Wildschwein
Reich
Stamm
Unterstamm
Klasse
Ordnung
Familie
Gattung
SPEZIES
Sus scrofa
Populationsgrösse
Unknown
Lebensdauer
2-27 years
Höchstgeschwindigkeit
48
30
km/hmph
km/h mph 
Gewicht
80-175
176-385
kglbs
kg lbs 
Höhe
55-100
21.7-39.4
cminch
cm inch 
Länge
153-240
60.2-94.5
cminch
cm inch 

Das Wildschwein (Sus scrofa) ist ein Paarhufer in der Familie der Echten Schweine und die Stammform des Hausschweins. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet reicht von Westeuropa bis Südostasien, durch Aussetzen in Nord- und Südamerika, Australien sowie auf zahlreichen Inseln ist es heute nahezu weltweit verbreitet.

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Wildschweine sind Allesfresser und sehr anpassungsfähig; in Mitteleuropa nimmt die Population vor allem durch den vermehrten Anbau von Mais stark zu und die Tiere wandern verstärkt in besiedelte Bereiche ein.

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Aussehen

Der Körper des Wildschweins wirkt von der Seite betrachtet gedrungen und massiv. Dieser Eindruck wird durch die im Vergleich zur großen Körpermasse kurzen und nicht sehr kräftig wirkenden Beine verstärkt. Im Verhältnis zum Körper wirkt auch der Kopf fast überdimensioniert. Er läuft nach vorn keilförmig aus. Die Augen liegen weit oben im Kopf und sind nach schräg-vorn gerichtet. Die Ohren sind klein und von einem Rand zottiger Borsten umgeben. Der kurze, gedrungene und wenig bewegliche Hals ist nur erkennbar, wenn Wildschweine ihr Sommerfell tragen. Im Winterfell scheint der Kopf direkt in den Rumpf überzugehen. Von der Stirn bis über den Rücken verläuft ein Kamm langer Borsten, der aufgestellt werden kann.

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Die Körperhöhe nimmt zu den Hinterbeinen ab. Der Körper endet in einem bis zu den Fersengelenken hinabreichenden Schwanz, der sehr beweglich ist. Mit ihm signalisiert das Wildschwein durch Pendelbewegungen oder durch Anheben seine Stimmung. Von vorn betrachtet wirkt der Körper schmal.

Das adulte, männliche Tier lässt sich von dem weiblichen – bei seitlicher Betrachtung – an der Form der Schnauze unterscheiden. Während sie beim Weibchen lang und gerade verläuft, wirkt sie beim Männchen kürzer.

Gewicht und Größe sind je nach geographischer Verbreitung sehr unterschiedlich, das Gewicht variiert außerdem je nach Jahreszeit. Als grobe Regel kann gelten, dass Körpermasse und Körpergröße von Südwesten nach Nordosten zunehmen. Vollkommen ausgewachsen sind Wildschweine ab ihrem fünften Lebensjahr; in Mitteleuropa haben Bachen dann eine Kopf-Rumpf-Länge von 130 bis 170 cm, Keiler erreichen eine Länge von 140 bis 180 cm. Das maximale Lebendgewicht von ausgewachsenen Bachen in Mitteleuropa liegt bei rund 150 kg und das von ausgewachsenen Keilern bei rund 200 kg. Mindestens fünf Jahre alte Bachen im Osten Deutschlands wogen ohne innere Organe („aufgebrochen“) zwischen 43 und 95 kg, Keiler ohne innere Organe zwischen 54 und 157 kg. Die höchsten Gewichte erreichten Bachen dort von Oktober bis März, Keiler von August bis Dezember. Ein Schlachtgewicht oder Schlachtalter kann nicht definiert werden, da die Jagd auf wilde Tiere dem Zufallsprinzip unterliegt.

Wildschweine in Astrachan, im Schutzgebiet der Beresina und im Kaukasus werden deutlich größer und schwerer. Männchen können hier eine Körperlänge bis zu 200 cm und ein Gewicht bis zu 200 kg erreichen. In den 1930er Jahren wurden im Wolgadelta und am Syrdarja Wildschweine von bis zu 260 kg erlegt, und einige Jahre vorher sind sogar Tiere von 270 kg und 320 kg Gesamtgewicht belegt. Auch aus dem fernen Osten Russlands sind Keiler mit über 300 kg Körpergewicht bekannt. Im gesamten Verbreitungsgebiet verringerte sich die Körpergröße des Wildschweins durch Bejagung und heute gelten Tiere mit 200 kg Körpergewicht als sehr groß. Aus den Karpaten wird von Wildschweinen mit 110 cm Schulterhöhe und 350 kg berichtet.

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Verteilung

Erdkunde

Das Wildschwein ist ein in ganz Eurasien sowie in Japan und in Teilen der südasiatischen Inselwelt in etwa 20 Unterarten verbreitetes Wildtier. Das Verbreitungsareal hat sich im Laufe der Jahrtausende mehrmals verändert. Während der Kaltzeiten hat sich das Verbreitungsgebiet mehrfach in östlicher und südlicher Richtung verschoben und während Wärmeperioden wieder in westlicher und nördlicher Richtung ausgedehnt. Die Art kam nach der letzten Eiszeit ursprünglich von den Britischen Inseln, Südskandinavien und Marokko im Westen über ganz Mittel- und Südeuropa, Vorder- und Zentralasien, Nordafrika, Vorder- und Hinterindien bis Ostsibirien, Japan und Vietnam im Osten vor und erreicht über Sumatra und Java sogar die Kleinen Sundainseln Bali, Lombok, Sumbawa und Komodo. Außerdem findet man es auf Ceylon, Hainan und Taiwan, auf Borneo scheint die Art dagegen zu fehlen. Die Vorkommen auf Sardinien, Korsika und den Andamanen sind vermutlich durch den Menschen dort angesiedelt worden.

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In Nordafrika war es bis vor wenigen Jahrhunderten entlang des Niltals bis südlich von Khartum sowie nördlich der Sahara verbreitet. Mittlerweile gilt das Wildschwein in Nordafrika als selten. Die früher von der Südtürkei bis nach Palästina vorkommende Unterart Sus scrofa libycus sowie die früher in Ägypten und Sudan beheimatete Unterart Sus scrofa barbarus gelten als ausgestorben. Auf der Arabischen Halbinsel kommen Wildschweine nur im äußersten Norden vor.

Die ursprüngliche Nordgrenze der Verbreitung erstreckte sich vom Ladogasee (auf 60° N) im Nordwesten südwärts über Nowgorod bis Moskau und dann in west-östlicher Richtung über die Wolga bis zum südlichen Ural (wo sie 52° N erreichten). Von da aus schob sich die Grenze wieder leicht nach Norden, um beinahe Ischim und weiter östlich den Irtysch auf 56° N zu erreichen. In der östlichen Barabasteppe (westlich Nowosibirsk) bog die Linie scharf nach Süden ab und erreichte beinahe die Ausläufer des Altaigebirges, das sie umkreiste und sich von dort aus über das Tannu-ola-Gebirge bis zum Baikalsee zog. Von hier verlief die Grenze nördlich des Amur bis zu seinem Unterlauf am Chinesischen Meer. Auf Sachalin ist das Wildschwein nur fossil nachgewiesen. In trockenen Wüsten, Hochgebirgen und im Tibetischen Hochland fehlt das Wildschwein naturgemäß auch südlich der beschriebenen Linie. So fehlt es in den Trockengebieten der Mongolei ab 44–46° N südwärts, in der Volksrepublik China westlich von Sichuan und in Indien nördlich des Himalaya. In den hohen Bergen des Pamir und im Tianshan findet man keine Wildschweine, im Tarimbecken und an den unteren Hängen des Tianshan kommen die Tiere dagegen vor.

In den letzten Jahrhunderten hat sich die Verbreitung des Wildschweins vor allem aufgrund menschlicher Eingriffe verändert. Mit der Ausdehnung und Intensivierung der Landwirtschaft nahm auch die Bejagung des Wildschweins zu, so dass beispielsweise die Art in England bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts ausgerottet war. In Dänemark erlegte man die letzten Wildschweine Anfang des 19. Jahrhunderts, bis 1900 gab es auch in Tunesien und dem Sudan keine Wildschweine mehr, und auch in Deutschland sowie in Österreich, Italien und der Schweiz waren weite Teile wildschweinfrei. Zu den deutschen Regionen, in denen bis in die 1940er Jahre Wildschweine nicht mehr vertreten waren, zählen beispielsweise Thüringen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg.

Im 20. Jahrhundert haben sich Wildschweine weite Teile ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets wieder zurückerobert. So sind beispielsweise in die italienische Toskana, die lange Zeit aufgrund der intensiven landwirtschaftlichen Bewirtschaftung wildschweinfrei war, in den 1990er Jahren wieder Wildschweine eingewandert.

Auch in Russland war das Wildschwein in den 1930er Jahren in weiten Teilen ausgerottet und die Nordgrenze der Verbreitung war besonders im Westen weit nach Süden verschoben. Bis 1950 hatten sich die Tiere jedoch wieder ausgebreitet und an vielen Stellen fast wieder die alte Nordgrenze des Verbreitungsgebietes erreicht. Besonders gut dokumentiert ist die Arealerweiterung in Osteuropa. Um 1930 gab es beispielsweise in den Sumpfwaldgebieten von Belarus, der Ukraine, Litauens und Lettlands noch Wildschweinbestände. Von dort aus verbreitete sich die Art anfangs entlang der Flussniederungen von Daugava (deutsch: Düna), Dnepr und Desna sowie später auch entlang der Oka, Wolga und dem Don. Um 1960 waren Wildschweine bereits von Sankt Petersburg bis Moskau wieder verbreitet; um 1975 erreichten sie Archangelsk bis Astrachan. Auch in Finnland wanderten Wildschweine wieder ein.

Ähnliches vollzog sich auch in westlicher Richtung. In den 1970er Jahren gab es in Dänemark und Schweden wieder Wildschweinvorkommen, wobei diese jedoch auf aus Wildgehegen ausgebrochene Tiere zurückgingen. In Dänemark und Schweden hat sich das Wildschwein mittlerweile wieder fest etabliert, da es von den dortigen Forstbehörden als Wildbestand akzeptiert wird. Von Südschweden aus hat das Wildschwein 2006 auch Norwegen erreicht. Man nimmt an, dass es sich dort wieder dauerhaft ansiedelt, nachdem es seit 500 v. Chr. ausgestorben war. Zur Zeit gilt das Wildschwein in Norwegen allerdings als unerwünschte Art.

Die Populationsentwicklung der letzten Jahrzehnte wird auch an den Jagdstrecken deutlich. So wurden in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2003 erstmals jeweils mehr als 500.000 Wildschweine erlegt. In den 1960er Jahren lag die jährliche Jagdstrecke noch bei unter 30.000 Tieren.

Wildschweine passen sich unterschiedlichsten Lebensräumen an. Dazu trägt bei, dass sie ausgesprochene Allesfresser sind, die sich schnell neue Nahrungsnischen erschließen. Wildschweine haben durch ihre Fähigkeit, den Boden aufzubrechen, Zugang zu Nahrung, die anderen Großsäugern nicht zur Verfügung steht. Ihr kräftiges Gebiss kann sogar hartschalige Früchte wie Kokosnüsse aufbrechen. Sie sind außerdem ausgezeichnete Schwimmer und verfügen über eine gute Wärmeisolation, so dass sie sich auch an Feuchtgebiete anpassen können. Auf Grund dieser Fähigkeiten zählen sowohl borealer Nadelwald, schilfbewachsene Sumpfgebiete als auch immergrüner Regenwald zu den Lebensräumen, die vom Wildschwein besiedelt werden können.

Ihre nördliche Verbreitung wird dadurch begrenzt, dass über längere Zeit gefrorener Boden es ihnen unmöglich macht, an unterirdische Nahrungsreserven zu gelangen. Hoher Schnee behindert außerdem ihre Fortbewegung und damit ihre Nahrungssuche. Daher fehlen Wildschweine auch in Hochgebirgslagen.

Im klimatisch gemäßigten Mitteleuropa entwickeln Wildschweine die höchste Bestandsdichte in Laub- und Mischwäldern, die einen hohen Anteil an Eichen und Buchen haben und in denen es sumpfige Regionen sowie wiesenähnliche Lichtungen gibt.

Den subtropischen und tropischen Klimabedingungen passen sich Wildschweine durch eine Reduktion des Haarkleides an; sie bilden dort außerdem kein Unterhautfett, das ihnen im nördlichen Verbreitungsgebiet als Wärmeisolation dient. In heißen Regionen sind Wildschweine auf Wasserquellen angewiesen, Wüsten werden daher von ihnen nicht besiedelt.

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Wildschwein Lebensraum-Karte
Wildschwein Lebensraum-Karte
Wildschwein
Public Domain Dedication (CC0)

Gewohnheiten und Lebensstil

Wildschweine verbringen einen großen Teil ihres Tages ruhend. Zu welcher Tageszeit sie dies tun, ist abhängig von den jeweiligen Umweltbedingungen.Zum Ruhen benutzen sie gerne spezielle Ruheplätze, genannt Kessel, die sie sowohl einzeln als auch gemeinsam nutzen. Dösende Wildschweine liegen meist mit gestreckten Beinen, indem sie entweder auf dem Bauch ruhen und die Vorder- und Hinterbeine nach vorne oder hinten ausstrecken. Typisch ist auch die Seitenlage, bei denen die Beine im rechten Winkel abgestreckt sind. Die Kauerlage, bei der die Beine eingeknickt werden, kommt bei Wildschweinen nur für kurze Zeit vor.

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Das Suhlen in Schlammlachen gehört zum typischen Verhaltensrepertoire von Wildschweinen. Besonders im Sommer dient es der Wärmeregulation. Durch den Schlamm werden Hautparasiten eingekapselt; die trocknende Schlammschicht erschwert außerdem stechenden Insekten den Zugang zur Haut und wird am Malbaum abgescheuert, der sich in der Nähe der Suhlen befindet. Dazu lehnen sie sich an den Stamm und reiben ihren Körper daran entlang. Als Malbäume werden Bäume mit grober Rinde und/oder harzende Bäume bevorzugt, in Mitteleuropa vor allem Eichen, Kiefern und Fichten. Diese Bäume weisen bei längerer Nutzung deutliche Spuren auf. Durch den abgeriebenen Schlamm ist der Baum an den Scheuerstellen weißgrau, die Rinde ist in Teilbereichen abgetragen. Zum Scheuern ihres Unterkörpers stellen sich Wildschweine über Baumstümpfe und reiben sich daran. Keiler markieren mit ihrem Gewaff an Malbäumen.

Das Scheuern des Körpers an Bäumen ist notwendig, da Wildschweine aufgrund ihres kurzen und unbeweglichen Halses nicht in der Lage sind, sich mit Hilfe ihres Gebisses zu putzen und von Schadinsekten zu befreien.

Wildschweine leben überwiegend in ländlichen Regionen, können aber bei geeigneten Bedingungen auch Siedlungen, bis hin zu Großstädten, dauerhaft besiedeln, sie meiden also nicht generell Regionen mit hoher Bevölkerungskonzentration. Kommt es häufiger zu Kontakt mit Menschen, zeigen sie Verhaltensanpassungen. Häufig nimmt die nächtliche Aktivitätsperiode zu, es kann aber, vor allem aufgrund fehlender Bejagung in Städten, zu Gewöhnungsvorgängen (Habituation) kommen, wobei die Tiere ihre Scheu vor dem Menschen verlieren. Dies gilt vor allem dann, wenn sie zusätzlich gefüttert werden.

Erfahrungen in Berlin zeigen, dass die Bejagung im urbanen Raum von Teilen der Bevölkerung einerseits häufig aus Sympathie für die Tiere und aus Tierschutzgründen abgelehnt wird, andererseits wegen der verursachten Schäden in Gärten und Grünanlagen massiv gefordert wird. Hier steht daher neben der Bejagung vor allem die Beratung der Bürger zum angemessenen Umgang mit Wildschweinen im Wohnumfeld im Vordergrund. Eine Umfrage in Barcelona (Spanien) zeigte aber, dass massiver Abschuss von Wildschweinen in der Stadt sogar von solchen Bürgern überwiegend abgelehnt wurde, die vorher negative Erfahrungen mit ihnen gemacht hatten. In Berlin zeigte rund ein Viertel der Befragten in stark betroffenen Gebieten Sympathie für eine radikale Bekämpfung.

Direkte Angriffe von Wildschweinen auf Menschen sind selten, zeigen aber in den vergangenen Jahrzehnten eine zunehmende Tendenz. Von 412 analysierten Fällen weltweit erfolgte nur ein Viertel während einer Jagd, dann meist durch angeschossene Tiere. Etwa die Hälfte (49 %) der Angriffe abseits von Jagden erfolgte ohne vorherige Provokation durch eigenes Verhalten wie Bedrohung, ebenfalls zur Hälfte (52 %) Nachts. In den Fällen, bei denen das Geschlecht festgestellt werden konnte, erfolgten die meisten (82 %) der Angriffe durch Keiler. In 69 % der Fälle kam es zu Verletzungen, tödliche Verletzungen kamen vor, blieben aber wenige Einzelfälle. Nur in wenigen Fällen (etwa 10 %) waren die Menschen von Hunden begleitet. Aufgrund der Körpergröße überwiegen, meistens oberflächliche, Verletzungen an den Beinen und im unteren Rumpfbereich. Häufiger als Angriffe auf Menschen sind Wildunfälle mit Autos, meist auf mäßig befahrenen Straßen Nachts. Allein in Berlin kam es 2004/2005 zu 653 Unfällen mit Wildschweinen. Weitere Probleme betrafen Schäden durch Wühltätigkeit in Gärten und Parks und hin und wieder Konflikte mit abfallverwertenden Tieren.

Wildschweine haben einen robusten Umgang miteinander und können selbst ohne aggressive Absichten Menschen versehentlich schwer verletzen. Von der Haltung von Wildschweinen als Haustiere wird daher grundsätzlich abgeraten.

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Saisonales Verhalten

Fressverhalten und Ernährung

Das Wildschwein durchwühlt bei der Nahrungssuche den Boden nach essbaren Wurzeln, Würmern, Engerlingen, Mäusen, Schnecken und Pilzen. Wildschweine fressen neben Wasserpflanzen wie beispielsweise dem Kalmus auch Blätter, Triebe und Früchte zahlreicher Holzgewächse, Kräuter und Gräser. Als Allesfresser nehmen sie auch Aas und Abfälle an. Es wurde beobachtet, dass Wildschweine Kaninchenbaue aufbrechen, um die Jungkaninchen zu fressen. Gelegentlich fallen ihnen auch Eier und Jungvögel bodenbrütender Vögel zum Opfer. An trockengefallenen Gewässern fressen sie sogar Muscheln.

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Eine besondere Rolle im europäischen Verbreitungsgebiet spielen in der Nahrung von Wildschweinen die Früchte von Eichen und Buchen. In Jahren, in denen diese Bäume besonders gut tragen, sogenannte Mastjahre, leben Wildschweine monatelang überwiegend von diesen Früchten. Wenn diese Mast fehlt, wird diese oft mit Mais kompensiert, der durch Jäger eingebracht wird. Im asiatischen Raum gilt ähnliches für die Samen verschiedener Zirbelkieferarten.

Zur bevorzugten pflanzlichen Nahrung gehören in Mitteleuropa auch die Wurzeln von Adlerfarn und Weidenröschen. Je nach Jahreszeit haben auch die Wurzeln von Buschwindröschen, Schlangen-Knöterich, Wegerich und Sumpfdotterblumen einen größeren Anteil an ihrer Nahrung. Wildschweine weiden außerdem gerne an Klee und fressen die oberirdischen Pflanzenteile von Süßgräsern, Ampfer, Giersch, Adlerfarn und Wiesen-Bärenklau sowie Eichenlaub.

Wildschweine können erhebliche Wildschäden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen verursachen. Sie fressen alle Feldfrüchte, die in Mitteleuropa in der Landwirtschaft angebaut werden. Bei Kartoffeln unterscheiden sie dabei sogar zwischen einzelnen Sorten und fressen besonders gerne Frühkartoffeln. Wildschweine durchwühlen auch Getreidefelder und richten mit ihrer Wühlerei regelmäßig einen größeren Schaden als durch das Fressen an. Auch die Schäden, die sie beispielsweise in Landschaftsparks anrichten, sind vor allem Wühlschäden. Sie graben dabei ganze Wiesen und Rabatten auf der Suche nach Blumenzwiebeln um.

Große landwirtschaftliche Schäden treten vor allem dann auf, wenn Eichen und Buchen nicht ausreichend Frucht angesetzt haben und die Wildschweine daher bevorzugt auf den landwirtschaftlichen Feldfluren auf Nahrungssuche gehen. Dies ist der Hauptgrund, warum Wildschweine so stark bejagt wurden, dass sie in Teilen Europas über Jahrhunderte hinweg fehlten. Es wird vermutet, dass die schon in der Bronzezeit nachweisbaren Einzäunungen von Feldern den Versuch darstellten, Wildschweine aus den Feldern fernzuhalten.

Wildschweine fressen allerdings auch Insekten, die einen Teil ihrer Entwicklungszeit im Boden verbringen, und andere Kleintiere. Die starke Wühltätigkeit dabei kann auch unter der Bodenfauna erhebliche Schäden verursachen, so etwa bei Eigelegen und Überwinterungsplätzen von Eidechsen. Das Durchwühlen des Bodens durch die Wildschweine im Rahmen der Nahrungssuche führt zu einer Erhöhung der Artenvielfalt mit Verschiebung des Spektrums zu kurzlebigeren Arten und leistet so einen Beitrag zum botanischen Artenschutz. Dies wird auf eine erhöhte Dichte von keimfähigen Pflanzensamen in von Wildschweinen genutzten Böden zurückgeführt. Wegen der veränderten Eigenschaften der von den Tieren durchwühlten Böden erhöht sich außerdem die Keimfähigkeit der Pflanzen, und die Durchbrechung der Vegetationsruhe führt zu einem verstärkten Wachstum.

Für die Verbreitung von Pflanzensamen nach dem Fressen durch Endochorie ist das Wildschwein mit 76 von 123 untersuchten Pflanzenarten für die heimische Flora einer der wichtigsten Vektoren.

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Ernährung Allesfresser

Paarungsgewohnheiten

PAARUNGSVERHALTEN

Die Paarungszeit, von Jägern auch Rauschzeit genannt, ist von den jeweiligen klimatischen Bedingungen abhängig; in Mitteleuropa beginnt sie meistens im November und endet im Januar oder Februar – der Höhepunkt ist im Dezember. Der Beginn der Paarungszeit wird dabei von den Bachen bestimmt. Zu Verpaarungen kann es auch außerhalb dieser Zeit kommen. Keiler sind ganzjährig begattungs- und besamungsfähig. Weibliche Jungtiere können – sofern ihnen ausreichend Nahrung zur Verfügung steht – bereits nach 8 bis 10 Monaten geschlechtsreif werden. Männliche Tiere sind in der Regel erst im zweiten Lebensjahr fortpflanzungsfähig. Ausnahmen von dieser Regel hat man bisher nur in den Vereinigten Staaten beobachtet, wo Wildschweinpopulationen stark mit Hausschweinen durchmischt sind. Bachen können das ganze Jahr über empfängnisbereit sein.

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Nach Untersuchungen in mehreren deutschen Regionen pflanzen sich 60 Prozent, regional bis 80 Prozent des weiblichen Nachwuchses (Frischlingsbachen) im ersten Lebensjahr bereits fort, teilweise im Alter von 8 Monaten bei einem Gewicht von 18 Kilogramm, bei anderen Untersuchungen 14,5 Kilogramm. Diese tragen damit regelmäßig etwa dreißig Prozent zur Gesamtfortpflanzung der Population bei. Die hohe Fortpflanzungsrate bereits bei Jungtieren ist bei Huftieren vergleichbarer Größe ungewöhnlich und eher typisch für die Verhältnisse bei Gruppen geringerer Körpermasse wie Nagetieren und Hasenartigen.

Wildschweine leben in Familienverbänden aus erwachsenen Weibchen und Jungtieren. Entgegen früherer Vorstellungen können sich auch nicht-verwandte Tiere in erheblichem Ausmaß diesen Rotten anschließen, möglicherweise vor allem bei schärferer Bejagung. Während die Mehrzahl der weiblichen Nachkommen im Sozialverband mit dem Muttertier verbleibt, verlässt ein gewisser Anteil (etwa 20 Prozent bei einer Detailuntersuchung) diesen bereits im ersten Jahr, meist gemeinsam, d. h. entweder alle Nachkommen bleiben oder alle verlassen. Die Trennung gelingt dabei nur früh im Jahr geborenen Jungtieren, die selbst immer ein älteres Muttertier hatten. Da junge Frischlinge von mehr Tieren gewärmt und gegen Feinde verteidigt werden können, steigt die Nachkommensrate im Verband möglicherweise insgesamt an. Sie profitieren vermutlich auch von dem besseren Zugang der Alttiere zu ergiebigen Nahrungsquellen. Innerhalb dieses Sozialverbands synchronisieren die Weibchen ihre Fortpflanzung, so dass alle Tiere zur gleichen Zeit Junge bekommen, diese Koordination wirkt aber nicht über die Gruppe selbst hinaus. Da auch Weibchen, die den Verband verlassen, sich in räumlicher Nähe zu etablieren versuchen, resultiert, zumindest ohne anthropogene Faktoren wie Bejagung, eine räumliche Populationsstruktur aus zahlreichen verwandten Individuen, allerdings nur bei den Weibchen.

Insbesondere in der jagdlichen Presse rezipierte, ältere Hypothesen (basierend auf Verhaltensstudien von Heinz Meynhardt), dass die Rotte vor allem durch das älteste, fortpflanzungsfähige Weibchen, die sogenannte Leitbache, zusammengehalten werde, und insbesondere, dass diese die Fortpflanzungsrate der anderen Bachen und den Zuwachs der Population als Ganzes in irgendeiner Weise begrenze, haben keinerlei empirische Basis.

Trifft ein Männchen in der Paarungszeit auf Weibchen, beriecht es diese in deren Genitalregion. Ist das Weibchen empfängnisbereit, stößt er es leicht in die Bauchseite, gegen die Flanken oder an die Halsunterseite und umkreist sie. Wenn das Weibchen sich dem entzieht, folgt das Männchen ihm und versucht, den Körperkontakt aufrechtzuerhalten, indem es seinen Schädel auf den Rücken des Weibchens legt oder an ihre Flanken presst. Dieses so genannte Treiben kann sich über längere Zeit hinziehen. Wenn das Weibchen noch nicht paarungsbereit ist, attackiert es das Männchen gelegentlich. Das Männchen versucht dann, das Weibchen durch Nasonasal-Kontakt und Anhauchen zu beruhigen. Will das Weibchen nicht kopulieren, kann es quiekende Abwehrlaute ausstoßen. Wenn es nicht anders möglich ist, entzieht es seine Genitalregion durch Hinsetzen oder -legen.

Zur Paarung spreizt das Weibchen die Hinterläufe steif-schräg nach hinten und dreht den Schwanz seitlich weg. Das Männchen reitet auf, wobei es den Kopf auf ihren Rücken legt. In dieser Stellung verbleiben beide Tiere gewöhnlich fünf Minuten regungslos, bevor sie sich wieder trennen. Ein Weibchen kopuliert während der Paarungszeit etwa sechs- bis siebenmal.

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POPULATION

Populationsgefährdung

Wildschweine gelten als ständiges Erregerreservoir und als Hauptüberträger der Klassischen Schweinepest auf Hausschweinbestände. 2002 wurden noch 451 Fälle bei Wildschweinen in Deutschland gemeldet, was auch zu einem erhöhten Jagddruck führte. In den letzten Jahren ist die Befallssituation jedoch zurückgegangen. Seit 2014 sind Fälle der Afrikanischen Schweinepest im Osten der Europäischen Union bekannt. Anfang 2019 wurde mit dem Bau eines Wildschweinzauns an der deutsch-dänischen Grenze begonnen. Nach Angaben der zuständigen dänischen Naturbehörde soll so einer Übertragung der Afrikanischen Schweinepest vorgebeugt werden.

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Wildschweine sind Wirte für Trichinen. Aus diesem Grund muss Wildschweinfleisch vor der Verwertung einer Trichinenuntersuchung unterzogen werden. Positive Befunde sind sehr selten; die Untersuchung ist jedoch notwendig, da eine Erkrankung für den Menschen im Extremfall tödlich enden kann.

15 % der in Deutschland erlegten Wildschweine sind Träger des Hepatitis-E-Virus. Inwieweit eine Übertragung auf den Menschen erfolgt, ist noch ungeklärt. Wildschweine auf der Iberischen Halbinsel wurden als Träger des Tuberkulosebakteriums identifiziert. In einem im Jahr 2012 durchgeführten Versuch übertrugen Wildschweine – ohne direkten Kontakt – Ebolaviren an Primaten, ohne dabei selbst tödlich zu erkranken.

Aus globaler Sicht wird das Wildschwein von der Weltnaturschutzunion IUCN in der Roten Liste gefährdeter Arten als Least Concern (nicht gefährdet) geführt. Lokale Bedrohungen gehen zurück.

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Populationszahl

Laut IUCN ist das Wildschwein in seinem gesamten Verbreitungsgebiet zahlreich und weit verbreitet, aber es liegt keine Gesamtpopulationsschätzung vor. Laut der Roten Liste der IUCN gibt es in den Bergregionen Khentii und Khangai in der Mongolei eine Population von 34.000 Wildschweinen (Daten von 1989). Untersuchungen der estnischen Umweltbehörde haben ergeben, dass die Population dieser Art in Estland bei über 22.500 Individuen liegt (Schätzung vom Ende des Winters 2012). Die ICUN stuft diese Art als "Least Concern" ein.

Ökologische Nische

Wildschweine neigen dazu, das Ökosystem, in dem sie leben, negativ zu beeinflussen. Wenn sie in neue Gebiete eindringen, passen sie sich an das neue Gebiet an, indem sie es zertrampeln und durchwühlen sowie viele Setzlinge/Nährstoffe verdrängen. Dies führt zu einem Abnehmen des Wachstums vieler Pflanzen und Bäume. Auch das Wasser wird durch Wildschweine negativ beeinflusst. Wenn Wildschweine in Bächen oder kleinen Wasserbecken aktiv sind, verursachen sie eine erhöhte Trübung (übermäßige Schlamm- und Partikelsuspension). Dies wirkt sich auf die Tierwelt im Wasser aus, vor allem auf Fische und Amphibien. Wildschweine haben zu einem starken Abnehmen von über 300 Tier- und Pflanzenarten geführt, von denen 250 gefährdet oder bedroht sind. Wenn diese Wildschweine mit anderen Arten um Ressourcen konkurrieren, sind sie in der Regel erfolgreich.

Domestizierung

In dem großen Verbreitungsgebiet des Wildschweins ist es mehrfach unabhängig voneinander zur Domestikation gekommen. Die Domestikation des Wildschweins ist ähnlich wie bei Schafen und Ziegen mit einer Abnahme der Größe einhergegangen. Archäologische Funde von Schweineknochen, die deutlich unterhalb der Variationsbreite von Wildschweinknochen liegen, werden deshalb als Beleg für eine Wildschweindomestikation betrachtet. Die ältesten gesicherten Belege für eine Domestikation hat man im Südosten der Türkei gefunden. In frühneolithischen Siedlungen aus der ersten Hälfte des 8. Jahrtausends v. Chr. haben Ausgrabungen Schweineknochen an den Tag gebracht, die sich in ihren Größenverhältnissen deutlich vom Wildschwein unterscheiden. Im Irak und für Europa datieren sichere Belege auf 7000 v. Chr. Unabhängig davon fand die Domestikation des Wildschweins in China statt, wo die ältesten Knochenfunde auf eine Haustierhaltung des Wildschweins im 6. Jahrtausend v. Chr. hinweisen. In Thailand lassen archäologische Befunde die Domestikation auf das 4. Jahrtausend v. Chr. datieren.

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Die Domestikation hat in Mitteleuropa zu Schweinen geführt, die im Mittelalter häufig nur eine Widerrist-Höhe von 75 cm hatten. In ihrem Erscheinungsbild – dichte Körperbehaarung, langgestreckter Kopf, Stehmähne – glichen sie jedoch noch sehr dem Wildschwein:

Die heutigen Hausschweine, wie etwa das Schwäbisch-Hällische Landschwein oder das Deutsche Edelschwein, sind verhältnismäßig moderne Züchtungen. Sie entstanden, nachdem die Praxis der Eichelmast zunehmend eingestellt wurde. Die erste moderne Schweinerasse entstand um 1770 in England.

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DOMESTIZIERUNGSSTATUS Wild

Lustige Fakten für Kinder

  • Wildschweine haben auffällige Stoßzähne an der Unterlippe. Männchen besitzen deutlich längere und gebogene Stoßzähne sowie einen zusätzlichen Stoßzahn an der Oberlippe, mit dem sie die Stoßzähne an der Unterlippe schärfen.
  • Die Schnauze dieses Säugetiers ist länglich und elastisch. Wildschweine benutzen ihre Schnauze, um Wurzeln und Zwiebeln auszugraben.
  • Wildschweine sind nicht nur schnell im Laufen, sondern können auch in eine Höhe von 140-150 cm springen.
  • Bei Kämpfen schlagen diese Säugetiere typischerweise auf die Schultern des anderen ein, da dieser Teil ihres Körpers mit sehr dicker Haut und Haaren bedeckt ist.
  • In der Vergangenheit dienten die Nackenhaare dieser Tiere als Material für die Herstellung von Zahnbürsten, die später durch synthetische Materialien ersetzt wurden.
  • Trotz ihres schlecht entwickelten Sehvermögens nehmen diese Säugetiere ihre Umgebung durch einen ausgezeichneten Geruchs- und Gehörsinn wahr.
  • Aufgrund ihrer kurzen Beine bewegen sich diese Tiere nur sehr schwer durch den Schnee. Dies könnte der historische Grund dafür sein, dass sich Wildschweine nicht weiter nördlich als bis zum Nordrand ihres heutigen Verbreitungsgebiets ausgebreitet haben.

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Referenzen

1. Wildschwein artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Wildschwein
2. Wildschwein auf der Website der Roten Liste der IUCN - http://www.iucnredlist.org/details/41775/0

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