Bartgeier
Reich
Stamm
Klasse
Ordnung
Familie
Unterfamilie
Gattung
SPEZIES
Gypaetus barbatus
Populationsgrösse
2,000-10,000
Lebensdauer
21-45 years
Gewicht
4.5-7.8
9.9-17.2
kglbs
kg lbs 
Länge
94-125
37-49.2
cminch
cm inch 
Spannweite
2.3-2.8
7.5-9.2
mft
m ft 

Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) oder Lämmergeier ist ein Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Er bildet die einzige Art der gleichnamigen Gattung (Gypaetus). Traditionell zählte er zur Unterfamilie der Altweltgeier (Aegypiinae), ehe er aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen mit dem Schmutzgeier und dem Palmgeier in eine eigene Unterfamilie (Gypaetinae) gestellt wurde.

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Mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,9 Metern zählt der Bartgeier zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt. Er ist neben dem etwa gleich großen Mönchsgeier der größte Greifvogel Europas, und mit 225 bis 250 Brutpaaren in Europa einer der seltensten.

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Ta

Tagaktiv

Aa

Aasfresser

Fl

Fleischfresser

Ba

Baumbewohner

Te

Terrestrisch

Pr

Prädator

Gl

Gleitflug

Ne

Nesthocker

Ov

Oviparie

Re

Revier

Se

Segelflug

Mo

Monogam

Po

Polyandrie

So

Solitär

Ke

Keine Tierwanderung

B

beginnt mit

Aussehen

Ausgewachsene Bartgeier haben ein kontrastreiches Körpergefieder. Die Oberseite ist grauschwarz. Kopf, Hals und die Körperunterseite sind weiß bis rostrot. Ihre Flügelspannweite beträgt 2,30–2,83 m, ihre Körperlänge 94–125 cm, ihr Gewicht 4,5–7 kg. Junge Bartgeier sind überwiegend grauschwarz, nach fünf bis sieben Jahren ist die Art ausgefärbt. Bartgeier weisen einen nur sehr geringen Geschlechtsdimorphismus auf.

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Auffällige borstenartige schwarze Federn hängen dem Bartgeier über den Schnabel. Sie sind für diese Art namensgebend gewesen. Die Augen sind von einem roten Skleralring umgeben; die Intensität des Rots spiegelt die Stimmung des Vogels wider. Je erregter er ist, desto leuchtender ist dieser Skleralring. Die Iris der Augen ist gelb.

Der Bartgeier hat lange, relativ schmale und zum Ende hin deutlich zugespitzte Flügel, die beim Gleiten leicht nach unten hängend gehalten werden. Der Schwanz ist lang und keilförmig. Er ist insgesamt deutlich schmalerflügelig und längerschwänzig als alle anderen Geier und ähnelt in seinem Flugbild eher einem riesigen Falken. Als ausgezeichneter Segler kann er schon geringste Aufwinde nutzen, um im Gleitflug an Felswänden oder über einem Berggipfel zu patrouillieren.

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Verteilung

Erdkunde

Der Bartgeier hat heute ein disjunktes Verbreitungsgebiet. Er ist in Afrika ebenso zu finden wie in den Pyrenäen, einigen Bergregionen Südeuropas, auch in den österreichischen Tauern, in Gebirgen des südwestlichen und zentralen Asien, der Mongolei und Zentralchinas. Innerhalb dieses großen Verbreitungsgebietes werden zwei Unterarten beschrieben:

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  • Gypaetus barbatus barbatus ist die Nominatform. Sie ist im Atlasgebirge in Marokko, Algerien und Tunesien ebenso beheimatet wie in den Pyrenäen, auf Korsika sowie im Kaukasus-Gebirge. Sie ist außerdem auch die in Asien vorkommende Unterart.
  • G. b. meridionalis ist die afrikanische Unterart des Bartgeiers. Sie ist etwas kleiner als die Nominatform und hat kurze Federhosen sowie einfarbig helle Wangen. Diese Unterart ist in Afrika mit etwa 15.000 Individuen im Norden Tansanias, in Kenia, Uganda, Äthiopien, dem Sudan, Lesotho und im Südwesten Arabiens zu finden.

Typische Lebensräume des Bartgeiers sind alpine und montane Bergregionen oberhalb der Baumgrenze. Diese Gebiete sind durch große Höhenunterschiede, steile Felswände, gute Thermik und Aufwinde gekennzeichnet. Sie müssen außerdem Frischwasser und sogenannte Rotbadestellen aufweisen. Unzugängliche Felsnischen sind notwendig, damit die Bartgeier zur Brut kommen. Wichtig ist für den Bartgeier gleichfalls, dass es einen Bestand von Beutegreifern wie Wolf und Luchs sowie großen Greifvögeln wie Steinadler in seinem Lebensraum gibt. Er benötigt sie, da er von ihnen einen Teil der Beute übernimmt.

Die Höhenregionen, in denen sich Bartgeier aufhalten, entsprechen in Europa Höhen zwischen 1500 und 3000 Metern. Im Himalaya kommen sie bis zu 7800 Metern vor. In Äthiopien dagegen kann man den Bartgeier bereits in einer Höhe ab 300 Metern über dem Meeresspiegel beobachten.

Das von Familiengruppen oder Paaren beanspruchte Revier hat eine Größe zwischen 100 und 400 Quadratkilometern. Während des Winterhalbjahrs wird das Gebiet, das Bartgeier während ihrer Nahrungssuche überfliegen, noch größer. Allerdings verhalten sich Bartgeier nur in unmittelbarer Nähe ihres Nestes aggressiv gegenüber Artgenossen und anderen Greifvögeln. Bartgeier sind Standvögel, die das ganze Jahr über in ihrem Brutrevier verbleiben.

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Bartgeier Lebensraum-Karte
Bartgeier Lebensraum-Karte
Bartgeier
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Gewohnheiten und Lebensstil

Bartgeier sind sesshaft und besetzen das ganze Jahr über ein riesiges Revier. Sie leben in Paaren, aber außerhalb der Brutzeit ziehen sie es vor, ihre Zeit allein zu verbringen. Diese Vögel sind tagsüber aktiv und fliegen viele Stunden lang auf der Suche nach Kadavern oder lebender Beute. Sie können pro Tag über zwei Quadratkilometer abfliegen. Bei der Fütterung können Bartgeier ganze Knochen verschlucken oder brüchige Knochen bis zur Größe eines Lammoberschenkels durchbeißen, und ihr kräftiges Verdauungssystem löst selbst große Stücke schnell auf. Da sie Knochenmark bevorzugen, haben diese Vögel gelernt, Knochen zu knacken, die zu groß sind, um sie zu verschlucken, indem sie sie im Flug in eine Höhe von 50-150 m (160-490 ft) über dem Boden tragen und dann auf Felsen darunter fallen lassen; dadurch werden sie in kleinere Stücke zerschlagen und das nahrhafte Mark freigelegt. Sie können mit Knochen fliegen, die einen Durchmesser von bis zu 10 cm haben und über 4 kg wiegen, also fast so viel wie ihr eigenes Gewicht. Nachdem er die großen Knochen abgeworfen hat, fliegt der Bartgeier spiralförmig oder im Gleitflug nach unten, um sie zu inspizieren, und kann diesen Vorgang wiederholen, wenn der Knochen nicht ausreichend geknackt ist. Diese erlernte Fähigkeit erfordert von unreifen Vögeln ausgiebige Übung und es dauert bis zu 7 Jahre, bis sie sie beherrschen. Seltener brechen diese Vögel Knochen (in der Regel von mittlerer Größe), indem sie sie mit ihrem Schnabel direkt in Felsen hämmern, während sie auf dem Boden sitzen. Lebende Beute wird normalerweise räuberisch ergriffen und im Flug fallen gelassen. Wenn sie sich von Aas ernähren, bevorzugen Bartgeier die Gliedmaßen von Schafen und anderen kleinen Säugetieren. Im Gegensatz zu anderen Geiern, die ihre Jungen durch Erbrechen füttern, tragen sie die Nahrung zum Nest.

Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Bartgeier leben nahezu ausschließlich von Aas – die einzige Ausnahme im Mittelmeerraum sind Landschildkröten. Die trägt der Bartgeier in die Luft und lässt sie aus großer Höhe fallen, ebenso wie Knochen. In Afrika ist außerdem beobachtet worden, dass er die Plazenta von Wild- und Nutztieren frisst. Hierfür landet der Bartgeier mitten in der Herde und nähert sich dann zu Fuß den Geburtsüberresten.

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Seine Nahrung besteht zu etwa 80 % aus Knochen von gefallenen Tieren und Aas. Jungtiere sind noch auf Muskelfleisch angewiesen, erwachsene Tiere können sich fast ausschließlich von Knochen ernähren. Ein ausgewachsenes Tier benötigt täglich zwischen 250 und 400 Gramm Knochen. Bartgeier lassen die Knochen aus großer Höhe auf Felsen fallen, um sie zu zerkleinern und schlundgerechte Stücke zu erhalten.

Entdeckt ein Bartgeier einen Kadaver, kreist er erst eine Zeit lang über diesem. Landet er, macht er das in einiger Entfernung vom Kadaver und nähert sich diesem zu Fuß. Beute, die er nicht sofort verzehrt, bewahrt er in größeren Nahrungsverstecken in Horsten oder Ruhe- und Schlafplätzen auf.

Mit der Spezialisierung auf Knochen hat der Bartgeier eine Nahrungsnische gefunden, die ihm von keinem anderen Tier streitig gemacht wird. Er wartet daher auch geduldig ab, bis sich andere Beutegreifer wie Füchse, Wölfe, Bären oder auch andere Geier am Kadaver gütlich getan haben. Die spektakulären Verteilungsauseinandersetzungen, die man beispielsweise in der afrikanischen Savanne beobachten kann, wenn Geier zwischen Löwen versuchen, an Teile des Kadavers zu gelangen, kommen bei Bartgeiern nicht vor. Mit der Spezialisierung auf Knochen hat der Bartgeier sich durchaus eine nährstoffreiche Nahrungsquelle erschlossen. Knochen enthalten im Durchschnitt 12 Prozent Eiweiß, 16 Prozent Fett, 23 Prozent Mineralstoffe und 49 Prozent Wasser. Wegen des geringen Wassergehaltes der Knochen trinken Bartgeier häufig. Sie sind daher auf Frischwasserquellen in ihrem Lebensraum angewiesen und nehmen auch Schnee auf, um ihren Durst zu stillen.

Bartgeier verfügen über eine außergewöhnliche große Mundspalte. Ausgewachsene Vögel können bis zu 18 Zentimeter lange und 3 Zentimeter dicke Knochen unzerkleinert verschlucken. Noch größere Knochen werden jedoch vor dem Fressen zerkleinert. Im Unterschied zu anderen Geierarten verfügt der Bartgeier über recht bewegliche Greiffüße und spitze Krallen. Daher ist er in der Lage, die Knochen zu ergreifen, mit ihnen in die Luft zu steigen und sie aus einer Höhe von 60 bis 80 Meter fallen zu lassen. In einem Revier etablierte Bartgeier nutzen regelmäßig sogenannte Knochenschmieden, das sind Felsplatten von etwa 30 Quadratmeter Fläche. Auf diese Flächen lässt der Bartgeier den Knochen hinabstürzen, damit dieser zerbricht. Bartgeier sind dabei hartnäckig und lassen Knochen bis zu 40 Mal hinabfallen, bis sie endlich brechen.

Die Neigung, Knochen fallen zu lassen, ist Bartgeiern angeboren. Technische Fertigkeit erwerben sie jedoch erst im Laufe der Zeit. Sehr erfahrene Vögel lassen den Knochen erst nach dem Ansetzen zum Sturzflug los.

Die ausreichend zerkleinerten Knochentrümmer werden geschluckt und im Magen von der starken Magensäure des Geiers aufgelöst.

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Paarungsgewohnheiten

PAARUNGSVERHALTEN

Bartgeier sind wendige und geschickte Flieger und zeigen das auch während ihres Balzspiels. Zum Balzspiel gehören Verfolgungsjagden zwischen den Partnern, Loopings, Fliegen auf dem Rücken, bei dem sich die Vögel gelegentlich an den Fängen fassen und gemeinsam bis knapp über den Boden hinabtrudeln. Das wechselt mit Flugphasen, in denen sie im Abstand weniger Meter völlig synchron fliegen.

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Bartgeier bauen in unzugänglichen Felsnischen oft gewaltige Horste. Der Horstbau beginnt im Herbst. Die Horste werden von den in festen Partnerschaften lebenden Bartgeiern immer wieder genutzt. Ältere Horste können eine Breite von drei Metern und eine Höhe von zwei Metern erreichen. Beim Nestbau verarbeiten die Bartgeier neben Ästen auch Knochen und polstern die Nestmulde mit Federn und Tierhaaren aus. Wo sie sie finden, nutzen sie zum Auspolstern auch Lappen und Papier. In der Literatur ist sogar ein Fall bekannt, wo ein Gebetsteppich zum Auspolstern verwendet wurde.

Die Eiablage erfolgt im späten Dezember oder Januar, wenn in den von ihnen bevorzugten Lebensräumen ein besonderes harsches Wetter vorherrscht. Bartgeier legen gewöhnlich zwei Eier. Das zweite Ei folgt etwa eine Woche nach dem ersten. Die Brutdauer beträgt 52 bis 58 Tage. Der zweite schlüpfende Jungvogel ist meist nicht in der Lage, sich gegen den älteren Jungvogel im Kampf um das Futter durchzusetzen. Daher stirbt er meist durch Vernachlässigung innerhalb weniger Tage. In seltenen Ausnahmefällen tötet der ältere Jungvogel sein schwächeres Geschwister (Kainismus). Die Jungvögel, die überwiegend im März schlüpfen, kommen dann zur Welt, wenn die Schneeschmelze einsetzt und zahlreiche Tierkadaver von im Winter umgekommenen Wildtieren freigelegt werden. Bartgeiern fällt in dieser Zeit die Nahrungsbeschaffung für den Jungvogel leicht. Die Nestlingszeit beträgt 110 bis 120 Tage.

Während ausgewachsene Bartgeier Standvögel sind, streifen Jungvögel umher. Dabei verlassen sie jedoch nur ausnahmsweise die Gebirge. Auf ihren Streifzügen schützt sie unter anderem ihr Jugendkleid vor den Aggressionen von Revierinhabern. Erwachsene Vögel dulden Vögel im Jugendkleid auch an der Beute. Bartgeier erreichen mit 5–7 Jahren die Geschlechtsreife.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Der Bartgeier ist eine der am stärksten gefährdeten europäischen Vogelarten. Im Laufe des letzten Jahrhunderts sind sein Vorkommen und sein Brutgebiet aufgrund der Zunahme der menschlichen Bevölkerung und der Infrastruktur drastisch zurückgegangen. Zum Zunehmenden Ausbau der Infrastruktur gehört der Bau von Häusern, Straßen und Stromleitungen. Zu den größten Bedrohungen für den Bartgeier gehören daher ein abnehmender Lebensraum, tödliche Kollisionen mit Energieinfrastrukturen, ein verringertes Nahrungsangebot, für Fleischfresser ausgelassene Gifte und die direkte Verfolgung in Form von Trophäenjagd.

Populationszahl

Laut der Roten Liste der IUCN beläuft sich die Gesamtpopulation des Bartgeiers auf 2.000-10.000 Individuen, was ungefähr 1.300-6.700 geschlechtsreifen Individuen entspricht. In Europa besteht die Population dieser Art aus 580-790 Paaren, was 1.200-1.600 geschlechtsreifen Individuen entspricht. Gegenwärtig wird der Bartgeier auf der Roten Liste der IUCN als Potentiell gefährdet (NT) eingestuft, und sein Bestand ist heute abnehmend.

Ökologische Nische

Als Aasfresser spielen Bartgeier eine wichtige Rolle in ihrem Ökosystem. Durch die Beseitigung von Tierresten säubern diese Vögel die Umwelt und tragen dazu bei, die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.

Lustige Fakten für Kinder

  • Der wissenschaftliche Name des Bartgeiers bedeutet "Bartgeier-Adler".
  • Der andere gebräuchliche Name dieses Vogels 'lammergeyer' stammt von dem deutschen Wort Lämmergeier ab, was "Lammgeier" bedeutet. Dieser Name rührt von dem Glauben her, dass er Lämmer angreift.
  • Der Bartgeier ist die einzige lebende Vogelart, die sich auf die Ernährung von Knochenmark spezialisiert hat. Sein alter Name ossifrage bedeutet "Knochenbrecher" und bezieht sich auf diese Gewohnheit.
  • Wenn es um lebende Beute geht, scheinen Bartgeier Schildkröten besonders zu bevorzugen, je nachdem, wie viele es vor Ort gibt. Die erbeuteten Schildkröten können fast so schwer sein wie der Beutegeier. Um Schildkröten zu töten, fliegen Bartgeier mit ihnen in eine gewisse Höhe und lassen sie fallen, um die harten Panzer der massigen Reptilien aufzubrechen. Die anderen Raubvögel, die auf die gleiche Weise Schildkröten töten, sind Steinadler.
  • In der iranischen Mythologie gilt der seltene Bartgeier (persisch: هما, 'Homa') als Symbol für Glück und Zufriedenheit. Es wurde geglaubt, dass, wenn der Schatten eines Homa auf ihn fällt, er zur Herrschaft aufsteigt und jeder, der den Vogel erschießt, in vierzig Tagen stirbt.

Referenzen

1. Bartgeier artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Bartgeier
2. Bartgeier auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22695174/118590506
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/653856

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