Isabellwürger
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Gattung
SPEZIES
Lanius isabellinus

Der Isabellwürger (Lanius isabellinus) ist ein Singvogel aus der Gattung der Echten Würger (Lanius) innerhalb der Familie der Würger (Laniidae). Der eher kleine Würger von sandfarbenem oder graubraunem Aussehen bewohnt ein ausgedehntes Gebiet zwischen dem Kaspischen Meer und Nord- und Zentralchina südostwärts bis ins Qaidam-Becken. Unter den paläarktischen Würgern ist er die Art mit den geringsten Farbkontrasten.

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Alle Isabellwürger sind Zugvögel, vor allem die westlichen Unterarten Langstreckenzieher mit Überwinterungsgebieten in Arabien, Ostafrika, dem Niltal, westwärts bis an die afrikanische Atlantikküste. Die östlichen Populationen überwintern meist südlich ihrer Brutgebiete in Nordwest- und Zentralindien und in Pakistan.

Isabellwürger brüten in Trockengebieten, Steppen und Halbwüsten, wo sie sich nach Würgermanier als Ansitzjäger vor allem von Insekten, seltener auch von kleinen Wirbeltieren ernähren.

Die Taxonomie des Isabellwürgers ist kompliziert und umstritten. Das HBW und andere Autoritäten unterscheiden neben der Nominatform drei weitere Unterarten, russische Ornithologen, aber auch das IOC und Avibase trennen den Turkestanwürger (Lanius phoenicuroides) von diesem Komplex als eigenständige Art ab. Schwesterart ist der Neuntöter, mit dem der Isabellwürger hybridisiert und fruchtbare Nachkommen hervorbringt. In nächster verwandtschaftlicher Nähe steht auch der Braunwürger.

In Europa ist die Art ein seltener, jedoch in zunehmender Häufigkeit beobachteter Irrgast; die meisten Nachweise stammen aus Großbritannien und Helgoland. Isabellwürger sind in größeren Abständen auch schon mehrfach in Mitteleuropa festgestellt worden.

Die IUCN sieht zurzeit keine der Unterarten als gefährdet an.

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Aussehen

Isabellwürger sind mit 17–19 Zentimetern Körpergröße ebenso groß und mit einem Gewicht um die 30 Gramm ebenso schwer wie der Neuntöter, mit dem die Art im westlichen Teil ihres Verbreitungsgebietes sympatrisch vorkommt. Während ausgefärbte Männchen im Allgemeinen feldornithologisch sicher bestimmbar sind, ist die Unterscheidung von Juvenilen, Immaturen, aber auch von Weibchen mit solchen von Neuntöter und Braunwürger schwierig. Ein Größen- und Gewichtsdimorphismus besteht nicht, der Färbungsdimorphismus ist aufgrund der eher blassen, verwaschenen Grundfärbung der Männchen nicht so auffällig wie beim Neuntöter, jedoch noch klar erkennbar.

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Der Isabellwürger ist eine polytypische Art, von der sich zwei Färbungsgruppen unterscheiden lassen: Die Nominatform und L. (i). phoenicuroides sind auf der Oberseite gesättigter, stärker bräunlich gefärbt, während das Federkleid von L. i. arenarius und L. i. tsaidamensis blasser ist und auf der Oberseite überwiegend graubräunliche Farbtöne aufweist. In der zweiten Gruppe ist der Färbungsdimorphismus weniger deutlich.

Der Scheitel ist hellgrau, die Stirn leicht isabellfarben; zum Nacken und oberen Mantel hin wird das Grau intensiver und nimmt am Rücken einen bräunlichen Ton an. Die würgertypische schwarze Maske beginnt über dem Schnabelspalt, bedeckt meist nur die untere Hälfte der Augen und verläuft – sich deutlich verbreiternd – bis weit hinter die Ohrdecken. Am Oberrand ist sie von einem reinweißen Überaugenstreif begrenzt. Der Bürzel ist hell rostrot, die Schwanzoberseite etwas dunkler rotbraun. Die Schwingen sind dunkel braunschwarz. Die Großen Deckfedern sowie die Armschwingen sind cremefarben gerandet. Die Basis der inneren Handschwingen ist weiß, wodurch beim sitzenden Vogel ein kleiner, oft verdeckter Flügelspiegel entsteht, beim fliegenden ein schmales, sichelförmiges Flügelfeld. Die Kehle ist weiß, die Unterseite sand- oder isabellfarben, mit einer intensiveren Farbtönung an den Flanken und auf der Bauchunterseite. Der Schnabel ist dunkelbraun bis schwarz, die Beine und Zehen sind dunkelgrau, die Iris ist dunkelbraun.

Weibchen weisen eine ähnliche Farbverteilung wie die Männchen auf, sie sind jedoch bedeutend kontrastärmer, verwaschener, insgesamt einheitlicher sandfarben. Die Kehle ist matt weiß bis cremefarben, die Maske braungrau, kürzer und schmäler als bei den Männchen, die Unterseite auf cremeweißlichem Grund unterschiedlich deutlich rostbräunlich gesperbert und geflockt. Das Flügelfeld ist kleiner und nur unwesentlich heller als die übrigen Handschwingen. Der Unterschnabel ist rosa getönt.

Jungvögel sind noch blasser, uniformer gefärbt. Die Oberseite ist graubraun und weist eine sehr dichte, aber nicht immer deutliche Bänderung auf. Die Gesichtsmaske ist auf einen braunen Fleck an den Ohrdecken reduziert. Die Unterseite ist cremefarben und meist deutlicher gesperbert und geflockt. Der Schwanz ist auf der Oberseite kastanienbraun.

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Verteilung

Erdkunde

Der Isabellwürger ist vor allem eine zentralasiatische Würgerart. Seine Vorkommen liegen östlich des Kaspischen Meeres und erstrecken sich in einem breiten, nach Osten hin schmäler werdenden Gürtel bis etwa 120° Ost, wobei die tatsächliche östliche Verbreitungsgrenze nicht genau bekannt ist.

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Nach Norden reicht sein Verbreitungsgebiet bis in die südlichen Randbereiche der Taiga. Die Südgrenzen bildet im Osten die Gebirgskette des Nan Shan beziehungsweise das Qaidam-Becken, nach Osten dehnen sich die Verbreitungsgebiete bis in die Innere Mongolei und Níngxià aus. Im Westen besteht eine vom geschlossenen Verbreitungsgebiet von L. (i.) phoenicuroides getrennte, große Verbreitungsinsel im südlichen und östlichen Iran. Die Ostgrenze des Verbreitungsgebietes dieser Art/Unterart ist schwer festzulegen. Sicher reicht sie im Südosten bis nahe an die Vorberge des Tian Shan und im Norden berührt sie die westliche Grenzregion des Altai.

Die Überwinterungsgebiete der Süd-Südost- und der Südwestzieher aus den östlichen Verbreitungsgebieten der Art liegen im südlichsten Pakistan sowie in Nord- und Zentralindien, die der Südwest- und Westzieher der Nominatform vor allem auf der Arabischen Halbinsel, im Niltal sowie in Nordost- und Ostafrika. Einige Populationen überwintern jedoch auch in der Sahelzone des nördlichen Zentralafrikas westwärts bis in die Halbwüstengebiete Mauretaniens an der Atlantikküste. In Afrika liegen die Überwinterungsgebiete des Isabellwürgers nördlich von jenen des Neuntöters. Sie sind meist weiträumig von diesen getrennt, nur im nördlichen Uganda könnte es eine Überlappungszone geben.

Isabellwürger bewohnen vor allem trockene Lebensräume, wie Steppen und Halbwüsten, kommen jedoch auch in etwas feuchteren Gebieten, wie am Rande der großen Steppenseen, sowie in nur mäßig trockenen Berglagen vor. Wichtigstes Habitatrequisit sind, neben einem ausreichenden Angebot an Beutetieren, Büsche und niedrige Bäume als Ansitz und Nestträger. Häufig findet man Isabellwürger in mit Tamarisken, Saxaul und Senna, im Südwesten mit Pistazienbüschen bestandenen Gebieten, an kleinen Wasserläufen in Weiden- oder Akazienbeständen und in den Randbereichen der Schilfzonen der Steppenseen, wie etwa des Balchaschsees oder des Tengiz-Sees. In höheren Lagen sind vor allem Kurzrasenfluren mit einzelstehenden Wacholderbüschen und mit Rosengewächsen bebuschte Offenflächen am Rande lichter Nadelwälder geeignete Lebensräume. Isabellwürger brüten gelegentlich in geeigneten Habitaten am Rande kleiner Siedlungen, seltener auch in Parks, Obstgärten und anderen stark anthropogen gestalteten Landschaften.Vertikal ist die Art von den Ebenen um 200 Meter bis in Höhen von 2500 Metern vertreten. L. (i.) phoenicuroides wurde bis in Höhen von 3500 Metern als Brutvogel festgestellt.

Die Brutdichte variiert regional sehr stark. Gebietsweise können alle Unterarten, vor allem aber L. (i.) phoenicuroides hohe Siedlungsdichten erreichen. In Buschzonen der kasachischen Steppe, wo die Art vor allem in Beständen der Hornmeldenistet, betrug der Nestabstand etwa 100–150 Meter. Noch höhere Dichten mit Nestabständen um die 60 Meter konnten in einzelnen Flusstälern am Rande des Altai festgestellt werden. Dort sind die Aktivitätszentren balzender Männchen mit etwa 0,3 Hektar relativ klein. Detaillierte Angaben zu den Siedlungsdichten von L. i. arenarius und L. i. tsaidamensis sind nicht verfügbar.

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Gewohnheiten und Lebensstil

Detaillierte Angaben zum allgemeinen und zum Territorialverhalten der Art sind nur für L. (i.) phoenicuroides und in geringerem Ausmaß für die Nominatform verfügbar. Die wesentlichsten Verhaltensweisen gleichen weitgehend jenen des Neuntöters. Isabellwürger sind tagaktiv; sie leben zur Brutzeit in einer saisonalen Paarbindung, außerbrutzeitlich weitgehend solitär. Die Paarbildung vollzieht sich in den ersten Tagen nach Ankunft der Weibchen im Brutrevier, seltener bereits bei Rastaufenthalten während des Heimzuges. Isabellwürger errichten Brutterritorien und sind auch außerbrutzeitlich territorial. Nachbarterritorien können weiträumig überlappen, ohne dass es zu ernsten Auseinandersetzungen zwischen benachbarten Paaren kommt. Berührungskämpfe wurden nie beobachtet. Intensiver behauptet und verteidigt werden nur die unmittelbare Umgebung des Nistplatzes, die Spießplätze sowie einige Ansitze innerhalb des Reviers. Markiert wird das Territorium durch niedrige, langsame Schauflüge und Rufreihen in aufrechter Position an markanten Stellen. Die Drohgesten beinhalten das typische Würgerrepertoire, wie Kopfnicken, Buckelposition, Schwanz- und Flügelspreizen sowie Schnabelzeigen. Immer sind sie von lauten Rufreihen begleitet.

Lebensstil
Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Isabellwürger ernähren sich und ihre Jungen fast ausschließlich von Insekten. Wie die meisten Würger bevorzugen sie große Individuen, bei Massenauftreten werden aber auch kleine Arten gesammelt. Unter den Insekten überwiegen Käfer (vor allem Schnellkäfer, Schwarzkäfer und Blatthornkäfer), Grillen, Maulwurfsgrillen, Zikaden, Heuschrecken, Fangschrecken, Schmetterlinge und deren Raupen, Ameisen, Libellen und Hautflügler, darunter auch stechende Arten. Andere Wirbellose wie Spinnentiere und Würmer gehören zu den selteneren Beutetieren. Gelegentlich, offenbar besonders im Frühjahr nach Ankunft im Brutrevier, erbeutet die Art kleine Reptilien wie Steppenrenner, kleine Nagetiere, vor allem Rennmäuse sowie kleine Sperlingsvögel, hauptsächlich Nestlinge und frischflügge Jungvögel. In den Überwinterungsgebieten sind Nestlinge koloniebrütender Kleinvögel dagegen häufige Beutetiere dieser Würgerart, in Afrika besonders jene des Blutschnabelwebers.

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Der Isabellwürger ist vor allem ein Wartenjäger. Der Großteil der Beutetiere wird von einem 1–3 Meter über Bodenniveau liegenden Ansitz aus erspäht und am Boden geschlagen. In einem weitaus geringeren Ausmaß gewinnt er seine Nahrung durch Absuchen des Bodens, Ablesen der Nahrungstiere von Substratoberflächen oder durch Flugjagd. Große, nicht verzehrte oder verfütterte Beutetiere werden in stachelbewehrten Sträuchern aufgespießt oder in Zweiggabeln eingeklemmt.

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Paarungsgewohnheiten

Die Männchen erscheinen zuerst im Brutgebiet und besetzen ein Revier. Die Balz und Paarbindung vollzieht sich sehr schnell, oft innerhalb weniger Stunden. Die wesentlichsten Elemente sind das aufrechte Sitzen der potentiellen Partner sehr nahe beieinander, wobei das Männchen unentwegt ruft und singt. Danach verbeugt es sich rhythmisch und dreht den Kopf, die Flügel und Schwanzfedern sind leicht gesträubt. Diese Elemente können sich mehrmals wiederholen, unterbrochen von ritualisierten Verfolgungsjagden, Nistplatzzeigen mit angedeutetem Nistmulden und Futterübergaben, bis erste Kopulationen die Paarbildungsphase beenden und Nestbauaktivitäten beginnen.

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Das Nest wird meist in Höhen zwischen einem und zwei Metern errichtet. Als Nestträger kommen die im Brutrevier vorhandenen Büsche und Bäume in Frage, bevorzugt werden jedoch dornentragende Arten. Die wesentliche Konstruktionsarbeit verrichtet das Weibchen, während das Männchen vor allem Material herbeischafft. Das Nest ruht auf einer Basis von lose ineinander verkeilten Zweigchen und Ästchen. Es ist ein sehr sorgfältig und kompakt gebauter, tiefer Napf, der vor allem aus ineinanderverwobenen Grashalmen und feinen Wurzeln besteht. Es werden jedoch alle geeigneten und in der Nestumgebung verfügbaren Materialien verbaut. Innen wird das Nest mit Federn sowie mit Pflanzen- und Tierwolle ausgelegt, außen gelegentlich mit Blättern und Rindenstücken verkleidet. Der Außendurchmesser beträgt durchschnittlich 165, der Innendurchmesser etwa 68 Millimeter. Die Höhe liegt bei 82 Millimetern.

Die ersten Gelege der Unterart L. i. arenarius wurden schon Ende März festgestellt. Vögel dieser Unterart scheinen häufig zweimal im Jahr zu brüten, bei den anderen sind Ersatzgelege bei frühem Gelegeverlust die Regel. Die Brutsaison der anderen Unterarten beginnt frühestens Ende April und endet gegen Mitte Juni. Die Gelegegröße schwankt zwischen drei und acht Eiern, meist sind es fünf oder sechs. Die Eier sind auf variablem Grund (weißlich, cremefarben, grünlich, blass rötlich) zum stumpfen Ende hin unterschiedlich intensiv grau, ocker oder rötlich gepunktet und gefleckt. Eier von L. (i.) phoenicuroides messen im Durchschnitt 22,2×16,7 Millimeter. Das Weibchen legt im Tagesabstand, meist in den Morgenstunden. Nur das Weibchen brütet. Es wird während der Brutzeit und in den ersten Nestlingstagen vom Männchen mit Nahrung versorgt. Die Brutzeit schwankt, abhängig von den Wetterverhältnissen, zwischen 13 und 17 Tagen. Die Jungen schlüpfen nackt und blind, entwickeln sich aber sehr schnell und verlassen bereits nach 13–16 Tagen das Nest. Letztgeschlüpfte Junge verkümmern oft und sterben. Frischflügge Isabellwürger verbleiben noch lange in der Nestumgebung und werden bis zu einem Monat nach Verlassen des Nestes von den Eltern gefüttert. Isabellwürgergelege werden vor allem vom Kuckuck parasitiert.

Zum Bruterfolg der Art liegen keine Daten vor.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Es liegen weder quantitative Bestandseinschätzungen noch populationsdynamische Analysen vor. Für die Unterarten L. i. arenarius und L. i. tsaidamensis fehlen alle bestandsrelevanten Erkenntnisse. Die Verbreitungsdichte der Nominatform und von L. (i.) phoenicuroides schwankt regional sehr stark, gebietsweise ist die Art jedoch ein häufiger Brutvogel. Der Isabellwürger bewohnt sehr karge Gebiete, die landwirtschaftlich kaum nutzbar sind. Dort jedoch, wo Bewässerungsfeldbau betrieben wird, verringert steigender Insektizideintrag die Beutetierdichte und damit die Bestandsdichte der Art. Die IUCN bewertet die Bestandssituation mit LC = Keine Gefährdung (least concern).

Referenzen

1. Isabellwürger artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Isabellw%C3%BCrger
2. Isabellwürger auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/103718693/93995010
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/527262

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