Weißwangengans
Reich
Stamm
Klasse
Ordnung
Familie
Gattung
SPEZIES
Branta leucopsis
Populationsgrösse
880,000
Lebensdauer
24 years
Höchstgeschwindigkeit
95
59
km/hmph
km/h mph 
Gewicht
1-2
2.2-4.4
kglbs
kg lbs 
Länge
55-70
21.7-27.6
cminch
cm inch 
Spannweite
130-145
51.2-57.1
cminch
cm inch 

Die Weißwangengans oder Nonnengans (Branta leucopsis) ist eine Art der Gattung Meergänse (Branta) in der Familie der Entenvögel (Anatidae). Sie wird nicht in Unterarten, jedoch in drei getrennte Populationen aufgeteilt. Der Verein Jordsand hat diese Vogelart zum Seevogel des Jahres 2021 gekürt.

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Die Weißwangengans brütete früher ausschließlich an der russischen Eismeerküste. Seit den 1970er Jahren hat sie auch den Ostseeraum besiedelt und zählt mittlerweile zu den Brutvögeln Mitteleuropas. Sie ist nach wie vor jedoch überwiegend ein Wintergast, der meist als Einzelvogel oder in kleinen Trupps in Gesellschaft von Saat- und Blässgänsen beobachtet werden kann. Zu Beginn des Zuges sammeln sie sich dagegen zu gewaltigen Schwärmen, die bis zu 50.000 Tiere zählen können.

Zu den Merkmalen dieser Gänseart zählt eine enge Bindung an die Meeresküsten, die besonders im Winter ausgeprägt ist. Sie brüten in Kolonien unterschiedlicher Größe auf Felsvorsprüngen an der Meeresküste und an Flüssen. Die Kolonien finden sich dabei häufig in unmittelbarer Nähe von Greifvogelhorsten.

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Ta

Tagaktiv

Pf

Pflanzenfresser

Bl

Blattfresser

Gr

Grassfresser

Se

Semiaquatisch

Wa

Wasservögel

Ne

Nestflüchter

We

Weidegänger

Zo

Zoochorie

Re

Revier

An

Ansammlung bildend

Ov

Oviparie

Mo

Monogam

So

Sozial

Sc

Schwarmbildend

Ko

Kolonie

Ti

Tierwanderung

B

beginnt mit

Aussehen

Die Weißwangengans ist mit einer Größe von 58 bis 69 Zentimetern eine mittelgroße Gans; ihr Gewicht beträgt etwa 1,5 bis 2 Kilogramm. Typische Merkmale sind das weiße Gesicht und die weiße Stirn; Schnabel und Hals sind schwarz. Die Körperunterseite ist silbrigweiß. Die Flügel sind schwarzweiß quergebändert. Der Kontrast zwischen weißem Gesicht zum schwarzen Scheitel, Nacken und Hals erinnerte früher an die traditionelle Tracht katholischer Nonnen und war namensgebend. Auffallend sind außerdem der verhältnismäßig kurze, rund wirkende Hals und Schnabel. Beide Geschlechter sind farbgleich.

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Die Dunenküken haben ein olivgraues Rückengefieder. An der Unterseite sind sie weiß. Allerdings findet sich ein olivgraues Farbfeld auch an der oberen Brust. Kopf und Hals sind weißlich, wobei die Kopfplatte braun ist und sich ein dunkler Zügel von der Schnabelbasis bis zum Auge zieht. Auf dem Rücken, der Unterseite der Flügel sowie am Ende der Flügel finden sich kleine weiße Farbfelder. Frisch geschlüpfte Dunenküken haben einen dunklen Schnabel mit einem rosa oder cremefarbenen Nagel. Beine, Füße und Schwimmhäute sind grau.

Das Jugendkleid der Weißwangengänse entspricht in Farb- und Zeichnungsmuster bereits den ausgewachsenen Gänsen. Es ist allerdings insgesamt brauner. Speziell die Schulterfedern und die Flügeldecken weisen noch breite braune Endbinden auf. Die weiße Gesichtszeichnung ist noch von einzelnen schwarzen Federn durchsetzt. Im ersten Jahreskleid unterscheiden sich noch unvermauserte Junggänse von den adulten Altvögeln nur noch durch die breiten braunen Endsäume auf den Decken.

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Verteilung

Erdkunde

Verbreitungsgebiet der Weißwangengans sind Teile der Westpaläarktis. Insgesamt werden drei Populationen unterschieden: a) Spitzbergen, b) Grönland und c) Russisch-Baltische Population. Letztere brütet in großen Kolonien in einem weiten Areal zwischen Nowaja Semlja, Kolgujew und der Kanin-Halbinsel, hat sich aber seit den 1970er Jahren zudem auf Gotland und Öland angesiedelt und seit Ende der 1990er Jahre in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und den Niederlanden. Mitteleuropa ist damit die vierte Region und die einzige der mittleren Breiten, die mit 2.200 bis 2.800 Brutpaaren eine nennenswerte Brutpopulation aufweist.

Weißwangengans Lebensraum-Karte
Weißwangengans Lebensraum-Karte
Weißwangengans
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Gewohnheiten und Lebensstil

Die Weißwangengans ist ein Zugvogel, der für gewöhnlich im Herbst aus seinen arktischen Brutrevieren nach Süden zieht und in Mitteleuropa überwintert. Die Flugrouten der Weißwangengans sind nicht genetisch fixiert, sondern werden in den verschiedenen Teilpopulationen tradiert.

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Weißwangengänse sind gesellig, außerhalb der Paarungs- und Brutzeit leben sie in mehr oder weniger großen Schwärmen. Dabei schließen sie sich oft anderen Gänsearten an. Im Flug zeigen Großschwärme keine besondere Formation, kleinere Schwärme von 20 bis 40 Tieren bilden dagegen die gänsetypische V-Formation aus. Während des Flugs sind ständig Kontaktrufe zu hören, die wie „gäk gäk gäk“ klingen und entfernt an Hundegebell erinnern können.

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Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Weißwangengänse leben im Winter vorwiegend von kurzem Gras, fressen aber auch andere Pflanzen, die in Salz- und Brackwasserwiesen heimisch sind, insbesondere Andel und Queller. Im Frühjahr werden auch die Knospen und Kätzchen von Weiden genommen, tierische Lebewesen wie verschiedenen Crustaceen, Wasserinsekten und wahrscheinlich auch Mollusken ergänzen das Nahrungsspektrum.

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Während der Sommermonate ernähren sie sich vorwiegend von polaren Flechten und Moosen, die sie mit Hilfe einer scharfkantigen Wölbung am Schnabelende von den Oberflächen der Steine schaben.

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Paarungsgewohnheiten

PAARUNGSVERHALTEN

Für gewöhnlich zeigen Weißwangengänse eine große Partnertreue, wobei sie sich jedoch bei Verlust des Partners neu verpaaren. Meist brüten mehrere Paare gemeinsam an hochgelegenen und schwer zugänglichen Klippen und Felsen. Die Nistplätze können von den Gänsen nur fliegend erreicht werden.

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Der Brutbeginn der Weißwangengans fällt in den späten Mai bis frühen Juni. Sie kehrt damit etwas später als Saat- und Blässgänse in ihre Brutareale zurück. Weißwangengänse ziehen nur ein Gelege pro Jahr groß. Sie brüten in arktischen Tälern und bevorzugen dort Niststandorte, die sich an Felsabhängen befinden. Nur in Ausnahmefällen brüten sie auch auf Flussinseln. Weißwangengänse nisten in der Regel in kleinen Kolonien. Der Abstand der Nester beträgt gewöhnlich mindestens zwei Meter. Häufig finden sich die Nester inmitten der Kolonien der Trottellummen, in Teilen des Verbreitungsgebietes auch zwischen Dickschnabellummen, Dreizehenmöwen und anderen Seevögeln. In weiten Teilen des Brutareals zeigt die Weißwangengans eine enge Nähe zu Horsten von Wanderfalken. Diese scheint umso ausgeprägter zu sein, je größer die Gefahr ist, dass Eisfüchse in die Kolonie eindringen. Das Nest ist eine flache Bodenmulde, die mit nur wenig Pflanzenmaterial ausgekleidet wird. Sie enthält aber große Mengen an Daunen und einigen anderen Körperfedern. Die Daunen sind dunkelgrau mit einem hellen Zentrum. Sie sind dunkler als die der Kurzschnabelgans und grauer und schmäler als die der Eiderente.

Das Gelege besteht im Regelfall aus drei bis fünf Eiern. Sie sind von cremeweißer Farbe, elliptisch geformt und haben eine leicht raue, nicht glänzende Oberfläche. Es brütet nur das Weibchen, das nach der Ablage des letzten Eis des Geleges mit der Brut beginnt. Das Männchen hält sich derweil in der Nähe des Nestes auf. Die Brutdauer beträgt 24 bis 25 Tage. Die Dunenküken sind Nestflüchter und werden von beiden Elternvögeln betreut. Sie sind nach etwa sieben Wochen flügge, halten sich aber zunächst in der Nähe der Elternvögel auf.

Um ihre Brut vor Fressfeinden zu schützen, suchen sich Weißwangengänse auch sehr steile Felsabhänge als Nistplätze. Das hat zur Folge, dass die frisch geschlüpften Küken aus ihrem Gelege springen müssen, um zu den Nahrungsgründen zu gelangen. Die Prägung auf ihre führende Gänsemutter bringt die Küken dazu, das Nest zu verlassen. Der National Geographic beschreibt im Film „Mountains – Hostile Planet“ (Jamesonland, Ostgrönland) einen 120-m-Sprung (400 ft), den nur eins von drei Küken überlebt. Meist ist nicht der Sturz selbst die Todesursache, sondern die Prädatoren, die am Fuß der Felsen warten (u. a. Krähen und Eisfüchse). Durch ihr geringes Gewicht und die weiche Daunenbefiederung der Küken wird der Aufprall auf die Felsen gemildert. Küken, die diesem Instinkt nicht folgen, bleiben im Nest zurück und verhungern. Etwa 50 % der auf solchen Felsen geschlüpften Küken überleben den ersten Lebensmonat. Gelegentlich kommt aber auch die gesamte Brut direkt während des Nestverlassens ums Leben.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Weißwangengänse werden von Landwirten verfolgt, weil sie im Winter häufig Felder und Ackerflächen aufsuchen, um sich von Gras zu ernähren. In Svalbard leiden diese Vögel auch unter der Prädation durch Polarfüchse, die erwachsene Vögel, Eier und frisch geschlüpfte Gänseküken jagen.

Populationszahl

Die Bestandssituation der Weißwangengans wurde 2016 in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN als „Least Concern (LC)“ = „nicht gefährdet“ eingestuft. Von einem Tiefpunkt in den 1950er Jahren vollzog sich eine spektakuläre Zunahme der Bestände. 1970 gab es dann 50.000 Exemplare. Aktuell wird der Gesamtbestand auf 440.000 Tiere geschätzt.

Ökologische Nische

Weißwangengänse sind wichtige Samenverbreiter in ihrem Ökosystem, da sie sich von einer Vielzahl von Kräutern und Gräsern ernähren. Diese Vögel sind auch eine Nahrungsquelle für lokale Prädatoren wie Falken, Eisbären und Polarfuchs.

Lustige Fakten für Kinder

  • Weißwangengänse gehören zur Gattung Branta der schwarzen Gänse; diese Gattung enthält Arten mit weitgehend schwarzem Gefieder, was sie von den grauen Feldgänsen unterscheidet.
  • Der wissenschaftliche Name der Weißwangengans 'branta' bedeutet "verbrannte (schwarze) Gans". Der Name 'leukos' bedeutet "weiß", und 'opsis' wird mit "Gesicht" übersetzt.
  • Weißwangengänse sind für ihr Brutverhalten bekannt. Diese Vögel bauen ihre Nester häufig hoch auf Bergklippen, fernab von Prädatoren (vor allem Polarfuchs und Eisbär), aber auch fernab von Nahrung. Wie alle Gänse werden die Gänseküken nicht von den Erwachsenen gefüttert. Anstatt den frisch geschlüpften Gänseküken Nahrung zu bringen, werden die Gänseküken auf den Boden gebracht. Da sie nicht fliegen können, springen die drei Tage alten Gänseküken von der Klippe und lassen sich fallen. Ihre geringe Größe, ihr gefiederter Flaum und ihr sehr geringes Gewicht schützen sie vor schweren Verletzungen, wenn sie fallen.
  • Um die Naturgeschichte der Weißwangengans rankte sich lange Zeit eine Legende, die besagte, dass sie aus den Krebstieren, den so genannten Seepocken, geboren wurde. Der Grund für diesen Glauben war, dass die Gänse im Sommer nie zu sehen waren, wohl aber die Seepocken; dies führte zu der Annahme, dass die Gänseküken aus den Seepocken entstanden. Tatsächlich verbrachten die Gänse zu dieser Zeit den Sommer in abgelegenen arktischen Regionen.
  • Einer anderen Legende zufolge sollen Weißwangengänse aus Treibholz geboren worden sein.

Referenzen

1. Weißwangengans artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fwangengans
2. Weißwangengans auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22679943/131909954
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/696678

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