Nicrophorus interruptus (Syn.: Necrophorus fossor) ist ein Käfer aus der Familie der Aaskäfer und der Gattung der Totengräber (Nicrophorus). Die Gattung ist in Europa mit dreizehn Arten vertreten, in Mitteleuropa mit zehn Arten. Davon sind zwei überwiegend schwarz, Nicrophorus interruptus gehört zu den restlichen acht Arten, die durch zwei gestuft begrenzte orangefarbene Querbinden auf den Flügeldecken gekennzeichnet sind und nur bei näherer Betrachtung voneinander unterschieden werden können.
Die Gattung Nicrophorus wurde 1775 durch Fabricius aufgestellt, wobei ein Druckfehler unterlief. Fabricius selbst korrigierte den Namen 1801 zu Necrophorus., dennoch ist heute nur die Schreibweise Nicrophorus gültig. Der Gattungsname erklärt sich aus altgr. νεκρός „nekrós“ für „tot“, und φορός „phorós“ für „tragend, Träger“, also Totenträger. Dem entspricht der deutsche Name Totengräber nur teilweise. Die Gattung umfasste 1775 lediglich eine schwarze Art und eine orange gebänderte Art Nicrophorus vulgaris. Die Art Nicrophorus interruptus wurde erstmals 1830 von Stephens als Necrophorus interruptus beschrieben. Sie war damit die sechste beschriebene der gebänderten europäischen Arten. Der Artname interruptus (lat. für „unterbrochen“) bezieht sich darauf, dass das vordere orange Querband auf den Flügeldecken nicht durchgehend ist, sondern an der Flügeldeckennaht unterbrochen wird. Dies kommt jedoch auch bei anderen Arten vor. Im deutschsprachigen Raum war statt Necrophorus interruptus der Name Necrophorus fossor nach einer Beschreibung von Erichson aus dem Jahr 1837 gebräuchlich. Der Artname fossor bedeutet auf lateinisch „der Gräber“.
Die Vielzahl der Synonyme belegt die Variabilität der Art und das Interesse, welches man dem Käfer entgegengebracht hat. Die Liste der Synonyme von Nicrophorus interruptus umfasst mindestens 17 Art- oder Variantennamen:
Die Art und deren Synonyme wurden im Verlauf ihrer Forschungsgeschichte mindestens 15 Gattungen oder Untergattungen zugeordnet: Acanthopsilus, Cyrtoscelis, Eunecrophorus, Necrocharis, Necroleptes, Necrophorindus, Necrophoriscus, Necrophorus, Necropter, Necroxenus, Neonicrophorus, Nesonecrophorus, Nesonecropter, Nicrophorus und Stictonecropter.
Die Art ist in nahezu ganz Europa vertreten, sie fehlt nur in einigen nördlichen Regionen und auf vielen Inseln, unter anderen auf den Azoren, Balearen, Kanaren, den Kanalinseln, Zypern, dem Dodekanes, den Nordägäischen Inseln, Island, Irland, den Kykladen und Madeira. Auf Kreta und aus der europäischen Türkei wurde die Art inzwischen nachgewiesen. Außerhalb Europas ist der Käfer im Nahen Osten und in Nordafrika zu finden.
Die Käfer überwintern als Vorpuppe und erscheinen relativ spät im Jahr. Die Funde liegen zeitlich zwischen April und Oktober, die Tiere sind aber in Mitteleuropa im Juli–August mit Abstand am häufigsten zu finden. Sie gehören zu den dämmerungsaktiven Arten der Gattung. Sie ernähren sich von Aas und räuberisch, hauptsächlich von Fliegenlarven. Sie sind auch regelmäßig an großen Kadavern zu finden, auch an exponierten menschlichen Leichen. Im Vergleich mit anderen Arten der Gattung sind sie jedoch selten. Sie erscheinen in dem Verwesungsstadium der Amoniakalen Fäulnis, in dem die Schwärzung der exponierten Kadaverteile eintritt. Sie kommen bevorzugt in Wäldern vor, aber auch in trockenem offenen Gelände. Man findet sie gelegentlich auch an toten Reptilien und in Blüten der Gemeinen Drachenwurz, die einen Aasgeruch verbreiten. Als Köder werden auch Fisch- und Garnelenabfälle angenommen. Bei einem Vergleich von Fisch- und Fleischködern wählte der Käfer zu 61 % Fleischköder, zu 39 % Fischköder.
Für die Fortpflanzung werden kleine, frische Kadaver (Kleinsäuger, kleine Vögel) angeflogen. Eine Versuchsreihe zeigte, dass Nicrophorus interruptus genau wie drei andere Nicrophorus- Arten drei Tage alte Mäusekadaver gegenüber ganz frischen Mäusekadavern bevorzugten, nur bei Nicrophorus germanicus war die Bevorzugung der älteren Kadaver nicht ganz so ausgeprägt. Wie ein Männchen und ein Weibchen in einer Saisonehe das Aas aufspüren, bearbeiten, notfalls auf einen geeigneten Untergrund transportieren, vergraben, gegen Verpilzung und Fressfeinde schützen und damit ihre Junglarven füttern, ist im Artikel Totengräber dargestellt.
Die Weibchen locken zur Fütterung leise zirpend die Larven an. Die Laute werden dabei mit einem Stridulationsapparat erzeugt. Dieser besteht aus zwei gerillten Schrillleisten (Abb. 8 links), die zueinander parallel und parallel zur Flügeldeckennaht in geringem Abstand zu dieser unter den Deckflügeln auf dem Hinterleibstergit sitzen, der größtenteils von den Flügeldecken abgedeckt wird. Ein schmaler Grat, der sich unter der Flügeldecke parallel zu Hinterkante nahe dem Nahtwinkel befindet, dient als kurze Schrillkante, (Abb. 8 rechts, Lage und Abmessung grün markiert) die sich bei entsprechenden Bewegungen des Hinterleibs über die Schrillleisten verschiebt. Dabei entsteht das zirpende Geräusch.
Die Larven (Abb. 9 zeigt eine andere Art der Gattung) sind raupenförmig, abgeplattet und auf halber Körperlänge am breitesten. Sie sind gelblich-weiß. Die Dorsalplatten sind reduziert, die Ventralplatten sind stark reduziert. Nur der Kopf, insbesondere die Oberkiefer, die Beine, die Urogomphi und die Regionen um die Atemöffnungen sind sklerotisiert. Der Kopf ist breiter als lang und hinter den Einzelaugen (auf jeder Seite nur eines) am breitesten. Er ist flach, die Mundwerkzeuge zeigen nach vorn. Die Fühler sind sehr klein mit drei zylindrischen Gliedern, das Endglied asymmetrisch platziert. Die drei Brustabschnitte sind gleich gebaut. Die Beine sind kurz und fünfgliedrig. Der Hinterleib ist zehngliedrig, das zehnte Glied ist zu einer zylindrischen Analröhre umgebildet. Das neunte Segment ist kürzer als die vorausgehenden und trägt zwei zweigliedrige Urogomphi und eine Dorsalplatte.
Es gibt drei Larvenstadien. Die Größe beträgt im 1. Larvenstadium 5,25 - 7,75 Millimeter, im 2. Stadium 10,55 bis 12,70 Millimeter und im dritten Stadium 16,8 bis 26,8 Millimeter.Ein Schlüssel für die Larven der Arten und eine Beschreibung der Larvenstadien für Nicrophorus interruptus findet man an verschiedenen Stellen im Internet.