Spatelraubmöwe
Reich
Stamm
Klasse
Familie
Gattung
SPEZIES
Stercorarius pomarinus

Die Spatelraubmöwe (Stercorarius pomarinus) ist eine Vogelart aus der Familie der Raubmöwen (Stercorariidae). Sie brütet in der arktischen Tundra rund um den Nordpol und ist dort ein hochspezialisierter Jäger von Lemmingen. Außerhalb der Brutzeit leben Spatelraubmöwen auf hoher See, sie überwintern auf den Meeren der Tropen und Subtropen. Die Art ist regelmäßiger Durchzügler an der Nordseeküste, im Binnenland Europas wird sie nur sehr selten beobachtet.

Aussehen

Die Spatelraubmöwe ist nach der Skua die zweitgrößte holarktische Raubmöwe. Die Körperlänge beträgt 42–50 cm, die Flügelspannweite 115–125 cm. Die Art liegt damit in der Größe zwischen Sturmmöwe und Silbermöwe. Weibchen sind im Mittel etwas größer und schwerer als Männchen. Adulte, männliche Wintergäste vor Australien hatten eine Flügellänge von 341–368 mm, im Mittel 352 mm; Weibchen maßen 339–373 mm, im Mittel 360 mm. Männliche Brutvögel, die im Nordosten Jakutiens erlegt wurden, wogen 620–800 g (im Mittel 660,0 g), dort erlegte Weibchen 680–830 g, im Mittel 766,6 g.

Mehr anzeigen

An Museumsbälgen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet gemessene Flügellängen adulter Vögel ergaben für Männchen 343–377 mm, im Mittel 360 mm; für Weibchen 341–382 mm, im Mittel 366 mm.

Diese Raubmöwe ist kräftig gebaut, mit voller Brust, großem Kopf und einem recht kräftigen Schnabel. Der Oberschnabel zeigt wie bei allen Raubmöwen einen deutlichen Haken nach unten. Im Gleitflug oder langsamen Ruderflug wirkt sie sehr groß und breitflügelig, mit kräftigem Rumpf und großem Kopf. Die Flügel sind sehr spitz, bei hoher Fluggeschwindigkeit ähnelt das Flugbild daher eher dem eines großen Falken als dem einer Möwe.

Die Spatelraubmöwe ist farblich recht variabel und zeigt im Prachtkleid zwei Farbmorphen. Bei beiden Morphen ist im Prachtkleid das mittlere Steuerfederpaar stark verlängert. Diese Steuerfedern überragen den übrigen Schwanz um circa 5,5 bis 11,0 cm, sind leicht gedreht und am Ende spatelförmig (Name!). Der Schnabel ist bei beiden Morphen im Prachtkleid rosa mit scharf abgesetzter schwarzer Spitze, die Beine sind bleigrau.

Bei der hellen Morphe sind Bauch, Brust und Hals leuchtend weiß; das Weiß von Hals und Brust ist dabei durch ein dunkles Brustband getrennt. Der hintere Oberkopf ist schwarz, diese schwarze Zeichnung dehnt sich nach vorn aus und endet dort erst unterhalb des Auges und unter dem Schnabel. Die Kopfseiten sind hellgelb. Die übrige Unterseite und die gesamte Oberseite sind fast einfarbig dunkelgraubraun. Nur die Basis sowie die Kiele der Handschwingen sind weiß, hierdurch zeigt der Handflügel im Flug oberseits eine schmale weiße Aufhellung, unterseits ein großes weißlich-graues Feld, das von den Basen der Handschwingen etwa bis zu deren Mitte reicht.

Die seltenere dunkle Morphe ist im Prachtkleid fast einfarbig schwarzbraun. Der Unterflügel sowie die Unter- und Oberschwanzdecken sind auf weißlich grauem Grund schmal dunkel gebändert. Die Schwingen sind auf der Unterseite etwas heller grau als die Unterflügeldecken und die Handschwingen zeigen die gleichen hellen Felder wie die helle Morphe.

Der Anteil der dunklen Morphe in den Brutpopulationen schwankt mit der geographischen Verbreitung zwischen 1 und 15 %. In den nearktischen Brutgebieten scheint der Anteil dunkler Vögel etwas geringer zu sein als in den paläarktischen und überschreitet in den Einzelpopulationen selten 10 %.

Das Ruhekleid unterscheidet sich nur unwesentlich vom Prachtkleid. Auffallendster Unterschied ist bei der hellen Morphe das fehlende Gelb an den Kopfseiten, die stattdessen auf weißlichem Grund dunkel gebändert sind. Bei beiden Morphen ist außerdem ein Teil der Schulterfedern und der Federn des vorderen Rückens schmal hell gerandet.

Vögel im Jugendkleid lassen sich nur grob den beiden Farbmorphen zuordnen. Die hellsten Vögel sind mittelgraubraun, die meisten Vögel sind jedoch dunkler graubraun; schwimmende Vögel wirken auf große Entfernung im Jugendkleid fast einfarbig dunkelgraubraun. Der Schnabel ist hellblaugrau mit scharf abgesetzter, schwarzer Spitze. Die Unterschwanzdecken sind auf gelblichem bis fast weißem Grund kräftig und scharf abgesetzt dunkelbraun quer gebändert. Aus näherer Distanz erscheinen Kopf und Hals schwimmender Vögel einfarbig dunkelgraubraun, wobei die Regionen um die Augen am dunkelsten gefärbt sind.Die übrige Oberseite ist ebenfalls dunkelgraubraun, aber die Deckfedern sind schwach hellbraun gerandet. Diese hellen Ränder sind auf den großen Armdecken und den Schirmfedern oft kaum noch erkennbar. Die Handschwingenspitzen zeigen keinen hellen Rand. Der obere Rücken, Brust und Flanken sind etwas heller braun, Brust und Flanken sind fein dunkel gebändert.

Im Gleitflug wirken Vögel im Jugendkleid oberseits fast einfarbig dunkelbraun, die helle Handschwingenbasis ist nur auf den äußersten Handschwingen erkennbar und wenig auffällig. Nur bei zur Landung ausgebreiteten Flügeln sind oberseits die hellen Basen und die weißen Kiele bei allen Handschwingen sichtbar. Die Unterseite der Flügel ist deutlich heller und im Vergleich zur Oberseite auffallend kontrastreich. Die Handschwingen sind wie bei ausgefärbten Vögeln von der Basis bis etwa zur halben Länge einfarbig weißlich grau, außerdem ist zum Flügelbug hin ein weiteres, oft wenig auffallendes und schwer zu sehendes, schmales, weißliches Band auf den Unterhanddecken vorhanden. Die Unterflügeldecken sind ansonsten wie die Unterschwanzdecken auf weißlichem Grund kräftig dunkel gebändert.

Der Schwanz ist leicht keilförmig, die mittleren Steuerfedern ragen maximal nur 1–2 cm über den übrigen Schwanz hinaus und sind an den Enden gerundet. Die Beine sind hell blaugrau; die Zehen und Schwimmhäute schwarzgrau.

Spatelraubmöwen sind nach 3 Jahren ausgefärbt. Vögel der hellen Morphe zeigen ab dem zweiten Kalenderjahr einen stark aufgehellten Bauch, einen dunklen Oberkopf und diffus gelbliche Kopfseiten.

Weniger anzeigen

Verteilung

Erdkunde

Die Art bewohnt im Sommer große Bereiche der arktischen Tundra rund um den Nordpol. In Eurasien reicht das Verbreitungsgebiet im äußersten Norden von der Halbinsel Kanin im Norden Russlands bis in den Nordosten Sibiriens. In Nordamerika kommt die Art im äußersten Norden Alaskas und Kanadas vor. Die Brutverbreitung reicht in Kanada und in Sibirien bis 76° N und unterschreitet in der Nearktis nur an der Westküste Alaskas und in der kanadischen Hudsonbai den Polarkreis. In Sibirien liegen die südlichsten Vorkommen auf den Kommandeur-Inseln bei 55° N.

Mehr anzeigen

Die Spatelraubmöwe besiedelt die mehr oder weniger feuchte bis nasse Tundra der sumpfigen Niederungen, vor allem in Küstennähe.

Weniger anzeigen
Spatelraubmöwe Lebensraum-Karte
Spatelraubmöwe Lebensraum-Karte
Spatelraubmöwe
Attribution-ShareAlike License

Gewohnheiten und Lebensstil

Saisonales Verhalten
Vogelruf

Fressverhalten und Ernährung

Wie bei allen Raubmöwen ist auch das Nahrungsspektrum der Spatelraubmöwe sehr breit und umfasst Kleinsäuger, Vögel, Fische, Insekten, Krebstiere, Mollusken und Aas. Im größten Teil der Brutgebiete ist die Art jedoch auf Lemminge angewiesen – in erster Linie auf Sibirische Lemminge (Lemmus sibiricus). Daneben werden im Brutgebiet auch Halsbandlemminge (Gattung Dicrostonyx), Feld- und Rötelmäuse, Vogeleier und Küken sowie Insekten verzehrt. Die Spatelraubmöwe hat spezielle Jagdtechniken zur Erbeutung von Lemmingen entwickelt; diese werden im Frühjahr bei noch völlig gefrorenem Boden vom Ansitz oder aus dem Rüttelflug erbeutet, später werden die flach verlaufenden Röhren und Baue mit dem Schnabel aufgegraben.

Mehr anzeigen

Nichtbrütende Übersommerer halten sich in Lemmingjahren ebenfalls in der Tundra auf und leben dort dann ebenfalls fast ausschließlich von Lemmingen. Sonst sind sie vor allem in Küstennähe zu finden und fressen dort selbst gefangene Fische, Aas oder ernähren sich kleptoparasitisch. Hauptopfer sind dabei Dreizehenmöwen und Küstenseeschwalben, aber auch große Möwen bis hin zur Eismöwe, die solange attackiert werden, bis sie ihre Beute fallen lassen oder im Flug wieder hervorwürgen.

Auf dem Zug und im Winterquartier folgt die Art häufig Fischtrawlern, um den über Bord geworfenen Beifang zu nutzen, oder parasitiert dort andere Seevögel. Sie fängt hier aber wohl überwiegend selbst Fische, in den Tropen vor allem Fliegende Fische (Familie Exocoetidae), und begleitet daher häufig Delfine oder in Schwärmen jagende große Raubfische wie Thunfische. Im Brutgebiet werden gelegentlich auch adulte Vögel erbeutet, vor allem kleine Limikolen wie zum Beispiel Wassertreter, auf dem Zug aber auch größere Vögel, vor allem Lachmöwen, die meist ertränkt werden.

Weniger anzeigen

Paarungsgewohnheiten

Das Nest ist meist eine einfache, etwa 5 cm tief in den Torf gekratzte Mulde mit einem Durchmesser von ungefähr 25 cm. Während der Bebrütung wird diese Mulde häufig mit trockenem Gras oder Laub ausgelegt. Die Eiablage erfolgt ab Anfang oder Mitte Juni bis Mitte Juli. Das Gelege besteht meist aus 2 Eiern, seltener wird nur ein Ei gelegt. In Alaska wurde zum Beispiel in 261 Nestern 13 mal (5,0 %) ein Ei gefunden, in allen anderen Nestern zwei Eier. Eier aus Nordamerika maßen im Mittel 62,0 × 44,0 mm, Eier aus Sibirien im Mittel 63,8 × 44,7 mm. Die Grundfarbe der Eier ist variabel hellbraun oder gelblich bis zu dunkel olivgrün oder dunkelbraun. Auf diesem Grund sind die Eier stark variierend grau bis grauviolett gefleckt und zeigen zusätzlich oft noch eine fast schwarze Linien- oder Schnörkelzeichnung.

Mehr anzeigen

Die Brutdauer beträgt 25–27 Tage, in Alaska betrug sie im Mittel 26 Tage. Das Daunenkleid der nestjungen Vögel ist einfarbig dunkelbraun oder braungrau. Die Jungvögel sind nach 28–34 Tagen flügge und werden dann noch etwa 14 Tage lang von den Eltern geführt.

Das Nest wird gegen Raubfeinde wie den Eisfuchs von beiden Partnern vehement verteidigt. Menschen werden frontal und in Kopfhöhe angegriffen, unmittelbar vor dem Kontakt drehen die Vögel jedoch ab, so dass der Kopf meist, wenn überhaupt, nur mit den Füßen oder den Flügelspitzen berührt wird.

Weniger anzeigen

POPULATION

Populationszahl

Belastbare Angaben zur Bestandsgröße und zur Bestandsentwicklung liegen nicht vor; die IUCN gibt als grobe Schätzung für den Bestand 50.000 bis 100.000 Individuen an. Hinweise auf eine Bedrohung gibt es nicht, die Art wird daher als ungefährdet („least concern“) betrachtet.

Referenzen

1. Spatelraubmöwe artikel auf Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Spatelraubm%C3%B6we
2. Spatelraubmöwe auf der Website der Roten Liste der IUCN - https://www.iucnredlist.org/species/22694240/132534251
3. Xeno-Canto-Vogelruf - https://xeno-canto.org/184384

Mehr faszinierende Tiere zum Kennenlernen