tiere leben territorial und markieren ihre Reviere mit Hilfe von Sekreten aus den Voraugendrüsen, zum Teil setzen sie auch Dunghaufen an die Grenzen. Sie nutzen innerhalb ihrer Reviere Pfade durch dichte Vegetation. Beim Laufen schnippt der Schwanz regelmäßig hoch und zeigt die weiße Unterseite. Gelegentliche Kämpfe werden durch sich wiederholendes Kopframmen ähnlich den Ziegen ausgefochten und enden in der Flucht ins Gebüsch. Häufig wird dabei ein Klopfgeräusch erzeugt, wobei unklar ist, ob es sich tatsächlich um eine Vokalisierung handelt oder ob es auf andere Weise entsteht. Ein weiterer Laut stellt ein Pfeifen dar, das auch als Alarmsignal dient.

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Zu den bedeutendsten Fressfeinden zählt der Leopard. Allerdings stellt der Schwarzstirnducker im Ituri forest nur 1,7 % Nahrungsanteil in analysierten Kotresten der Raubkatze. Dies ist der niedrigste Nachweis von allen dort lebenden Vertretern der Ducker, bezogen auf die relative Häufigkeit in der Region, und um die Hälfte weniger als zu erwarten wäre. Bei gleichzeitig vorgenommenen Analysen von Fäzes der Afrikanischen Goldkatze konnte die Duckerart überhaupt nicht belegt werden. Möglicherweise entgeht der Schwarzstirnducker einer stärkeren Bejagung durch seine Bevorzugung von sumpfigem Gelände. Zum Abwehrverhalten gehören Starre, teilweise auch mitten im Schritt, auf den Boden legen oder wegschleichen in dichtes Gebüsch, sofern der Beutegreifer das Tier nicht bemerkt hat. Bei unmittelbarer Gefahr flieht der Schwarzstirnducker mit gesenktem Kopf und oft im Zick-Zack durch die Vegetation und stößt pfeifende Warnrufe aus.

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Lebensstil

Fressverhalten und Ernährung

Die Nahrung basiert prinzipiell auf weicher Pflanzenkost, variiert aber je nach Region in ihrer Zusammensetzung. Im Ituri forest besteht sie laut Untersuchungen von Mageninhalten zu 29 % aus Blättern von krautigen Pflanzen, der Rest umfasst Früchte, Samen, Blüten und Pilze, wobei die Früchte eher faserig sind wie die von Ricinodendron aus der Gruppe der Wolfsmilchgewächse. Der Verzehr der Früchte ist hier zumeist abhängig von der Verfügbarkeit von Fallobst, unter den Samen dominieren die von Gilbertiodendron, einem Johannisbrotgewächs. Nach Beobachtungen nahe Makokou in Gabun überwiegen hier Früchte mit 71,6 %, gefolgt von Blättern mit 27,8 %, die verbleibenden 0,6 % umfassen Pilze, Blüten und tierisches Material. Die bevorzugten Früchte sind nur 1 bis 3 cm groß und werden vollständig gefressen. Insgesamt konnten in der Region 33 verschiedene Pflanzenarten ausgemacht werden, von denen der Schwarzstirnducker Früchte verzehrt, zu den dominierenden gehören solche von Plagiostyles, Klainedoxa und Ongokea. Allerdings zeigt sich der Schwarzstirnducker weniger frugivor als andere Ducker der Region. Vor allem in der Regenzeit nimmt der Anteil an Blättern und tierischem Material zu, letzteres besteht zu einem großen Teil aus Ameisen, die ein Tier aktiv vom Boden aufnimmt. In den Bergregionen der Virunga-Vulkane, wo Früchte deutlich seltener sind, stellen Blätter und teilweise Gräser mit 80,7 % die Hauptnahrung dar, 14,8 % werden durch Flechten sowie Moose gebildet und 4,5 % entfallen auf Rinde. Es wird vermutet, dass der niedrige Gehalt an Tanninen und Alkaloiden in den Kräutern der Bergregionen dem Schwarzstirnducker erlaubt, eine von den Verwandten in den Flachlandregionen stark abweichende Nahrung aufzunehmen. Die am häufigsten verzehrten Pflanzen sind Springkräuter mit fast 21 %, gefolgt von Hornkräutern, Sternmieren, Storchschnäbeln, Veilchen und Minzen. Unter den Flechten favorisiert die Duckerart die auf Bäumen wachsende Gattung Usnea, um diese zu erreichen stellt sie sich gelegentlich auf die Hinterbeine und zupft die Nahrung so aus größerer Höhe.

Paarungsgewohnheiten

Über die Fortpflanzung ist so gut wie nichts bekannt. Trächtige Weibchen wurden im Dezember beobachtet, milchgebende im Februar und März. Das Höchstalter in menschlicher Gefangenschaft beträgt 17 Jahre.

POPULATION

Populationsgefährdung

Innere Parasiten umfassen Bandwürmer wie Avitinella und Stilesia sowie Fadenwürmer wie Bunostromum oder Dipetalonema. Nach Untersuchungen von Tieren aus dem Ituri forest neigt der Schwarzstirnducker zu einem höheren Parasitenbefall als andere dort heimische Ducker. Bedeutend sind hier das Blauzungenvirus und Leptospira, welches die Leptospirose verursacht und über Fleischverzehr auch auf den Menschen übertragen werden kann.

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Der Schwarzstirnducker ist relativ weit über das zentrale Afrika verbreitet. Größte Bedrohung ist die Zerstörung der tropischen Regenwälder und die damit einhergehende Ausdehnung menschlicher Siedlungen und Wirtschaftsflächen. Auch die Bejagung der Art für den Bushmeat-Markt stellt einen einflussreichen Gefährdungsfaktor dar. Es ist daher möglich, dass die Bestandszahlen in Zukunft stärker zurückgehen und die Art auf isolierte Gruppen in geschützten Waldgebieten beschränkt wird. Momentan stuft die IUCN den Schwarzstirnducker als „nicht gefährdet“ (least concern) ein, eine deutlichere Abnahme der Individuenzahlen würde aber den Status „potenziell gefährdet“ (near threatened) erforderlich machen (die Einstufung erfolgt zusammen mit dem Elgon-, Kenia-, Itombwe- und Ruwenzori-Schwarzstirnducker). Er kommt in mehreren Naturschutzgebieten vor, etwa im Lobéké-Nationalpark in Kamerun, im Dzanga-Sangha-Schutzgebiet in der Zentralafrikanischen Republik und im Vulkan-Nationalpark in Ruanda.

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Referenzen

1. Schwarzstirnducker artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzstirnducker
2. Schwarzstirnducker auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/4146/50183573

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