Tarpan
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Equus ferus ferus

Der Tarpan (Equus ferus) ist eine im 18. und 19. Jahrhundert ausgerottete Art aus der Gattung der Pferde. Er wird häufig als westliche Form der einst in Eurasien verbreiteten Wildpferde angesehen. Genetische Studien weisen ihn aber als Mischung aus westeurasischen Wildpferden und der Linie des heutigen Hauspferdes aus. Aufzeichnungen über den Pferdevertreter reichen möglicherweise bis in die Antike zurück. Weit bekannt wurde er aber erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts durch mehrere Forschungsreisende, die die Tiere bei ihren Expeditionen durch Osteuropa beobachteten. Hervorzuheben sind hier die Berichte von Samuel Gottlieb Gmelin und Peter Simon Pallas. Als mehrfach wiederkehrende Beschreibungsmerkmale können ein großer Kopf, spitze Ohren, ein graufarbenes Körperfell und eine krause oder struppige Mähne genannt werden, wobei bei letzterem in Diskussion ist, ob diese als Hänge- oder Stehmähne ausgebildet war. Häufig wird auch die kleine Statur des Tarpans hervorgehoben. Das Verbreitungsgebiet reichte etwa vom Ural westwärts über die russischen Steppenlandschaften bis nach Mittel- und Westeuropa, wo die Tiere auch Waldgebiete bewohnten. Das Vorkommen des Tarpans sowohl in den offenen wie auch geschlossenen Landschaftsräumen veranlasste einige Wissenschaftler, einen „Steppentarpan“ und einen „Waldtarpan“ zu unterscheiden, die auch äußerlich und anatomisch Abweichungen voneinander aufgewiesen haben sollen. Die Aufteilung des Tarpans in zwei Unterarten ist aber nicht allgemein anerkannt.

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Ähnlich dem äußeren Erscheinungsbild ist auch die Lebensweise des Tarpans nur über historische Berichte greifbar. Er lebte vergleichbar dem Hauspferd in Herden aus weiblichen Tieren mit ihrem Nachwuchs, die von einem Hengst angeführt wurden. Dieser vertrieb konkurrenzfähige männliche Jungtiere aus seiner Gruppe. Vermutlich streiften die Herden über größere Gebiete umher. In mehreren Überlieferungen wird ausgesagt, dass der Tarpan Heuballen der lokalen Bauern fraß und außerdem Hauspferdstuten in seine Herden trieb. Dies führte vermutlich zu Konflikten mit der örtlichen Bevölkerung. Verbunden mit einer Jagd auf die Pferde als Nahrungsressource liegen hier wahrscheinlich die Gründe für das Aussterben des Tarpans. In West- und Mitteleuropa verschwand er möglicherweise schon im Verlauf des Mittelalters oder der frühen Neuzeit. In Osteuropa hielt sich die Art am längsten. Der letzte freilebende waldbewohnende Tarpan wurde um 1814 erlegt, der letzte steppenbewohnende um 1879. Einige Zooexemplare überlebten noch etwas länger.

Die Art wurde im Jahr 1785 wissenschaftlich eingeführt, basierend auf einzelnen zeitgenössischen Berichten aus den osteuropäischen Gebieten. Teilweise wird angenommen, dass zumindest der Tarpan der späten Zeit stärker mit dem Hauspferd vermischt war. Der Grad dieser Vermischung ist aber ungewiss. Auch führen einige historische Angaben oder Skelettmerkmale zu der Annahme, dass verschiedene ursprüngliche Hauspferdrassen wie das Konik oder das Exmoor-Pony direkte Nachfahren des Tarpans seien. Bisher konnte diese Vermutung nicht untermauert werden. Auch die Beteiligung des Tarpans am Domestikationsprozess des Hauspferdes an sich, der sich vor 6000 bis 5000 Jahren vollzog, ist uneindeutig, genetische Befunde widersprechen dem. Das Przewalski-Pferd, das im Verlauf des 20. Jahrhunderts verschiedentlich mit dem Tarpan zusammen in einer Art geführt wurde, ist wiederum genetischen Untersuchungen zufolge kein direkter Verwandter des Tarpans.

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Aussehen

Größe und Aussehen des Tarpans lassen sich über historische Berichte relativ gut rekonstruieren. Es finden sich aber nur wenige absolute Maßangaben, einige wurden von Individuen aus dem 19. beziehungsweise frühen 20. Jahrhundert gewonnen. Für das im Jahr 1918 in Dubrowka bei Poltawa gestorbene und womöglich letzte Exemplar liegen die Maße der Schulterhöhe zwischen 140 und 145 cm. Beim Konik – sofern es ein direkter Abkömmling des Tarpans ist – beträgt zum Vergleich die Schulterhöhe nach Untersuchungen von 119 Individuen für männliche Tiere durchschnittlich 129,4 cm und für weibliche 128 cm. Demnach war der Tarpan ein eher mittelgroßes Pferd. Dies kann durch zahlreiche Angaben aus historischen Überlieferungen untermauert werden. Samuel Gottlieb Gmelin unter anderem hatte die Pferde im Jahr 1770 bei Woronesch beobachtet. Nach seinen umfangreichen Ausführungen entsprachen die Tiere kleinen russischen Hauspferden, hatten aber einen großen Kopf und lange spitze Ohren, die fast an die eines Esels erinnerten. Des Weiteren besaßen sie eine kurze, krausige Mähne und kürzere Schwanzhaare als das Hauspferd. Das Fell war dicht und am Rücken grau, auf dem Bauch aber heller gefärbt. Die Beine wiederum zeigten nach Gmelin in der unteren Hälfte eine dunkle Färbung. Ähnlich drückt sich kurz darauf auch Peter Simon Pallas aus. Pallas erwähnt den Tarpan mehrfach in seinen Reisebeschreibungen, so 1771 und 1776, auf den er an der Wolga traf. Er vermerkt seine Größe als ähnlich zu einem kleinen russischen Pferd. Nach seinen Beobachtungen war der Kopf groß und dick, die Ohren hatten eine zugespitzte Form und die Mähne zeigte sich kurz und kraushaarig, ebenso der Schwanz. Hauptsächlich kamen fahl braune Tiere vor, deren Gliedmaßen aber im Unterschied zu Gmelins Darstellung heller waren. Selten traten hingegen dunkelbraune, schwarze oder grauschimmelige Individuen auf, gescheckte kämen nach Pallas gar nicht vor. Ein weiterer, recht ausführlicher Bericht stammt von Belsazar Hacquet, der um 1760 die Pferde aus dem Tierpark bei Zamość beobachtet hatte und sie als klein und schwarzbräunlich gefärbt beschreibt. Der Kopf sei groß und dick, an der dunklen Mähne und am Schwanz würden nur kurze Haare wachsen und männliche Tiere trügen einen „Bart“. Charles Hamilton Smith gibt im Jahr 1841 an, dass der Tarpan nicht größer als ein gewöhnlicher Hausesel sei. Auch er bemerkt wie Gmelin das graue Körperfell, weist aber zusätzlich auf hellbraune sowie isabellfarbene Tiere hin. Darüber hinausgehende Informationen finden sich in den langen oder kurzen und hoch am Schädel ansetzenden Ohren und in den kleinen Augen. Außerdem vermerkt Hamilton Smith einen Fellwechsel mit einem kurzen Sommer- und einem dichten, langen Winterhaarkleid.

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Nach Auffassung einiger Wissenschaftler bestanden bezüglich der Fellfärbung regionale Unterschiede. Der Tarpan in seinem Verbreitungsgebiet westlich der Wolga war diesen zufolge eher mausgrau getönt. Für die Tiere östlich der Wolga bis zum Ural wird eine Mischform aus grau und gelblich braun angenommen. Östlich des Urals waren dann vor allem gelblich bis rötlich braune Tiere verbreitet. Inwiefern sich aber die historischen Berichte über osturalische Wildpferde tatsächlich auf den Tarpan beziehen, ist unklar. Möglich wäre hier eine Überschneidung oder Verwechslung mit dem Przewalski-Pferd (Equus przewalskii), was durch Aussagen von Hamilton Smith 1841 gestützt wird. Hamilton Smith bildete in seiner Publikation einen Tarpan ab, der seiner Meinung nach eine eher ursprüngliche Version der Tiere repräsentiert. Für den Tarpan aus dem Białowieża-Waldgebiet hebt Julius von den Brinken die generell graue Färbung hervor und weist zusätzlich einen Aalstrich auf dem Rücken aus. Beschreibungen ähnlich gestalteter Wildpferde – also graufarben mit dunklem Aalstrich, dunkler Mähne und dunklem Schwanz – reichen bis in das Mittelalter zurück und stammen unter anderem aus Aufzeichnungen von Albertus Magnus aus dem 12. Jahrhundert über Tiere auf damals deutschem Gebiet oder von Anton Schneeberger aus dem 16. Jahrhundert über preußische Wildpferde. Inwiefern sie sich aber auf den Tarpan beziehen, bleibt unklar. Bisher nicht eindeutig beantwortet ist die Frage, ob der Tarpan eine Steh- oder Hängemähne besaß, da die zahlreichen Berichte hier ein uneinheitliches Bild vermitteln. Zebras und Wildesel verfügen über eine Stehmähne, gleiches gilt für das Przewalski-Pferd. Bei letzterem kann die Stehmähne aber im Übergang vom Sommer- zum Winterfell auch teils hängen. Eine hängende Mähne ist für einen 1866 in den Zagradov-Steppen bei Cherson auf der Halbinsel Krim gefangenen Tarpan (der sogenannte Cherson- oder Shatilov-Tarpan) belegt und findet sich zudem, wenn auch nicht ganz so extrem ausgebildet, beim Dubrowka-Individuum wieder.

Die historischen Berichte und Beschreibungen weisen für den europäischen Tarpan somit ein häufig „graufarbenes“ Fell aus, wobei in einzelnen Fällen unklar bleibt, ob eine mausgraue oder mausbraune Färbung gemeint ist. Genetische Untersuchungen liegen für den historisch verbürgten Tarpan bisher nicht vor. Für einige Wildpferde des ausgehenden Pleistozäns und des Unteren Holozäns mit iberischer und sibirischer Verbreitung ließ sich hingegen die Fellfarbe genetisch bestimmen. Demnach bestanden verschiedenste Farbvariationen, von denen am häufigsten aber braun auftrat, während eine schwarze Fellfarbe zwar genotypisch nachweisbar ist, aber gegenüber der braunen Farbe in der Minderzahl blieb. Jedoch traten zudem „leopardfleckige“ Tiere auf, also solche mit dem Tigerschecken-Komplex, der für eine weiße Grundfarbe mit schwarzfleckigem Muster verantwortlich ist. Alle Farbvariationen sind auch auf den bildlichen Darstellungen von Wildpferden in den westeuropäischen Höhlenmalereien des Jungpaläolithikums vertreten. Die gleichen Fellfarben bestanden bei den frühesten Hauspferden des Mittleren Holozäns, relativ früh bildeten sich dann fuchsfarbene Formen heraus, während falbe Tiere, also mit aufgehellter Grundfarbe, wohl erst später nachweisbar sind. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass hellere Grundtöne bereits bei Wildpferden vorkamen, da diese unter anderem auch bei Wildeseln anzutreffen sind. Dies mag vor dem Hintergrund annehmbar sein, dass hellere Farbgebungen für steppenartige Habitate vorteilhafter sind, während dunklere besseren Schutz in bewaldeten Gebieten geben.

Laut Aussagen von Wladimir Georgijewitsch Heptner liegt trotz der einst weiten Verbreitung des Tarpans nur wenig osteologisches Material vor. So waren in den 1960er Jahren in Europa und im westlichen Asien nur zwei Skelettexemplare in Museen präsent. Anhand der überlieferten Schädel lässt sich für diesen eine durchschnittliche Länge von 47,9 cm feststellen, die Breite beläuft sich auf Höhe der Orbita auf 20,6 cm. Das Rostrum wurde im Bereich der Schneidezähne rund 7 cm breit. Das Diastema, welches den vorderen vom hinteren Gebissabschnitt trennt, dehnte sich über gut 9,2 cm aus.

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Video

Verteilung

Erdkunde

Regionen

Das tatsächliche Verbreitungsgebiet des Tarpans ist nicht genau bekannt. Laut den historischen Darstellungen lässt sich aber eine Präsenz der Tiere sowohl in den Steppen- als auch in den Waldgebieten Eurasiens annehmen. Eine grobe Grenze kann im Norden etwa in Litauen und der Region um Kaliningrad gezogen werden, für weiter nördlich gelegene Gebiete liegen keine Nachweise vor. Weiter südlich war die Art über das Vorland der Karpaten möglicherweise bis in das heutige Moldawien anwesend. Nach Osten hin erstreckte sich das Vorkommen dann über die Schwarzmeerregion mit der Halbinsel Krim und den größeren Flusseinzugsgebieten des Dnister, Don und Kuban bis zur Wolga hin. Eventuell war die Ostgrenze am Ural erreicht, über die Südgrenze liegen keine Informationen vor. Auch die Westausdehnung ist schwer fassbar. Hinweise aus mittelalterlichen Schriftquellen machen ein Auftreten über das heutige Polen hinaus nach Deutschland, Dänemark und Frankreich bis zur Iberischen Halbinsel wahrscheinlich.

Gewohnheiten und Lebensstil

Die Lebensweise des Tarpans ist weitgehend nur über historische Berichte rekonstruierbar, sie dürfte sich aber nur wenig von der des heutigen Hauspferdes oder des Przewalski-Pferdes unterschieden haben. Nach Samuel Gottlieb Gmelin lebten die Tiere in Gruppen, die von einem Hengst angeführt wurden (nach Gmelin sei der Hengst von den Gruppenmitgliedern „erwählt“ worden, aus heutiger Sicht sollte er sich, wie auch bei anderen gruppenlebenden Pferden, die Position erkämpft haben). Die Größe der Herden beläuft sich laut Peter Simon Pallas auf fünf bis zwanzig Tiere, Charles Hamilton Smith erwähnt allerdings auch Zusammenschlüsse von mehreren hundert Individuen. Heranwachsende männliche Jungtiere wurden gemäß Pallas vom dominanten Hengst vertrieben, worauf sie einzelgängerisch herumstreiften, bis sie eine eigene Herde gründeten, was Hamilton Smith bestätigen kann. Des Weiteren konnte der Tarpan nach Gmelin sehr schnell werden, war überaus scheu und flüchtete beim leisesten Geräusch. Belsazar Hacquet gibt wiederum an, dass die Tiere absolut unzähmbar gewesen seien und sich hartnäckig und mutig gegen Raubtiere verteidigten. Von Hamilton Smith werden die Lautäußerungen vermerkt, die schriller und lauter als die des Hauspferdes gewesen seien. Vor Gefahr flüchtende Herden wären sehr schnell. Der Hengst bildete den Abschluss und beschützte seine Gruppe gegen Angreifer wie Bären und Wölfe mit Huftritten. Hamilton Smith beschreibt außerdem jahreszeitliche Wanderungen, während des Sommers begaben sich die Tiere nordwärts und zogen sich im Herbst wieder in den Süden zurück. Als Lebensraum hebt Pallas die quellenreiche Gebirgslagen hervor. Im Winter würde der Tarpan jedoch höhere Lagen aufsuchen, die durch Winde vom Schnee befreit waren, um dort Nahrung zu suchen. Darüber hinaus erwähnt Gmelin, dass der Tarpan häufig die Heulager der Bauern plünderte. Außerdem käme es nicht selten zu einer Verpaarung mit Hauspferdstuten, ein Umstand, auf den auch Pallas aufmerksam macht.

POPULATION

Erhaltung

Es gab mehrere Bestrebungen, den Tarpan mit Hilfe von Abbild- oder „Rückzüchtung“ zu rekonstruieren. Die bekannteste ist das Heckpferd, die die Brüder Heinz und Lutz Heck in den 1930er Jahren starteten. Gegründet wurde das Projekt auf dem Przewalski-Pferd und verschiedenen Ponyrassen. Dadurch kam bereits 1933 ein erstes graugefärbtes Fohlen zur Welt. Teilweise werden die Tiere bis heute als „Tarpan“ bezeichnet. Ein weiteres Vorhaben initiierte Tadeusz Vetulani ebenfalls in den 1930er Jahren. Sein Ziel war es, den „Waldtarpan“ wieder im Białowieża-Waldgebiet einzuführen. Hierzu verwendete er das Konik, von dem er mehrere Exemplare im Biłgoraj-Gebiet einfangen und in ein 4 ha großes umzäuntes Schutzgebiet in der Umgebung des Urwaldes verbringen ließ. Die Arbeiten konnten mit einer Unterbrechung durch den Zweiten Weltkrieg – während dem das Projekt von sowjetischer und teils deutscher Seite betrieben wurde – in den 1950er Jahren wieder aufgenommen werden. Nach Vetulanis Tod 1952 verlagerte es die polnische Regierung nach Popileno im Nordosten Polens, wobei die Pferdegruppe aufgeteilt wurde. Das „Rückzüchtungsprojekt“ insgesamt lief in den 1970er Jahren aus, die Pferde dienten folgend zur Zuchterhaltung des Koniks.

Domestizierung

Die Domestizierung von Pferden aus wildlebenden Vorgängern erfolgte in einem Zeitraum von etwa 4000 bis 3000 v. Chr. Als eines der wichtigsten Zentren erwies sich Zentralasien, wo im heutigen nördlichen Kasachstan um rund 3500 v. Chr. die Botai-Kultur entstand. Diese endneolithisch-kupferzeitliche Kulturgruppe gründete auf der Verwendung des Pferdes als Nahrungs- und Rohstofflieferant. Charakteristisch abgenutzte Prämolaren der Pferde verweisen auf die Nutzung von Trensen, so dass die Tiere möglicherweise schon zum Reiten eingesetzt wurden. Für das Steppenvolk, das nicht über radgestützte Zugmittel oder, mit Ausnahme des Hundes, über Haustiere verfügte, bedeutete dies wohl eine wichtige Mobilitätssteigerung. Genetische Analysen aus dem Jahr 2018 zeigten auf, dass die Pferde der Botai-Kultur die Schwestergruppe des Przewalski-Pferdes darstellen. Die an den Untersuchungen beteiligten Wissenschaftler schlussfolgern daraus einen Ursprung des Przewalski-Pferdes aus den Botai-Pferden, welche nach dem Untergang der Botai-Kultur verwilderten. Demnach käme das Przewalski-Pferd nicht mehr als Ausgangsform für die Domestikation des Hauspferdes in Frage. Des Weiteren wird die mögliche Domestizierung des Pferdes durch die Träger der Botai-Kultur teilweise in Frage gestellt.

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Nach der Analyse des Jahres 2018 bilden die Pferde der Botai-Kultur somit nicht die Stammgruppe des Hauspferdes. Das Hauspferd muss daher an anderer Stelle erneut domestiziert worden sein. Zeit und Ort konnten lange Zeit weder genetisch noch archäologisch-zoologisch näher bestimmt werden. Als mögliche Ursprungsorte wurden unter anderem der pontisch-kaspische Steppenraum, das östliche Anatolien, die Iberische Halbinsel, die Levante und der westliche Iran erwogen.. Ob und inwiefern der Tarpan daran beteiligt war, bildete Grundlage eines ausführlichen Diskurses. Eine genetische Studie aus dem Jahr 2021 zeigte dann auf, dass sich das heutige Hauspferd auf eine Ausgangsgruppe zurückführen lässt, die etwa um 3000 v. Chr. im westlichen Eurasien entstand. Eventuell steht dies mit den spätneolithischen Komplexen der Maikop- oder Jamnaja-Kultur des Schwarzmeergebietes im Zusammenhang. Spätestens um rund 2200 v. Chr. breiteten sich domestizierte Pferde auch außerhalb der Steppengebiete aus, diskutiert wird hier ein Zusammenhang mit der paneuropäischen Gruppe der Schnurkeramik. Das heutige Hauspferd besitzt eine ausgesprochen diverse mitochondriale DNA, während gleichzeitig auf dem Y-Chromosom eine geringere Vielfalt nachweisbar ist. Dies legt nahe, dass zur Herausbildung des Hauspferdes wesentlich weniger Hengste als Stuten verwendet wurden und dass lokale Introgression durch Wildpferdstuten sowie mögliche lokale Domestikationsprozesse zur großen mitochondrialen Diversität des Hauspferdes führten.

Abseits von dieser frühen Domestikation des Hauspferdes wird von einigen Hauspferdrassen teilweise angenommen, dass es sich um Abkömmlinge des Tarpans handelt. Dazu gehören vor allem das Konik, eventuell auch das Exmoor-Pony und das Dülmener Pferd. Die Vermutung beruht allerdings zumeist auf Schädel- und Skelettmerkmalen sowie auf historischen Berichten. So soll im Falle des Konik der ursprünglich im fürstlichen Jagdrevier von Zamość gehaltene Bestand des Tarpans um 1806 aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten auf die Bauern der Biłgoraj-Region verteilt worden und dort angeblich in deren Hauspferde aufgegangen sein, was allerdings teilweise auch bezweifelt wird. Weiterführende Belege für die Annahmen einer direkten Herleitung des Koniks und anderer ursprünglicher Hauspferdrassen aus dem Tarpan sind bisher nicht aufgezeigt worden; nach genetischen Studien am Hauspferd kann keiner dieser Rassen eine Sonderstellung zugesprochen werden.

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Referenzen

1. Tarpan artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Tarpan

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